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Kersten Steinke: Petitionen sind die Flöhe im Pelz des Staate

Rede von Kersten Steinke,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Treffen der Petitionsausschussvorsitzenden von Bund und Ländern fiel die Bemerkung, dass Petitionen nützliche Flöhe im Pelz des Staates sind. Ich bin davon überzeugt, dass wir genau diese nützlichen Flöhe oder Seismografen des Parlaments brauchen und dass sie unser Handeln noch viel mehr beeinflussen sollten.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch im letzten Jahr gab es wieder viele nützliche Flöhe, also Petitionen. Ich denke beispielsweise an die hier schon erwähnte öffentliche Petition mit über 217 000 Mitzeichnungen, in der es gegen den Entwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes ging. Hier ging es insbesondere gegen die Diskriminierung einer ganzen Patientengruppe, der psychisch Kranken.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn ich davon spreche, dass Petitionen, also die nützlichen Flöhe, unser Handeln viel mehr beeinflussen sollten, dann bin ich darüber enttäuscht und kann auch nicht verstehen, dass es im vergangenen Jahr nur einen einzigen einstimmigen Beschluss des Petitionsausschusses gab, der die Petition zur Erwägung an die Bundesregierung weiterleitete. Das ist ein absoluter Tiefpunkt der letzten Jahre und für Die Linke inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Seit vielen Jahren stellen wir fest, dass wir unser Petitionswesen attraktiver, offener und transparenter gestalten müssen. Aber die Vorschläge meiner Fraktion dazu wurden stets von einer Mehrheit im Ausschuss abgelehnt.

Ein weiteres Thema, das uns stets und ständig in jedem Jahresbericht bewegt, sind die DDR-Renten. Ja, ein altes Thema, aber für die Betroffenen ein sehr wichtiges! Denn Ungerechtigkeiten bleiben Ungerechtigkeiten, erst recht wenn sie schon 30 Jahre existieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Seit nun mittlerweile fast 30 Jahren gehen im Petitionsausschuss Beschwerden über die Ostrenten ein, und jährlich werden es mehr. Erst in der vergangenen Woche hat die Fraktion Die Linke in einer Debatte über einen Tagesordnungspunkt im Plenum des Bundestages zum wiederholten Mal auf diese Ungerechtigkeiten aufmerksam gemacht. Jedoch wurden unsere Anträge von der Mehrheit des Hauses wieder einmal abgelehnt.

Noch ein Thema, das mir unter den Nägeln brennt. Die junge Generation, unsere Kinder und Enkel, Schülerinnen und Schüler, Studenten und junge Eltern, hat sich politisiert. Sie protestiert weltweit gegen den Klimawandel. Und was macht die Koalition? Sämtliche Petitionen zum Dieselskandal, zum Klimaschutz, zur Plastevermeidung, zum Atombombenabzug aus Deutschland, zum Waffenexport und zu Lebensmittelcontainern wurden abgelehnt oder verschwinden bei der Bundesregierung in der Versenkung. Wann endlich will die Politik ihre Schuld bei der jungen Generation einlösen?

(Beifall bei der LINKEN)

Werte Kolleginnen und Kollegen, abschließend noch ein Wort von ehemaliger Ausschussvorsitzender zum amtierenden Ausschussvorsitzenden. Die übergroße Zahl der Petitionen richtet sich gegen Gesetze oder die Wirkung von Gesetzen, die die Koalitionsfraktionen beschlossen haben. Wenn dann die Petitionen bzw. die Flöhe zu diesen Gesetzen eingehen, dann muss man das aushalten, auch wenn man einer Koalitionsfraktion angehört.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrter Herr Wendt, Ihre medialen Aktionen gegen eine Petition der Evangelischen Kirche zum Tempolimit auf Autobahnen waren kein gutes Aushängeschild für unseren Petitionsausschuss; denn Petentenschelte geht einfach gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe, dass solche Aktionen gegen Petenten in der Öffentlichkeit einmalig waren und dass wir zukünftig gemeinsam an der Erhöhung der Attraktivität und der Wirksamkeit der Arbeit unseres Ausschusses arbeiten und Petenten nicht verprellen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)