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Kein Militäreinsatz im Sudan

Rede von Monika Knoche,

Welcher Art soll die Hilfe sein, die es dem Sudan ermöglicht, maximalen Nutzen aus dem deutschen Engagement zu ziehen? Wir als Linke wollen keine deutschen Soldaten, aber viele zivile Kräfte im Sudan. Verspielen wir nicht die Gelegenheit für ziviles Tun und damit eine positive Identifikation der Bevölkerung mit deutscher Außenpolitik! Monika Knoche in der Debatte um den UNMIS- Einsatz im Sudan.

"Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Herren und Damen! Herr von Klaeden, die politische Realität nach der Bundestagswahl 2005 sieht so aus, dass die neue Linke in den Bundestag eingetreten ist und nicht die alte SED. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Eine alte Grüne ist bei den alten Linken gelandet!) Wir haben heute über die Fortsetzung der Beteiligung deutscher Streitkräfte an UNMIS zu entscheiden. Ich rufe in Erinnerung, in welchem Umfang deutsche Soldaten bereits "out of area" tätig sind: Sie sind in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo, in Afghanistan, in Usbekistan und demnächst auch im Kongo. Sämtliche Mandate sind höchst unterschiedlich. Doch die Hemmschwelle, Militär mit einem Kampfauftrag einzusetzen, sinkt von Einsatz zu Einsatz. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Eine andere als die über die Selbstverteidigung hinausgehende Militäraktion diskutiert außer uns anscheinend niemand mehr. Wir teilen nicht die Auffassung, dass die Konflikte der heutigen Zeit nur noch mit Militär gelöst werden können, zumal die Energiesicherung in nahezu allen akuten Krisengebieten, die in den Fokus unserer Wahrnehmung geraten, eine wichtige Rolle spielt. Dazu ist zu sagen: Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, dass, erstens, gerechte Verträge mit ressourcenreichen Ländern geschlossen werden, die der Bevölkerung einen Anteil am Reichtum ihres Landes garantieren, (Beifall bei der LINKEN) und dass wir, zweitens - dies ist ein zentraler Punkt -, über unsere eigene Emanzipation von fossilen Energieträgern eine Friedensdividende für die Zukunft generieren. (Beifall bei der LINKEN) Diese Chance dürfen wir nicht verspielen. Die Linke erkennt an, dass die ehemaligen Kriegsparteien im Sudan der UN-Mission im Rahmen des Friedensabkommens zugestimmt haben. Das bisherige Mandat hat erheblich dazu beigetragen, das Friedensabkommen abzusichern. Das wiegt im positiven Sinn schwer; denn es verhalf dem Peacekeeping trotz Diskriminierung des Südsudans, trotz der Konflikte in Darfur und trotz einer arabisch geprägten Regierung zum Erfolg. Obgleich dieser Einsatz auf der Grundlage von Kap. VII der UN-Charta stattfand, war es de facto ein klassischer Blauhelmeinsatz. Das festzustellen, gehört zur Redlichkeit. Das Friedensabkommen sieht ein Referendum im Jahr 2011 vor, wodurch es möglicherweise zu einer Sezession des Landes in Nord und Süd kommt. Das ist eine souveräne Angelegenheit des Sudans. Unter den Prämissen des jetzt bestehenden Mandats - wie gesagt, es wird auf der Grundlage von Kap. VII der UN-Charta ausgeübt - ist in Verbindung mit der zu erwartenden Zusammenlegung der Operationen UNMIS und AMIS fast eine "NATOMIS" entstanden, was zu erheblichen Konflikten führen kann. (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]) Es stellt sich die Frage, weshalb die AMIS nicht angemessen finanziell unterstützt wird. Außerdem stellt sich die Frage, wie belastbar die prinzipielle Zustimmung des Friedens- und Sicherheitsrates der AU ist. Bislang lehnte die sudanesische Zentralregierung die Ausdehnung der UNMIS auf Darfur nämlich ab. All diese Überlegungen prägen unsere heutige Entscheidung. Aber weisen sie deshalb zwingend auf die Entsendung von Militär hin? Unserem Parlament steht es frei, zu entscheiden, mit welchen Mitteln der Friedensprozess unterstützt werden soll. Die UN-Resolution 1590 ermöglicht zahlreiche Aufgaben. 75 deutsche Militärbeobachter sollen entsandt werden. Warum nicht 750 Zivildienstleistende? (Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie das etwa ernst? - Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 20 Osterhasen! - Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie wollen das Leben von Zivildienstleistenden gefährden! - Olaf Scholz [SPD]: Wer beschützt denn die Zivildienstleistenden?) Eine Blauhelmmission kann im Sudan bleiben und von deutschen Zivilkräften unterstützt werden. Mit dieser Auffassung mögen wir in diesem Haus eine Minderheit sein, aber nicht in der Bevölkerung. (Beifall bei der LINKEN - Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Torheit, keine Minderheit!) Eine neue Studie besagt - über sie wurde in den letzten Tagen in der "FAZ" berichtet -, dass die Bevölkerung den Verfassungsauftrag mehrheitlich nach wie vor als Verteidigungsauftrag interpretiert. Es geht uns darum, der Kultur des Friedens die Kraft der nicht militärischen Intervention und der Stabilisierung der Zivilgesellschaft zu geben. Damit muss endlich einmal begonnen werden. Das heutige Mandat ist durch eine solche Form von zivilgesellschaftlichem solche Form von zivilgesellschaftlichem Engagement ersetzbar. (Beifall bei der LINKEN) Deshalb fragen wir heute: Welcher Art soll die Hilfe sein, die es dem Sudan ermöglicht, maximalen Nutzen aus dem deutschen Engagement zu ziehen? Wir als Linke wollen keine deutschen Soldaten, aber viele zivile Kräfte im Sudan. Verspielen wir nicht die Gelegenheit für ziviles Tun und damit eine positive Identifikation der Bevölkerung mit deutscher Außenpolitik! Weil wir das bejahen, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Danke. (Anhaltender Beifall bei der LINKEN)"