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Kindesbedarf durch Anhebung der Regelsätze absichern

Rede von Elke Reinke,

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

sie werden gehänselt, ausgelacht und gemieden - Kinder, die in Armut leben. Kinder, die mit knurrendem Magen und Büchern in der Einkaufstüte zur Schule müssen.
Arme Kinder - nicht irgendwo auf der Welt, sondern hier - hier bei uns. Auch das ist Deutschland!

Ja, ich weiß, die Wahrheit nehmen Sie nur ungern zur Kenntnis. Sonst hätten Sie, statt immer neuer Ankündigungen, längst gehandelt!

Seit Hartz IV hat sich die Zahl der armen Kinder auf mehr als 2,6 Millionen verdoppelt.

Kein Wunder: Der Regelsatz für Kinder unter 14 Jahren liegt bei 208 Euro, für Kinder ab 14 Jahren bei 278 Euro pro Monat. Pauschal abgeleitet wird er aus dem Eckregelsatz von 347 Euro eines erwachsenen Erwerbslosen.

Basis ist das Verbrauchsverhalten der unteren 20 Prozent der Ein-Personen-Haushalte. Und das sind meist Rentner. Und diese wachsen gewöhnlich nicht aus den Turnschuhen heraus.

Es ist verrückt, den Bedarf armer Kinder an dem armer Rentner zu messen!

Das heißt: Ein 7-Jähriger hat pro Tag 2,64 Euro für Frühstück, Mittagessen, Abendbrot, Getränke und Tabak zur Verfügung. So will es das Gesetz.

Der Kinderregelsatz reicht weder für eine gesunde, ausgewogene Ernährung noch für Kleidung, Schulmaterial, Bibliotheksausweis, Busfahrkarte, Zoobesuch, Teilname am Vereinsleben, Nachhilfe, Musikschule und und und.
Einmalige Leistungen, wie in der früheren Sozialhilfe, gibt es seit Hartz IV nicht mehr. So fiel auch die Ausstattung für Schulanfänger weg.

Jetzt wissen Sie, meine Damen und Herren, warum DIE LINKE von „Armut per Gesetz“ spricht!

Es stellt sich mir einmal mehr die Frage, für welche Kinder diese Regierung eigentlich Politik macht!

Wir brauchen umgehend einen eigenständigen Kinderregelsatz, der die Bedarfe realitätsnah abbildet und somit zum Beispiel Bildungsmöglichkeiten, Schulspeisung und Einmalzahlungen für Einschulung und Klassenfahrten mit abdeckt.

Und wir fordern seit Langem die Anhebung des Kinderregelsatzes im ersten Schritt auf mindestens 300 Euro, eine Erhöhung des Kinderzuschlages sowie eine Aufbesserung des Kindergeldes.
Dies wäre Grundlage, um zu einer bedarfsgerechten, eigenständigen Kinder-Grundsicherung in Höhe von mindestens 420 Euro zu kommen.

Unsere Kinder haben das Recht - und dafür muss ein Sozialstaat sorgen -, gesund aufzuwachsen, freien Zugang zu guter Bildung zu haben und gleichberechtigt am täglichen Leben teilhaben zu können.

Nur so kann man der Benachteiligung vieler Kinder und den Belastungen der Eltern wirksam entgegen treten.

Es ist interessant zu beobachten, dass die GRÜNEN nun einiges aus der Vergangenheit zurücknehmen wollen.
Leider haben Sie bisher immer - wie alle anderen Fraktionen auch - unsere Anträge mit den Forderungen nach einem Kinderwarenkorb und zum kinderspezifischen Regelsatz abgelehnt.
Ich hoffe, dass ihre plötzliche Einsicht keine Eintagsfliege bleibt!

Die Forderungen im Antrag der GRÜNEN unterstützen wir.

Ich kann es Ihnen jedoch nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass das, was Sie als „bedarfsfern und bildungsfeindlich“ benennen, genau seit dem 1.1.2005 gilt, und das ist das von Ihnen gewollte Hartz IV-Gesetz!

Sie sind mit verantwortlich dafür, dass 2005 die Regelsätze von Schulkindern auf das Niveau von Säuglingen abgesenkt wurden. Dass Kinder wachsen, wird seit Ihrem Hartz IV-Gesetz nicht mehr berücksichtigt.

Keine Steuergeschenke an Unternehmen und Superreiche! Unsere Kinder brauchen das Geld nötiger!

Wir werden im Kampf gegen Kinderarmut nicht lockerlassen und gemeinsam mit Verbänden, Vereinen und Initiativen in einem breiten Bündnis den Druck erhöhen und Sie zum Handeln bewegen!

Vielen Dank!