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Klaus Ernst: Vermögensteuer jetzt!

Rede von Klaus Ernst,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fällt Ihnen eigentlich auf,

(Cansel Kiziltepe [SPD]: Dass Sie mal im Plenum sind!)

dass trotz Boom die Armut nicht abnimmt, aber der Reichtum für wenige exorbitant steigt? Ist das für Sie ein Problem, oder akzeptieren Sie das einfach so?

Ich glaube, wir müssen darüber nachdenken, dass die Verteilung in unserem Land tatsächlich – das sagen nicht nur wir, sondern auch alle Institute – ein Ausmaß angenommen hat, das nicht mehr in Ordnung ist, weil es neben den ganzen moralischen Aspekten, die damit verbunden sind, die wirtschaftliche Entwicklung massiv behindert.

Woran liegt das? Es liegt zum einen daran, dass die Verteilung des Volkseinkommens, also das Verhältnis zwischen Löhnen und Profiten, nicht mehr stimmt. Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen lag im Jahr 2000 bei 71,9 Prozent. Inzwischen beträgt er 68,5 Prozent. Das ist der Anteil der Löhne am gesamten erwirtschafteten Kuchen.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die muss ja jemand zahlen, die Löhne!)

Hätten die Arbeitnehmer noch die Lohnquote des Jahres 2000, dann hätten sie allein im Jahr 2017  82 Milliarden Euro mehr. Hätten wir die Verteilung des Volkseinkommens aus dem Jahr 2000 kumuliert seit dem Jahr 2000, dann hätten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also die normalen Menschen hierzulande, 1,4 Billionen Euro mehr in der Tasche.

Die entscheidende Frage lautet: Wohin geht das Geld, und wo liegen die Ursachen? Die Ursachen für diese ungleiche Primärverteilung bzw. diese falsche Entwicklung sind Niedriglohn, befristete Beschäftigung und Leiharbeit. Ulrike Herrmann hat es in der „taz“ folgendermaßen formuliert – ich zitiere –:

"Die Agenda 2010 hat nicht nur die Ungleichheit vor 2005 verschärft – dieses politische Lohndumping sorgt jetzt dafür, dass sogar in der Hochkonjunktur die Ungleichheit nicht abnimmt, sondern tendenziell weiter steigt."

Recht hat sie, und das müssen wir verändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Möglichkeit, der Ungleichheit entgegenzuwirken, bietet die Steuerpolitik, die für eine andere Sekundärverteilung sorgen kann. In diesem Zusammenhang bietet sich sicherlich die Anhebung des Spitzensteuersatzes an. Meine Damen und Herren von der CSU, was halten Sie eigentlich von folgendem Satz: „Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt.“ – Wo sind denn die Kollegen von der CSU?

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Hier!)

– Max, findest du das in Ordnung? Du müsstest das eigentlich in Ordnung finden; denn dieser Satz steht in der bayerischen Verfassung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir alle in Bayern lebten, müssten wir durch Steuern für einen gewissen Ausgleich sorgen.

Nach Angaben der Bundesbank befindet sich der Großteil des Immobilienvermögens in den Händen der oberen 20 Prozent. In den sieben größten Städten in Deutschland sind die Preise von Wohnimmobilien von 2007 bis 2016 um etwa 65 Prozent gestiegen. Die Mietpreise folgen. Hier findet eine krasse Umverteilung statt, aber von unten nach oben.

Wir müssen bei der Vermögensverteilung etwas tun. Der DGB stellt in seinem Verteilungsbericht fest – ich zitiere –: „In keinem größeren Industriestaat der OECD werden Vermögen so stark geschont wie in Deutschland.“ Tatsächlich kommen in Deutschland nur 2,6 Prozent des Gesamtsteueraufkommens aus vermögensbezogenen Steuern. In den USA sind es 10,8 Prozent und in Frankreich 8,5 Prozent. Wir hätten hier also durchaus Spielraum.

Die Verteilung ist nicht nur ungerecht, sondern behindert auch das Wirtschaftswachstum.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb schlagen wir Ihnen die längst überfällige Einführung der Vermögensteuer vor. Diese soll tatsächlich nur die Menschen betreffen, die ein Vermögen von mehr als 1 Million Euro haben. Besteuert werden soll nur das oberhalb des Freibetrags von 1 Million Euro liegende Nettovermögen, und zwar mit einem Steuersatz von 5 Prozent. Wenn Sie das machen würden, hätten wir tatsächlich die Möglichkeit, wieder eine einigermaßen vernünftige Vermögensverteilung hinzubekommen. Sie könnten dann wieder ruhig schlafen – auch der Max –, weil wir uns entsprechend der bayerischen Verfassung verhielten.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der LINKEN)