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Klimaschutz und globale Gerechtigkeit statt Profitmaximierung und marktkonformer Demokratie

Rede von Heike Hänsel,

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

unter dem Eindruck der Flüchtlingskatastrophe mit mehr als tausend Toten der vergangenen Tage und Wochen diskutieren wir heute über die kommenden Entwicklungsherausforderungen und nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) , auch im Vorfeld des G7-Gipfels im Juni in Bayern.

Deshalb möchte ich auch zunächst meiner Trauer und meiner Wut Ausdruck verleihen über den Tod so vieler, für uns namenloser Menschen, der eindeutig hätte verhindert werden können! Der Tod von Frauen, Männern, Kindern und Alten hätte verhindert werden können, wenn sich die Bundesregierung für die Verlängerung von „MARE NOSTRUM“ oder noch besser eines rein zivilen Seenotrettungsprogrammes eingesetzt und im Haushalt Geld dafür eingestellt hätte. Die Anträge der Fraktion DIE LINKE lagen im letzten Haushalt dazu vor, sie hätten nur zustimmen müssen!

Das heißt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, sie können auch nicht sagen, sie waren nicht informiert, nein, es wurde schlichtweg aus politischem Kalkül kein Geld für ein Seenotrettungsprogramm im Mittelmeer zur Verfügung gestellt, weil sie es für wichtiger erachtet haben, ein deutliches Signal an die Schlepperbanden und die potentiellen Flüchtlinge auf dem afrikanischen Kontinent zu senden: „Es gibt auch in höchster Not keine Rettung mehr auf hoher See, deshalb wagt nicht die Überfahrt!“. Und das unter Inkaufnahme von Toten.

Die FRONTEX-Initiative „Triton“ kann und will ja auch keine Alternative dazu sein. Das ist ein Grenzsicherungsregime, kein Rettungsprogramm. Deshalb kann und muss die einzig ernsthaft menschliche und zivilisatorische Antwort auf die Katastrophe im Mittelmeer sein,  sofortige Wiederaufnahme eines umfassenden Seenotrettungsprogrammes, legale, sichere Fluchtwege schaffen und eine Erhöhung der geregelten Aufnahme von Flüchtlingen in Europa.

Robuste militärische Mandate, wie nun von der EU vorgeschlagen, um Schlepperbanden bzw. Flüchtlingsboote zu bekämpfen und zu zerstören, ähnlich der militärischen Piraterie-Bekämpfung lehnen wir ab, das bedeutet in seiner Konsequenz nichts anderes als ein bewaffneter Krieg gegen Flüchtlinge!

Wenn wir über Flüchtlinge reden, dann müssen wir vor allem auch über Fluchtursachen reden. Dazu zählen Krieg, Unterdrückung, Verfolgung, Armut, Umwelt- und Klimazerstörung. Das zeigt, Europa bzw. die Regierungen in der EU werden mit den Folgen ihrer eigenen Politik nun massiv konfrontiert!

Viele Flüchtlinge kommen aus Staaten mit (Bürger)-Kriegen, die durch Waffenexporte und militärische Interventionen (siehe Irak) sowie einer dezidierten Regime Change-Politik (siehe in Libyen und Syrien) von Seiten der USA und EU-Staaten destabilisiert wurden. Viele Krisenländer auf dem afrikanischen Kontinent wurden und werden durch IWF-und Weltbankprogramme sozial destabilisiert und durch die neoliberale Freihandelspolitik der EU ausgebeutet.

Wer weiterhin, wie die Bundesregierung in ihrer Afrika-Strategie, den Zugang zu billigen Rohstoffen, die aggressive Öffnung von Märkten und die militärische Präsenz ausbauen will, braucht sich über noch mehr Flüchtlinge nicht zu wundern.

Anders herum gesprochen: die weltweite Diskussion und Verabschiedung neuer nachhaltiger Entwicklungsziele, zu denen u.a. gehören:

… Armut beenden, Abbau von Ungleichheiten in und zwischen Staaten, Ernährungssicherheit, nachhaltige Landwirtschaft, Wirtschaft und menschenwürdige Arbeit, Nachhaltiger Konsum und Produktion, Kampf dem Klimawandel ...

Muss mit der neoliberalen Doktrin von Profitmaximierung, Wettbewerbsfähigkeit, marktkonformer Demokratie und Privatisierungswahn brechen, sonst werden soziale und Umweltkrisen verschärft werden.

Soziale Rechte und Menschenrechte müssen im Rahmen des SDG-Prozesses nachweislich gestärkt und systematisch kontrolliert werden. Rüstungsexporte müssen gestoppt und Rüstungsausgaben nicht, wie nun beschlossen, erhöht, sondern im Gegenteil für Armutsbekämpfung und Klimaschutz umgewidmet werden. Alternative Handelsmandate, die nachhaltige Entwicklung ermöglichen, müssen im Rahmen der EU entwickelt und eingeführt werden.

Der bereits beschlossene Aufwuchspfad für die Klimaschutz- und Anpassungsfinanzierung hin zu 100 Mrd. US-Dollar/Jahr bis 2020 durch die Industrieländer muss realisiert und diese Mittel zusätzlich zu bereits gemachten Zusagen bereitgestellt werden.  Für den 2°C-Grenzwert als absoluten Höchstwert für die globale Erwärmung bei besonderer Berücksichtigung der Verantwortung der Industrieländer muss endlich ein Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bundesweit bis 2040 angegangen werden.

Wir fordern zudem einen Internationalen Kompensationsfonds bei den Vereinten Nationen, der den kostenlosen Transfer klimafreundlicher Technologien organisiert und einen Ausgleich für koloniales Unrecht ermöglichen soll!

All diese Forderungen können nur in einem breiten Prozess gesellschaftlicher Beteiligung umgesetzt werden. Deshalb brauchen wir auch keine undemokratischen G7/G8-Formate auf weltpolitischer Bühne, sondern die Stärkung der Vereinten Nationen und ihrer Organisationen. Diese Forderungen werden wir auch im Rahmen der Proteste gegen den G7-Gipfel in Elmau im Juni auf die Straße tragen….