Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Bürgerinnen und Bürger, die diese Debatte verfolgen! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Petitionsausschuss ist der Ausschuss des Deutschen Bundestages, der am dichtesten an den Sorgen und Problemen der Bürgerinnen und Bürger dran ist. Umgekehrt ist er auch der Ausschuss, wo sich die Bürgerinnen und Bürger am unkompliziertesten einbringen und die Thematik, die dort beraten wird, mitgestalten können. Wir alle machen die Arbeit dort mit viel Engagement und versuchen, ihre Anliegen umzusetzen bzw. Lösungsvorschläge zu finden.
Nun haben wir festgestellt, dass im Jahr 2016 weniger Petitionen eingegangen sind als in den Jahren davor. Im Jahr 2005 gab es über 22 000 Sorgen und Probleme, die an uns herangetragen wurden. Woran lag das? Ich bin der Meinung, dass es nicht daran liegt, dass die Bürgerinnen und Bürger keine Probleme mehr haben. Nein, in über 11 000 Petitionen gibt es viele Sorgen und Probleme, derer wir uns annehmen müssen.
Ich denke aber, dass wir es in Bezug auf die Art und Weise, wie wir die Aufgaben erfüllen, in der Hand haben, die Arbeit noch weiter zu qualifizieren und damit den Bürgerinnen und Bürgern auch Mut zu machen, die Hürden zu nehmen, sich an uns zu wenden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dazu will ich einmal drei Möglichkeiten exemplarisch benennen.
Die erste Möglichkeit besteht darin, dass wir die Transparenz unserer Arbeit erhöhen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme an, dass alle Anwesenden wissen, dass wir jede Woche über die Petitionen hier im Hohen Haus beraten. Da gibt es Drucksachen und Sammellisten, und über die stimmen wir dann ab. Was sich dahinter verbirgt, wird noch nicht einmal jedem Kollegen hier im Haus bewusst sein, geschweige denn den Bürgerinnen und Bürgern, die uns vielleicht am Fernseher bei der Arbeit zusehen. Deshalb frage ich: Warum sollten wir hier in diesem Hohen Haus nicht öfter einmal Petitionen exemplarisch diskutieren? Das haben wir in der vergangenen Legislaturperiode ein einziges Mal gemacht. Erinnern Sie sich noch? Es ging um die Abschaffung der Sanktionen. 90 000 Menschen hatten diese Petition unterstützt. An der Sache haben wir leider nichts ändern können. – Also da sollten wir uns an die eigene Nase fassen und konsequenter werden.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Transparenz sehe ich darin, dass wir im Petitionsausschuss öffentlich debattieren, also alle Ausschusssitzungen öffentlich machen. Nun fragt vielleicht jemand: Steht dem nicht der Datenschutz entgegen? Vielleicht wird auch gesagt, es sei nicht lohnenswert, über jede Petition öffentlich zu diskutieren. Alternativ gibt es die Möglichkeit, das Quorum deutlich zu senken. Nicht die Unterstützung durch 50 000 Bürgerinnen und Bürger sollte dann die zwingende Hürde sein, sondern wir sollten die Zahl deutlich verringern, damit mehr Petitionen öffentlich und für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar diskutiert werden können.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die zweite Möglichkeit, tatsächlich viel zu verändern, besteht in der Art der Erledigung der Petitionen. Wer genau in den Bericht schaut, wird feststellen, dass nur etwas mehr als 6 Prozent der Petitionen so beschieden wurden, dass die Wünsche der Petenten bedacht wurden. Leider wurden über 35 Prozent der Petitionen nicht im Sinne der Petenten beschieden. Das hat vielfältige Ursachen. Was mir aber überhaupt nicht gefällt, ist, dass über 33 Prozent der Petitionen – also etwa jede dritte – dem Parlament gar nicht vorgelegt werden. Sie werden, sobald sie eingegangen sind, mit einer Stellungnahme aus dem betroffenen Ministerium sozusagen zu den Akten gelegt. Mir ist der Fall eines Handwerksmeisters bekannt, der dann einfach aufgegeben hat, obwohl er in seiner Situation sehr wohl Hilfe und Unterstützung gebraucht hätte. Deswegen sollten wir uns auch dieser Petitionen unbedingt annehmen.
Ich komme zur dritten Möglichkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben an vielen Stellen gemerkt, wie wichtig uns die Frage ist, ob wir uns wirklich zum Anwalt der Bürgerinnen und Bürger – und nicht zum Anwalt der Ministerien oder der nachgeordneten Ämter – machen, vor die wir uns schützend stellen müssen. Wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da, und das muss auch deutlich werden.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben am 29. Mai die Möglichkeit, mit einer gemeinsamen Beratung neue Intentionen für unsere Arbeit zu setzen. Das sollten wir angehen; wir sollten das nutzen. Ich freue mich auf die Debatte und möchte mich für die gute Zusammenarbeit bei allen bedanken, ganz besonders aber bei unserem Ausschusssekretariat.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)