Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf soll der Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen bekämpft werden. Künftig sollen Vereinbarungen über Zahlungstermine eine bestimmte Frist nicht mehr überschreiten dürfen, das Zahlen von Rechnungen kann dann nicht mehr bis zum Sankt Nimmerleinstag hinausgeschoben werden. Das sollte auch und vor allem kleinen und mittleren Unternehmen helfen – die Fraktion DIE LINKE. begrüßt dieses Ziel ausdrücklich!
In der Regel ist es nämlich so, dass bei den Verhandlungen darüber, wann eine bestimmte Leistung zu bezahlen ist, das kleine Unternehmen der Marktmacht des großen Unternehmens ausgeliefert ist. Ich will Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen:
Der kleine Handwerker oder der kleine Zulieferer, der mit einem Großabnehmer Geschäfte macht, ist häufig auf Folgeaufträge angewiesen und will es sich daher mit seinem größeren Geschäftspartner nicht verscherzen. Das heißt, dass er bei den Verhandlungen über Zahlungsfristen eher einknicken wird und dass der größere Geschäftspartner seine Überlegenheit natürlich voll ausspielen kann.
Das Schlimme ist, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen oft wenig bis gar kein finanzielles Polster haben, um lange auf Zahlungseingänge warten zu können. Der Malermeister von nebenan zum Beispiel kann auf diese Weise im schlimmsten Fall in die Pleite getrieben werden! Hingegen dürfte es den größeren Unternehmen in der Regel nichts ausmachen, auf die Belange der kleineren einzugehen. In der Realität sieht es jedoch oft anders aus. Hier muss den kleinen und mittleren Unternehmen daher der Rücken gestärkt werden!
Zurück zum Gesetzentwurf: Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, der ganz große Wurf ist Ihnen hier leider nicht gelungen. Jetzt mögen Sie zwar sagen, dass Sie hier auch wenig Spielraum hatten, da dem Entwurf eine EU-Richtlinie zugrunde liegt, die zwingend in nationales Recht umzusetzen ist. Dennoch wäre hier Luft nach oben gewesen.
In der dem Entwurf zugrunde liegenden EU-Richtlinie heißt es in Artikel 12 nämlich: „Die Mitgliedstaaten können Vorschriften beibehalten oder erlassen, die für den Gläubiger günstiger sind als die zur Erfüllung dieser Richtlinie notwendigen Maßnahmen.“
Das hätten Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung beherzigen sollen! In der nun schon länger andauernden Diskussion um den vorliegenden Entwurf ist bereits mehrfach die Befürchtung geäußert worden, die nunmehr festzulegenden Höchstfristen könnten das bisherige Leitbild im deutschen Zivilrecht verdrängen. Bisher ist nach § 271 BGB nämlich grundsätzlich sofort nach Erhalt der Leistung zu zahlen, auch wenn abweichende Vereinbarungen getroffen werden können.
Wenn nun aber, wie durch Ihren Entwurf teils vorgesehen, auf einmal die Höchstfrist von 60 Tagen ausdrücklich im Gesetz genannt ist, so liegt es durchaus nahe, dass dann diese Höchstfrist auch gern als Richtwert genommen wird und der Gläubiger entsprechend lang auf sein Geld warten muss. Hier hätten Sie sich dazu durchringen müssen über die EU-Richtlinie hinauszugehen und kürzere Fristen festzulegen!
Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, auch darüber hinaus schwächelt Ihr Entwurf: Er ist nämlich unübersichtlich und mit Detailregelungen überfrachtet. Zwar will ich Ihnen zugestehen, dass bereits die zugrunde liegende EU-Richtlinie nicht gerade als leichte Bettlektüre bezeichnet werden kann. Aber dennoch, eine übersichtlichere Umsetzung in das deutsche Zivilrecht wäre angebracht gewesen.
Denn, meine Damen und Herren, wer sich im Recht der Schuldverhältnisse auskennt, weiß, dass hier eine ohnehin umfangreiche und komplizierte Regelungsmaterie vorliegt. Diese wird durch die im Entwurf vorgesehenen Änderungen nicht gerade übersichtlicher gestaltet. Auslegungsschwierigkeiten und entsprechende Differenzen scheinen jetzt schon vorprogrammiert. Und nun versetzen Sie sich bitte wieder in die Lage des kleinen Unternehmers, also zum Beispiel des Malers von nebenan – dieser wird mit höchster Wahrscheinlichkeit keine eigene Rechtsabteilung haben, die ihm bei Vertragsverhandlungen mit Rat und Tat zur Seite steht und ihn durch die Niederungen des Bürgerlichen Gesetzbuches führt.
Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, an anderer Stelle betonen Sie gern die Bedeutung des Mittelstandes. Seien Sie konsequent und zeigen Sie dies auch durch entsprechende Verbesserungen des vorliegenden Entwurfs! Kleine und mittlere Unternehmen dürfen von der Politik nicht im Stich gelassen werden, setzen Sie sich also für deren Belange ein! DIE LINKE. wird das jedenfalls weiterhin tun.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!