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Kinder stärken heißt ihre Rechte stärken - Individualbeschwerde rechtlich untersetzen

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in, sehr geehrte Damen und Herren,

es steht außer Zweifel: Die Einführung des Rechts auf Individualbeschwerde für Kinder und Jugendliche ist ein weiterer wichtiger Schritt für die bessere Umsetzung der UN- Kinderrechtskonvention. Es steht auch außer Zweifel, dass das Engagement der Bundesregierung, die sich von Beginn an hinter dieses Zusatzprotokoll gestellt hat und den Prozess der Erarbeitung intensiv begleitet hat, von großer Bedeutung für das Gelingen des Vorhabens war. Und es ist natürlich sehr zu begrüßen, dass das Gesetz zur Ratifizierung den Bundestag so zügig und mit großem Einvernehmen passieren konnte.
Schaut man sich aber an, welche Gründe für die Einführung einer Individualbeschwerde für Kinder und Jugendliche auch in Deutschland sprechen, wird schell deutlich, wie viel noch zu tun ist.

Kinder müssen als schutzbedürftige Mitglieder unserer Gesellschaft mit allem zur Verfügung stehenden gefördert werden, das ist zumindest in Talkshows, in Reden und in Interviews wieder und wieder zu hören. In der Umsetzung allerdings muss ich feststellen, dass zum Beispiel Kindern ohne deutschen Pass nach wie vor nicht die gleichen Rechte eingeräumt werden, wie sie deutschen Kindern zur Verfügung stehen. Sie können auch nach der Rücknahme des letzten Vorbehaltes gegen die UN-Kinderrechtskonvention als Minderjährige abgeschoben werden, in Sammelunterkünften untergebracht und zu entwürdigenden Untersuchungsverfahren zur Altersfeststellung gezwungen werden. Für mich ein klarer Fall für die Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention und somit für eine anzustrengende Beschwerde.

Noch immer ist in Deutschland der soziale Status der Eltern wie in keiner anderen europäischen Wirtschaftsnation ein entscheidender Faktor für die Schulbiografie von Kindern. Für mich eine klare Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention und einer anzustrengenden Beschwerde würdig.

Die Kinderarmut ist in einem reichen Land wie Deutschland trauriger Teil des Alltags geworden. Kinder gehen hungrig zur Schule, eine gesunde Ernährung ist vom bestehenden Regelsatz aus meiner Sicht unmöglich, Geld für Schulbücher und -materialien können von den Eltern in komplizierten Antragsverfahren nur zwei mal im Jahr extra beantragt werden, obwohl Schule zum Alltag eines jeden Kindes gehört und somit auch alltägliche Kosten verursacht. Jeder weiß das – die Bundesregierung aber ignoriert dies genauso, wie die Tatsache, dass Nachhilfe nur schwer über eine Arbeitsvermittlungsagentur vermittelt werden kann. Für mich ist das Ausgrenzung vom Zugang zu Bildung und somit eine eindeutige Verletzung der UN-Kinderrechtskonvention und somit Grund genug für ein anzustrebendes Beschwerdeverfahren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, ich bin sehr glücklich darüber, dass der Bundestag heute seine Zustimmung zu einem Individualbeschwerdeverfahren für Kinder geben wird. Denn eine solche Möglichkeit für Kinder, ihre Rechte einzuklagen, sorgt am Ende für eine bessere Umsetzung der Kinderrechte. Dazu muss viel getan werden. Wir brauchen mehr Anlaufstellen, um Kinder über ihre Rechte zu informieren und ihnen da Unterstützung anbieten zu können, wo diese verletzt werden. Wir brauchen eine verbesserte Rechtsstellung von Kindern in unserer Gesellschaft, damit eine Individualbeschwerde für Kinder nicht an unüberwindbaren Hürden scheitert. Darum sage ich: Kinder stärken heißt ihre Rechte stärken. Das Individualbeschwerderecht für Kinder war überfällig. Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetzt ist es leider immer noch. Es bleibt also viel zu tun.

Vielen Dank.