- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte/r Frau/ Herr Präsident/in!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Kinder sind Zukunft! So hieß die Themenwoche der ARD, die vor kurzem im Hauptstadtstudio mit einer Talkrunde zu Kinderbetreuung in der Bundesrepublik beendet wurde. In den letzten Wochen schien es, als wäre die Debatte um Kindertagesbetreuung im Jahr 2007 etwas effektiver als in der Vergangenheit. Es ist inzwischen allgemein bekannte Tatsache, dass wir es der fehlenden Weitsicht der Politik in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu verdanken haben, dass die Bundesrepublik ein Kinderbetreuungsentwicklungsland im Vergleich zu seinen westeuropäischen Nachbarn ist.
Doch nun diskutiert die Bundesrepublik über dieses Thema. Und es wird deutlich, dass es eine Erwartungshaltung an die Politik gibt: Die Mehrheit der Eltern wünscht sich eine Kinderbetreuung, die quantitativ ausreichend weil flächendeckend ausgebaut und vor allem qualitativ hochwertig ist!
Unsere Ankündigungsministerin trägt den erklärten Willen dazu auch erfolgreich durch jede sich bietende Talkshow unserer Fernsehprogramme. Doch allein von einer Gesprächsrunde in der ARD, im ZDF oder in einem der privaten Programme wird wohl kein Kitanetz entstehen.
Nun wird in beiden Koalitionsfraktionen über einen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung diskutiert. Doch die kurz aufkeimende Freude darüber vergeht ganz schnell wieder, wenn die CDU von einem Rechtsanspruch für Mütter spricht und die SPD sich nur soweit über eine Ausgestaltung auslässt, als dass er für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig ist.
Ich frage Sie: Wird das wieder nur ein Rechtsanspruch für die Kinder von Erwerbstätigen?
Dann geht er am eigentlichen und erklärten politischen Ziel vorbei!
Betreuung, Bildung und Erziehung ist wichtig für die psychosoziale, emotionale Entwicklung und die kognitive Förderung von Kindern. Dieses Ziel sollte im Mittelpunkt stehen! Wenn das das Ziel ist, muss der Rechtsanspruch ein Anspruch des Kindes sein! Er muss klar definiert sein und in Abstimmung mit den Ländern verbindlich ausgearbeitet werden - inklusive Finanzkonzept aller beteiligten politischen Ebenen!
Frau Ministerin! Schaffen Sie eine Kinderbetreuungslandschaft, die auch für die Kinder da ist, die auf der - wie Sie es sagen - Schattenseite des Lebens stehen! Mit einem Rechtanspruch des Kindes wäre dies möglich!
Herr Steinbrück: Bleiben Sie bei Ihrem Angebot, sich dauerhaft an der Finanzierung der Kitas zu beteiligen und lassen Sie Länder und Kommunen nicht im Stich!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir reden über die Zukunft von Kindern und wie wir als Politikerinnen und Politiker es schaffen, jedem Kind die gleichen Startchancen zu geben.
Die PISA- und OECD-Studien, die Studien des Deutschen Jugendinstitutes, der Bericht des UN-Beauftragten Muňoz haben einen gemeinsamen Nenner: In keinem anderen westeuropäischen Land entscheidet die soziale Herkunft von Kindern so sehr über den weiteren Lebensweg wie in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Weg könnte mit einer für alle Kinder zugänglichen, beitragsfreien Kinderbetreuung beginnen und einigen den schweren Start leichter machen: durch gute frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung.
Deshalb sollte endlich ein Schlusspunkt in der Debatte um die Finanzierung der Kinderbetreuung oder besser gesagt um die Verschiebung von einer familienbezogenen Leistungen zugunsten einer anderen familienbezogenen Leistungen gesetzt werden.
Ich bin sehr gespannt, ob Herr Steinbrück und Frau von der Leyen bei ihrer bunten Zusammenstellung bleiben, die sie herangezogen haben um den Bürgerinnen und Bürgern vorzugaukeln, dass man für Familien ohnehin schon zu viel Geld ausgibt. Von den immer wieder genannten 184 Mrd. Euro für Familienleistungen bleiben nämlich nach einer Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gerade einmal 38,6 Mrd. übrig, die tatsächlich in familienfördernde Maßnahmen fließen.
Ich bin auch gespannt, wie die Kinderbetreuung aussieht, mit der die Familienministerin die Bundesrepublik endlich an europäische Standards angleichen will. Es bleibt zu hoffen, dass die entscheidenden Probleme zum Gegenstand der Kinderbetreuungsoffensive werden: die Qualität der Betreuung und der Anspruch auf Betreuung, weil beides für den Erfolg des Ganzen maßgeblich ist.
Das Thema Qualität füllt im Bericht zum Stand des Ausbaus der Kindertagesbetreuung viele Abschnitte. „Die Sicherung des Angebotes an Tagesbetreuung ... angesichts einer notwendigen frühen Förderung von Kindern ... ist ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Familienpolitik“ so steht es im Tagesbetreuungsausbaugesetz.
Wer diesen Satz ernst nimmt, macht Kita allen Kindern zugänglich und nicht nur denen, deren Eltern eine Erwerbstätigkeit vorweisen können.
Wer diesen Satz ernst nimmt, der sorgt dafür, dass der ErzieherInnenberuf endlich auf die Basis eines Hochschulabschlusses gestellt wird.
Wer diesen Satz ernst nimmt, der sichert, dass Erzieherinnen und Erzieher von dem Gehalt, das sie für ihre Arbeit bekommen, auch leben können.
Wer diesen Satz ernst nimmt, der sorgt dafür, dass die Arbeit von Tagesmüttern und Tagesvätern auf einer qualitativ hochwertigen Aus- und Weiterbildungsgrundlage steht und nicht zum Billiglohn- Kinderbetreuungssektor mutiert.
Frau von der Leyen, Herr Steinbrück!
Ich hoffe, dass bei Ihren laufenden Verhandlungen trotz der schwierigen Geburt schnell eine Kindertagesbetreuung herauskommt, die diese Ansprüche erfüllt. Und ich hoffe, dass Sie Ihrem gemeinsamen Spross dann nicht nur die Erstausstattung finanzieren, sondern langfristig Ihren Unterhaltsverpflichtungen nachkommen. Im Interesse aller Kinder!
Vielen Dank!

Kinder sind Zukunft
Rede
von
Diana Golze,