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Kohäsions- und Regionalpolitik muss solidarisch bleiben und Richtung sozialökologischem Umbau weiterentwickelt werden

Rede von Johanna Regina Voß,

Strukturschwachen Regionen muss durch gezielte Regionalpolitik geholfen werden. Ziel ist die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland. Dafür steht die LINKE. wie keine andere Partei – nicht zuletzt mit ihren Forderungen nach der Angleichung des niedrigeren Rentenwerts in Ostdeutschland an den Rentenwert West sowie nach der Anhebung der ostdeutschen Löhne und Gehälter bei gleicher Arbeitszeit an das westdeutsche Niveau.
Zu den wichtigen Instrumenten der Regionalpolitik in Deutschland gehört neben den europäischen Strukturfonds EFRE und ESF die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Verfassungsrechtlich geregelt ist das im Grundgesetz in Artikel 91a.
Nun enden nächstes Jahr die Investitionszulage für Unternehmen in Ostdeutschland und die aktuelle Förderperiode. Ab 2014 gibt es neue EU-Vorgaben. Deshalb will die Bundesregierung „GRW fortführen und EU-Kohäsionspolitik zukunftsorientiert gestalten“ – wie der Titel des Koalitionsantrages so schön lautet. Es kommt aber auf die Inhalte an! Da sagen wir: der solidarischen Grundidee der Kohäsions- und Regionalpolitik treu bleiben, nicht wie die Regierung die Kohäsions- und Regionalpolitik zum bloßen Umsetzungsinstrument für neoliberale Ambitionen machen!
Leider wurde diese ursprüngliche Förderphilosophie vielfach schon ins Gegenteil verkehrt: Statt die Schwächen der Regionen anzugehen, werden sogenannte „Leuchtturmprojekte“ vorangetrieben. Die ländlichen Regionen in der Fläche bleiben auf der Strecke.
Wir sind der Meinung, dass es auf den gezielten Ausbau der Eigenarten und Entwicklungspotenziale der Regionen ankommt. Die Bundesregierung hat nur Wettbewerbsfähigkeit im Blick: Für Unternehmen mit überregionalem Absatz sollen die Investitionskostenzuschüsse der GRW ein Ausgleich für Standortnachteile bei Investitionen in den GRW-Fördergebieten sein. Doch gerade auch in der Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe steckt eine Chance. So kann Lebensqualität auch dort gesichert werden, wo unter aktuellen Bedingungen kein „Anschluss an die allgemeine Wirtschaftsentwicklung“ – wie es die Koalition in ihrem Antrag nennt - möglich ist.
Will man die regionale Kaufkraft stärken und Maßstäbe setzen, ist es wichtig, dass nur solche Unternehmen oder Projekte gefördert werden, die Tarifverträge einhalten, Mindestlöhne zahlen und ökologische Standards sicherstellen. Das allein wird nicht reichen. Es muss weiter gedacht werden! Mit den Geldern muss der sozial-ökologische Umbau vorangetrieben werden. Außerdem sollen die ohnehin nicht allzu üppig bemessenen Gelder neben dem Ausbau einer leistungsfähigen kommunalen Infrastruktur und der so genannten nichtinvestiven Fördertatbestände auf die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen konzentriert werden. Die Regierungskoalition hingegen spricht in ihrem Antrag von der „Förderfähigkeit von Unternehmensinvestitionen auch außerhalb der KMU“ und meint damit die Förderung von Großunternehmen. Wir meinen, dass wir solche Abhängigkeiten nicht schaffen sollten – siehe Nokia.

Auf EU-Ebene fordern wir, dass sich die Bundesregierung für folgende drei Punkte einsetzt:
Erstens darf die Kohäsionspolitik nicht zu einem bloßen Umsetzungsinstrument der Europa 2020-Strategie verkommen. Sie ist ein eigenständiger Politikbereich mit eigenen Zielsetzungen und das muss sie auch bleiben!
Zweitens muss die Weiterentwicklung der EU-Strukturförderung den Erfordernissen des Klimaschutzes und Energiewende gerecht werden, sie muss den ökologischen Umbau und den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge stimulieren, sie muss eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Bildung, gute und nachhaltige Arbeit und die Gleichstellung der Geschlechter fördern sowie den demografischen Wandels bewältigen helfen. Außerdem muss das Bruttoinlandprodukt als Hauptkriterium für die Bestimmung der Förderungswürdigkeit von Regionen um soziale und ökologische Indikatoren ergänzt werden.
Die EU-Kommission plant, Mitgliedstaaten mit einem teilweisen Entzug von Mitteln aus den Strukturfonds zu bestrafen, wenn sie sich einem Defizitverfahren aufgrund der Verletzung der Maastricht-Kriterien unterziehen müssen. Diese Idee ist sofort zu verwerfen. Denn so würden Regionen für die Haushaltspolitik der Nationalstaaten bestraft, für die sie keine Verantwortung tragen. Hinzu kommt, dass durch den Entzug von Fördergeldern die haushalts- und fiskalpolitischen Schwierigkeiten des jeweiligen Staates verschlimmert werden.

DIE LINKE. will Angleichung wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen in der EU. Die LINKE will gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland. Wir fordern ausreichend Mittel für die Kohäsionspolitik der EU und die GRW auf nationaler Ebene. Außerdem fordern wir die Weiterentwicklung der regional- und strukturpolitischen Instrumente Richtung sozial-ökologischen Umbau. Und schließlich fordern wir, dass Wirtschafts- und Sozialpartner, Nichtregierungsorganisationen sowie regionale und lokale Akteuren die Regionalplanung mitgestalten.