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Klimaschutz und globale Gerechtigkeit

Rede von Heike Hänsel,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Dieses Jahr ist ein Gipfeljahr, in Bayern der G-7-Gipfel. Wir haben die Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Äthiopien, die große Nachhaltigkeitskonferenz in der UNO in New York und den Klimagipfel Ende des Jahres in Paris. Die großen Themen stehen also auf der Agenda: globale Gerechtigkeit und Klimaschutz.

Herr Stein, ich denke, es lohnt sich schon, über diese Themen so oft wie möglich zu diskutieren; denn nach wie vor sind Armut und Perspektivlosigkeit auch Ursachen für Krisen und Kriege, und sie sind unter anderem auch ein Nährboden für Terror. Das haben wir in den letzten Tagen leidvoll erleben müssen. Deswegen, finde ich, ist es überfällig, auch über die Ursachen von Terrorismus viel grundsätzlicher und weniger oberflächlich zu diskutieren. Diese Diskussion hat mir leider heute doch sehr gefehlt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Weltweite soziale Ungleichheit und die Zerstörung des Planeten sind die zentralen Herausforderungen, die im Rahmen einer neuen, nachhaltigen Politik für mehr globale Gerechtigkeit thematisiert werden sollen. Es zeigt sich aber schon, dass sehr unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Während die UNO zum Beispiel und viele Länder des Südens sehr stark auf die weltweite soziale Ungleichheit zwischen Staaten und innerhalb von Staaten fokussieren, ist das beispielsweise für die Bundesregierung überhaupt kein Thema. Das kommt in dem Papier als Schwerpunkt überhaupt nicht vor. Das halte ich schlichtweg für einen entwicklungspolitischen und politischen Skandal.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn 86 Personen weltweit so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, dann zeigt sich doch, dass diese Reichtumskonzentration massiv zerstörerisch wirkt und dass wenige nach wie vor auf Kosten der Mehrheit leben - und das trotz jahrzehntelanger Entwicklungszusammenarbeit -, weshalb wir eine weltweite Politik der Umverteilung dringend benötigen, die wir auch schon seit Jahren fordern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es fehlt wieder ein weiteres ganz großes Thema in diesen Textentwürfen - das haben wir schon bei den MDGs massiv kritisiert -, nämlich die Überwindung von Krieg als Mittel der Politik. Das wäre der größte Beitrag, den wir für Entwicklung leisten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Ausgaben für die weltweite Rüstung könnten wir umwidmen - wir sind bei Rüstungsausgaben von über 1 Billion Euro weltweit pro Jahr -, um endlich Entwicklung und Klimaschutz zu finanzieren. Das ist ein Bereich, der mir im Antrag der Grünen fehlt. Das wäre nämlich eine sehr innovative Entwicklungsfinanzierung, die wir seit Jahren fordern: Umwidmung der Rüstungsgelder zur Erreichung von Entwicklungszielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben viel über die SDGs diskutiert, auch schon im Zusammenhang mit anderen Anträgen. Deshalb möchte ich mich jetzt auf einen Punkt in Ihrem Antrag konzentrieren. Es gibt viele Dinge in dem Antrag, die auch wir unterstützen. Wir finden zum Beispiel den Ansatz, dass wir bei uns beginnen müssen, sehr gut. Es ist ganz klar: Wir müssen bei uns anfangen. Auch was verbindliche Zusagen zur Klimaschutzfinanzierung und Entwicklungsfinanzierung angeht, sind wir einverstanden.

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die große Fokussierung auf den G-7-Gipfel; denn viele von uns sind schon gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm auf die Straße gegangen. Das sind völlig überholte Gipfel, die eine Politik des 19. Jahrhunderts darstellen. Die reichsten und mächtigsten Staaten der Erde, die gerade einmal 10 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, treffen sich, um ihre Interessen zu formulieren. Meistens werden Entwicklungsthemen instrumentalisiert, um dem Ganzen einen wohltätigen Anstrich zu geben. Gleichzeitig geht es doch um die Frage des Zugangs zu Ressourcen, um den Kampf um diese Ressourcen, der oft militärisch ausgetragen wird.

Ich kann mir jetzt schon vorstellen, dass es ein großes Bild geben wird, wie der G-7-Gipfel sich gemeinsam gegen den Terror ausspricht, währenddessen auch diese Staaten für Terror verantwortlich sind. Schauen wir uns die Drohnenkriege an oder die CIA-Foltergefängnisse in Europa. Hier sind viele G7-Regierungen für den existierenden Terror verantwortlich. Wenn wir diese Doppelmoral nicht überwinden, dann kommen wir auch zu keiner neuen Politik. Genau deshalb werden wir gemeinsam mit vielen anderen auch wieder im schönen Bayern gegen den G-7-Gipfel auf die Straße gehen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)