Diese Art von Kombilöhnen schafft keine Arbeitsplätze. Kein Unternehmen beschäftigt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weil sie billiger oder teurer sind, sondern nur dann, wenn tatsächlich zusätzliche Arbeit - also Nachfrage - vorhanden ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der Grünen hat für ihr Vorhaben den Titel „Progressivmodell“ gewählt. (Dirk Niebel [FDP]: Das ist sehr hochtra¬bend!) Das ist ohne Zweifel eine innovative Leistung. (Dirk Niebel [FDP]: Das war es auch schon!) Das Wort „progressiv“ bezieht sich zwar in erster Linie auf den Anstieg der Sozialabgabensätze, es soll aber ir¬gendwie nach Fortschritt klingen. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRܬNEN]: Es ist die Anlehnung an das Steuer¬recht!) - Frau Pothmer, entschuldigen Sie bitte, aber ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie uns unter der neuen Überschrift Ihres so genannten Progressivmodells tatsächlich alten Wein in neuen Schläuchen servieren. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen nach der Wahl, was wir vor der Wahl verspro¬chen haben!) Sie behaupten, Ihr Modell sei eine Alternative zu tradi¬tionellen, auch hier in der Debatte bereits angesproche¬nen Kombilohnkonzepten. Kombilohnmodelle in der Art, wie wir sie auch hier gehört haben, sind zunächst einmal nichts anderes als eine staatliche Subvention. Auch Ihr Modell sieht staatliche Subventionen vor. Kombilohnmodelle beinhalten eine Subventionierung von Löhnen und Sozialabgaben. Ihr Modell will einen Teil der Sozialabgaben subventionieren. Kombilohnmo¬delle sehen ab einer Einkommensgrenze die Reduktion oder den vollständigen Wegfall der Subvention vor. Ihr Modell will das auch. Mir erschließt sich nicht, was da¬ran wirklich progressiv oder neu ist. Allein ein Blick auf die Bilanz von Kombilöhnen hätte Ihnen zeigen können, dass es vollkommen unzureichend ist, untauglichen In¬strumenten zumindest dieser Art einfach nur einen neuen Anstrich zu verpassen. Wenn Sie den CO2-Austoß Ihres Autos reduzieren wollen, fangen Sie doch auch nicht da¬mit an, Ihren Wagen grün zu streichen. Was lehren uns die Erfahrungen mit den diversen Kombilohnmodellen, soweit wir sie bisher überhaupt bi¬lanzieren können? Die Arbeitsmarktstatistik zeigt, dass Kombilöhne traditioneller Art nicht zu einem nennens¬werten Aufbau von Beschäftigung geführt haben. Die Beispiele sind genannt worden. So ist etwa das so ge¬nannte Mainzer Modell, auch mit Ihrer Unterstützung eingeführt, kaum nachgefragt worden. Es wurden nicht einmal 20 000 Beschäftigungsverhältnisse gefördert. Dieser Misserfolg - das sollten sich die Kolleginnen und Kollegen der Grünen bei ihren Kombilohnfantasien mit der Marke „progressiv“ ins Gedächtnis rufen - hat be¬reits im Jahr 2003 zur Einstellung des Mainzer Modells geführt. Mein Fazit lautet zunächst jedenfalls: Diese Art von Kombilöhnen schafft keine Arbeitsplätze. Kein Unter¬nehmen beschäftigt Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh¬mer, weil sie billiger oder teurer sind, sondern nur dann, wenn tatsächlich zusätzliche Arbeit - also Nachfrage - vorhanden ist. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRܬNEN]: Von Schwarzarbeit haben Sie noch nichts gehört?) An der Stelle ein Hinweis auf Ihre Begründung: Sie schreiben, Hauptursache für den Mangel an solchen Ar¬beitsplätzen seien vor allem die höheren Sozialversiche¬rungsabgaben. Nun einmal in allem Ernst: Es ist doch wirklich unter Niveau, auch unter Ihrem Niveau, (Dirk Niebel [FDP]: Nicht wirklich!) davon auszugehen, dass es an den Sozialversicherungs¬abgaben liegt, dass wir zu wenig Arbeitsplätze haben. (Beifall bei der LINKEN) Kombilöhne sind eine Subvention für die Unterneh¬men, nicht für die Arbeitnehmer. Die Unternehmen wer¬den solche Subventionen kassieren, eventuell Arbeitslose einstellen, aber - wenn es keine zusätzliche Nachfrage gibt - zu teure Beschäftigte entlassen. Kombilöhne setzen damit zwangsläufig eine Lohnspirale nach unten in Gang. Das schwächt die Nachfrage und führt eher zu weiteren Arbeitsplatzverlusten - ganz abgesehen von den horren¬den Kosten dieser Subventionen. Herr Steinbrück wird sich freuen. Unsere Position ist: Wir brauchen eine andere Be¬schäftigungspolitik, eine andere Wirtschaftspolitik, Re¬allohnsteigerungen und eine deutliche Stärkung der Massenkaufkraft, eine Erhöhung der öffentlichen In¬vestitionen und den Ausbau eines modernen Dienstleis¬tungssektors. Außerdem brauchen wir - das sage ich an diesem Freitag ganz bewusst, auch aus aktuellen Grün¬den - keine Arbeitszeitverlängerung, sondern eine Ar¬beitszeitverkürzung, um den geringeren Arbeitsumfang besser und gerechter zu verteilen und mehr Beschäfti¬gung zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)
Kombilöhne sind Subventionen für die Unternehmen
Rede
von
Werner Dreibus,