Andere Parteien stimmen unseren Anträgen nicht zu.
Harald Weinberg (DIE LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute unter anderem mit zwei Anträgen der Fraktion Die Linke. Einer der Anträge behandelt das zentrale Projekt der Koalition in der Gesundheitspolitik. Das ist die Einführung einer einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie, im Volksmund allerdings auch Kopfpauschale genannt.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Welches Volk?)
- Die Mehrheit des Volkes, die Mehrheit des Volkes.
(Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Das haben Sie denen eingeredet!)
Wir wollen nicht, dass der Manager ebenso hohe Krankenversicherungsbeiträge wie seine Reinigungskraft bezahlt, sondern wir wollen ein in sich solidarisches Krankenversicherungssystem beibehalten und ausbauen.
(Beifall bei der Linken Ulrike Flach (FDP): Dafür ist es dann insolvent!)
CDU und FDP haben dieses unpopuläre Thema nun bis nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen in einer Regierungskommission zwischengelagert. Gespannt bin ich dabei auf das Abstimmungsverhalten der bayerischen Kolleginnen und Kollegen der Union. Der Vorsitzende der CSU, Horst Seehofer, hat aus Bayern völlig zu Recht, wie ich finde über Monate giftige Pfeile gegen das wichtigste gesundheitspolitische Projekt der Bundesregierung geschossen. Er sagte beispielsweise:
”Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir unser Gesundheitswesen durch eine einkommensunabhängige Prämie finanzieren. Das gilt nicht nur für diese Legislaturperiode, das gilt für das ganze nächste Jahrzehnt.”
Das ist eine klare Aussage.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir fordern das Aus für die Kopfpauschale. Horst Seehofer fordert dasselbe. Deshalb empfehle ich meinen Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Stimmen Sie für unseren Antrag, stimmen Sie für Ihren Vorsitzenden!
Auch die SPD hätte, indem sie unserem Antrag zustimmt, die Gelegenheit, ihre Unterschriftenlisten im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen politisch zu flankieren.
In einem zweiten Antrag fordern wir die Einführung einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Wir skizzieren sie in unserem Antrag auch: Wir wollen, dass alle in Deutschland lebenden Menschen entsprechend ihrem Einkommen unter Berücksichtigung aller Einkommensarten zur Finanzierung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen. Wir wollen, dass die Chefärztin einen höheren Krankenversicherungsbeitrag zahlt als der Krankenpfleger. Das entspricht nicht nur unseren Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit, das entspricht dem Gerechtigkeitsempfinden der großen Mehrheit der Bevölkerung.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Einführung einer Bürgerversicherung fordern heute auch die Grünen mit einem Antrag, und auch die SPD hat ein Konzept mit gleichem Namen.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Wo ist denn das Konzept?)
Unser Konzept unterscheidet sich von den Konzepten der anderen in mehreren Punkten ich will das erläutern : Derzeit verhindert die Beitragsbemessungsgrenze, dass Einkommen von mehr als 3 750 Euro im Monat angemessen zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen werden. Im Klartext: Wir als Abgeordnete zahlen sofern wir überhaupt gesetzlich krankenversichert sind von unserer Diät im Monat gleich hohe Beiträge wie ein Angestellter, der halb so viel Einkommen hat wie wir. Das ist ungerecht. Daher fordern wir kurzfristig eine Anhebung, mittelfristig aber die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze.
(Beifall bei der LINKEN - Jens Spahn (CDU/CSU): Das geht doch gar nicht! Keine Ahnung, von nichts! Aber davon viel!)
Die SPD will das nicht. Die Grünen wollen die Beitragsbemessungsgrenze lediglich anheben; auf wie viel, verraten sie nicht.
Ein weiterer Unterschied: Wir wollen die private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen. Dieses System ist in Europa einmalig; alle anderen Staaten in Europa verzichten aus guten Gründen auf eine private Krankenversicherung in dieser Doppelrolle. Nach unserer Auffassung sollen alle medizinisch notwendigen Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Für Leistungen, die medizinisch nicht notwendig sind, etwa Einzelzimmer und Chefarztbehandlung, kann dann jeder eine private Zusatzversicherung abschließen. Das ist unsere Position.
Die Grünen wollen die privaten Krankenversicherungen auch die Bürgerversicherung anbieten lassen. Die privaten Krankenversicherungen sollen also im Wettbewerb mit den gesetzlichen Krankenversicherungen stehen. Ein Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenvollversicherung führt jedoch zu einer Behinderung der Entwicklung und der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung; denn die Logik einer privatwirtschaftlich organisierten privaten Krankenversicherung widerspricht grundsätzlich der einer solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Schon wieder Quatsch!)
Die SPD sagt zu dem Thema einer Abschaffung der privaten Krankenversicherung gar nichts. Es bleibt nebulös, auf welche Weise die Bevorzugung der Privatversicherten in den Wartezimmern aufhören soll. Ich frage Sie: Wie soll das passieren? Solange Sie die privaten Krankenversicherungen im Versorgungsgeschehen agieren lassen, funktioniert das nicht.
Es gibt nur eine saubere Lösung: Die Abschaffung der privaten Krankenversicherung als Vollversicherung wie wir, die Linke, es vorschlagen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, würde unser Konzept einer Bürgerinnen- und Bürgerversicherung realisiert, könnten die Beitragssätze auf etwa 10 Prozent 5 Prozent für die Arbeitgeber und 5 Prozent für die Versicherten gesenkt werden.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU Johannes Singhammer (CDU/CSU): Wie kommen Sie auf 10 Prozent?)
Das gehört zwar nicht zu unserer Diskussion; aber wenn man den Arbeitgeberanteil verringern möchte, dann doch bitte auf diesem Wege.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Nennen Sie Zahlen, Daten, Fakten!)
Die kommen auch bei Gelegenheit, Herr Spahn. Auf Ihre Zahlen, Daten, Fakten warten wir schon seit geraumer Zeit.
(Elke Ferner (SPD): Kollege Singhammer hat sich eben gedrückt, etwas zu sagen!)
Eben, der hat an Zahlen, Daten, Fakten gar nichts gesagt.
(Heinz Lanfermann (FDP): Die SPD drückt sich die ganze Zeit! Jens Spahn (CDU/CSU): Sie sagen auch nichts!)
Wollen Sie miteinander debattieren?
Bundesgesundheitsminister Rösler nannte das Gesundheitssystem, das wir vorschlagen, in der letzten Woche ein „unfreies System der Planwirtschaft“. Damit offenbart er nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich Nähe zu jenen US-Republikanern, die Obamas Bemühungen um eine Reform des amerikanischen Gesundheitswesens als sozialistisches Teufelswerk diffamieren. Während sich Obama gegen alle Widerstände abmüht, das amerikanische Gesundheitssystem etwas zu europäisieren, scheint es die feste Absicht der Boygroup des Bundesministeriums für Gesundheit zu sein,
(Elke Ferner (SPD): Nicht sexistisch werden! Jens Spahn (CDU/CSU): Auf der Regierungsbank sitzt doch eine Frau!)
das unsrige zu amerikanisieren. Wohin das führt, kann man in den USA bewundern. In den USA ist man so gut oder so schlecht versichert, wie man verdient bzw. wie der Arbeitgeber es will. Dieses System bringt zweifelsohne Spitzenleistungen für eine kleine Gruppe von Reichen, Leistungen unterschiedlicher Qualität für die Mittelschicht und fast keine Leistungen für die Armen, und das alles gegen Cash, gegen Geld. Geld spielt im Versorgungsgeschehen in den USA eine enorm große Rolle und entscheidet im Zweifel darüber, ob man überhaupt und in welcher Qualität eine Krankheitsversorgung erhält. Das wollen wir nicht.
(Beifall bei der LINKEN - Johannes Singhammer (CDU/CSU): Unseres ist besser!)
Gemeinsam mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen anderen werden wir dagegen einen scharfen Widerstand organisieren.
Ich komme zum Schluss. Die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen stimmen am 9. Mai 2010 nicht nur über den Landtag ab, sondern können mit ihrer Wahlentscheidung auch Kopfpauschale und Privatisierung im Gesundheitswesen blockieren.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Recht auf Rausch!)
Am besten und sichersten machen sie dies durch ein Kreuz bei den Linken.
(Ulrike Flach (FDP): Oh!)
Denn damit sorgen sie dafür, dass Schwarz-Gelb spätestens im Bundesrat bei dem Versuch scheitern wird, unser Gesundheitssystem gegen die Wand zu fahren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN - Jens Spahn (CDU/CSU): Trara! Trara!)
System der Planwirtschaft“.
Damit offenbart er nicht nur eine sprachliche, sondern wohl auch eine inhaltliche Nähe zu jenen US-Republikanern, die Obamas Reformbemühungen im amerikanischen Gesundheitswesen als „sozialistisches Teufelswerk“ diffamieren.
Während Obama sich gegen alle Widerstände abmüht, das dortige Gesundheitssystem etwas zu „europäisieren“, scheint es die feste Absicht der „Boy-Group“ des BMG zu sein, das unsrige zu „amerikanisieren“.
Wohin das führt, kann man in den USA ja bewundern:
In den USA ist man so gut oder so schlecht versichert, wie man verdient, bzw. wie der Arbeitgeber das will.
Dieses System bringt zweifelsohne Spitzenleistungen für eine kleine Gruppe von Reichen, Leistungen unterschiedlicher Qualität für die Mittelschicht und fast keine Leistungen für die Armen. Und das Alles in aller Regel gegen „Cash“ - Geld spielt im Versorgungsgeschehen eine enorm große Rolle und entscheidet im Zweifel darüber, ob man überhaupt und in welcher Qualität eine Krankheitsversorgung erhält.
Wer unser Gesundheitssystem weiter privatisieren und damit in Richtung USA entwickeln will, der ist entweder Lobbyist und will den Pharmakonzernen, Arbeitgeberverbänden und Ärzten goldene Zeiten bescheren oder ist ein Überzeugungstäter, ein ideologischer Systemveränderer, der das bestehende Gesundheitssystem, das trotz vieler Mängel auf solidarischen Grundprinzipien beruht, nachhaltig beschädigen oder zerstören will.
Gemeinsam mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und vielen anderen werden wir dagegen einen scharfen Widerstand organisieren.
Die Bürgerinnen und Bürger in NRW stimmen am 9. Mai nicht nur über den Landtag ab, sondern können mit ihrer Wahlentscheidung auch Kopfpauschale und Privatisierung im Gesundheitssystem blockieren - am besten und sichersten durch ein Kreuz bei den Linken: Denn damit sorgen Sie dafür, dass schwarz-gelb spätestens im Bundesrat bei dem Versuch scheitern wird, unser Gesundheitssystem gegen die Wand zu fahren.
Vielen Dank!