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Kerstin Kassner: Pauschalreise-Insolvenzabsicherung - effektiv und verbraucherfreundlich

Rede von Kerstin Kassner,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es mutet ja schon fast wie etwas aus der Zeit gefallen an, wenn wir uns heute hier mit Reiserecht befassen, wo im Moment keinerlei Reisen möglich sind. Aber es ist gerade jetzt wichtig, dass wir uns an die Branche mit 3 Millionen Beschäftigten und 105 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung erinnern – ein ganz wichtiger Bereich der Wirtschaft unseres Landes. Deshalb ist es wichtig, dass wir Sorge dafür tragen, dass wir bald wieder reisen können und dass das Reisen auch sicherer wird, auch in finanzieller Hinsicht. Wir alle erinnern uns ja an die Situation damals, als Thomas Cook die Insolvenz anmeldete: Es gab bei vielen Menschen tiefe Bestürzung, und es waren auch riesige Verluste zu beklagen, weil wir eben nicht genügend Vorsorge getroffen hatten. Am Ende blieben die Ausfälle bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern sozusagen auf der Tasche liegen. Das dürfen wir nicht noch einmal geschehen lassen, und wir haben die Verpflichtung, hier Änderungen vorzunehmen.

Jetzt, fast zwei Jahre später, legt die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vor – spät, aber vielleicht noch nicht zu spät. Wir sollten jetzt die Zeit nutzen, um aus diesem Vorschlag einen tatsächlich umsetzbaren, brauchbaren und das Risiko abdeckenden Vorschlag zu machen.

Ich habe drei gravierende Beanstandungen zu diesem Gesetzesvorhaben.

Die erste betrifft – das hatten die Vorredner auch schon gesagt – die Beitragsverpflichtung ab einer Umsatzhöhe von 3 Millionen Euro. Das hört sich nach viel an. Aber wenn man weiß, was Reisen kostet, weiß man, wie schnell 3 Millionen Euro zusammen sind. Und die Reisevermittler brauchen auch diese Umsätze, einfach weil die Margen sehr gering sind und sie von irgendetwas leben müssen. Also ganz klar: Hier müssen wir die Grenze für die Verpflichtung hochsetzen, damit nicht viele Kleine wieder den Ausfall von wenigen Großen bezahlen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite wichtige Beanstandung betrifft den Umstand, dass wir das tatsächliche Risiko absichern müssen. Ich sage es mal als Beispiel: Die Klassenreise nach Prora auf Rügen in meine Lieblingsherberge ist sicherlich teurer als der Familienausflug nach Malle. Doch das Risiko, dass etwas schiefgeht auf dem Weg dahin und zurück, ist eben wesentlich größer als bei der Bahnfahrt auf die Insel Rügen. Deshalb muss auch hier ganz klar differenziert werden.

Die dritte Beanstandung ist: Wir brauchen etwas länger Zeit als fünf Jahre, um den Fonds zu speisen. Viele Unternehmen fangen jetzt wieder an und sind nicht so liquid, wie Sie sich und wir uns das wünschen. Deshalb ganz klar: Dieser Zeithorizont muss erweitert werden.

Im Übrigen wünsche ich mir, dass diese Bundesregierung dem Tourismus wirklich die Aufmerksamkeit zukommen lässt, die er braucht. Das reicht nicht, was uns im Moment hier geboten wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)