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Kein Krieg in Syrien!

Rede von Inge Höger,

Inge Högers Rede zum Antikriegstag (1.9.), schon am 30. August 2013 in Bremen gehalten

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

„Nie wieder Faschismus  - Nie wieder Krieg!“ ist der Schwur von Buchenwald und der Schwur vieler Menschen in Deutschland nach dem Ende des zweiten Weltkrieges.
Der zweite  Weltkrieg begann am 1. Sept. 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen. Diesem Überfall ging eine Lüge der Faschisten über einen angeblichen Angriff polnischer Widerstandskämpfer auf den Sender Gleiwitz voraus. Dieser Krieg brach nicht einfach aus und er wurde auch nicht über Nacht von den Faschisten angezettelt. Er war lange geplant und sollte der deutschen Wirtschaft nach der Niederlage im ersten Weltkrieg wieder Macht und Raum und den Zugang  zu den Öl- und Gasresourcen auf dem Balken und in Zentralasien sichern. Die Faschisten waren mit Hilfe und Unterstützung der IG-Farben, der Rüstungsindustrie und der Deutschen Bank an die Macht gekommen.
Über 65 Millionen Tote forderte dieser Krieg. Im 2. Weltkrieg kamen mehr Zivilisten um als Soldaten bei Kampfhandlungen. Am stärksten betroffen war die Sowjetunion mit knapp 30 Mio. getöteten Menschen, darunter 13,6 Mio. Soldatinnen und Soldaten. Über drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene starben in deutschen Sammellagern. Allein sechs Millionen Juden, Sinti und Roma wurden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern systematisch vernichtet.
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, ist die Lehre aus den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Der 1. Sept. wird als Antikriegstag zur Mahnung und zum Gedenken an die Opfer der Kriege in aller Welt begangen.
Trotz des Wunsches der Mehrheit der Menschheit nach einer friedlichen Entwicklung erleben wir in den letzten Jahren eine Zunahme von Kriegen und Militärinterventionen. Und häufig werden sie wie beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen mit einer Lüge begründet.
Obwohl von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen sollte, beschloss eine Rot-Grüne Bundesregierung 1999 die Teilnahme am völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien. Als Begründung mußten Lügen über Massaker und angebliche Konzentrationslager in Serbien  herhalten. Ausgerechnet der grüne Außenminister Fischer begründete den Krieg mit einer neuen Interpretation von „Nie wieder Krieg und nie wieder Ausschwitz!“.  Detuschland hat sich am Bombenkrieg gegen Jugoslawien beteiligt und Deutsche Truppen sind immer noch im Kosovo stationiert.  Jugoslawien existiert nicht mehr.
Auch der Krieg gegen den Irak begann im März 2003 mit Lügen. Die USA bezichtigten den Irak unerlaubter Waffenprogramme. Der damalige US-Außenminster Powell präsentierte gar Zeichnungen von Massenvernichtungswaffen vor dem UN-Sicherheitsrat. Das war die Begründung für den Einmarsch der sog. „Koalition der Willigen“.
Gerade beim Krieg gegen den Irak lagen die Kriegsgründe für viele Menschen auf der Hand. „Kein Blut für Öl“ forderten Demonstrant-innen weltweit. Deutschland beteiligte sich aufgrund einer großen Antikriegskoalition und  -demonstration nicht an diesem Krieg. SPD und Grüne  gewannen damit die Bundestagswahlen. In Wirklichkeit hat die damalige Bundesregierung von Anfang an mit Spionagedaten aus Bagdad und der Unterstützung der US-Basen in Deutschland diesen Krieg unterstützt. Ohne die Überflugrechte über Deutschland und die Nutzung der Militärbasen in Deutschland hätten die USA diesen Krieg nicht führen können. Dieser Krieg kostete nach neuesten Studien mindestens 190.000 Menschen das Leben. Andere Schätzungen gehen von mehr als 600.000 Opfern aus. Gekostet hat dieser Krieg die USA rund 2,2 Billionen Dollar. Das Kriegsziel Zugang zu den großen Ölvorkommen im Irak haben die USA nicht erreicht. Aber der Ölpreis stieg in nie geahnte Höhe. Der Irak ist destabilisiert.  
Der Krieg gegen Afghanistan wurde damit begründet, dass der Anschlag auf das Word-Trade Center in New York seinen Ausgang in Afghanistan habe. Auch dafür gibt es keine Beweise. Ganz im Gegenteil weisen die Spuren eher in andere Länder. Die damalige Taliban-Regierung war sogar bereit, Bin Laden auszuliefern. Auch hier ging es den USA um geostrategische Interessen in der Region.  Der Anschlag vom 11. Sept. 2001 war ein willkommener Vorwand für den lange geplanten Krieg. Gang abgesehen davon, dass George Bush am liebsten gleich in den Irak einmarschiert wäre. Aber da konnte nun doch keine Spur gelegt werden. Die USA machten von dem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch.  Auch diese Begründung war und ist sehr konstruiert. Der Krieg dauert nun schon 12 Jahre. Länger als der zweite Weltkrieg und ein Ende ist nach wie vor nicht in Sicht. Auch wenn inzwischen alle beteiligten NATO-Staaten vom Abzug reden, der Krieg ist nicht zu Ende. Aber klar ist, dass auch hier die Kriegsziele der USA und der NATO nicht erreicht wurden. Weder die vorgeschobenen Menschenrechte noch die geostrategischen Ziele.
Trotzdem werden weitere Kriege um Öl und Ressourcen mit den unterschiedlichsten Begründungen geführt.
In Libyen wurde angeblich ein Volksaufstand gegen Gaddafi untersützt. Vorher hatten alle westlichen Regierungshefs hervorragend mit ihm zusammen gearbeitet. In Wirklichkeit ging es auch hier um den ungehinderten Zugang zu Öl und Uran. Gaddafi war insbesondere den großen Ölabnehmerstaaten in Europa zunehmend unberechenbar geworden. Und er wollte mehr Geld fürs Öl. So wurde mal eben ein Regimechange durch Bomben Frankreichs, Großbritanniens und der NATO herbeigeführt. Dieser Krieg hat zu einer Destabilisierung der gesamten Region geführt. Bewaffente Rebellengruppen und Waffen aus Libyen finden sich inzwischen sowohl in Mali als auch in Syrien und tragen zur Verschärfung der Konflikte in Nordafrika und im Nahen und Mittleren Osten bei.
In Mali kam es zum nächsten Einsatz vor allem Frankreichs, dass sich den Zugang zu den Uranvorkommen sicherte. Deutschand unterstützte diesen Krieg durch die Luftbetankung von Kriegsflugzeugen und inzwischen sind deutsche Soldaten auch in Mali stationiert.
Aktuell scheint eine Intervention der USA, Frankreichs und Großbritannien in Syrien zum Greifen nahe. Wieder wird mit Lügen über die Verantwortung für einen angeblichen Giftgaseinsatz durch das Regime von Assad gearbeitet. Dabei sollten doch die Erfahrungen mit den Anschuldigungen im Vorfeld des Irak-Krieges zu größter Vorsicht mahnen, wenn es um Anschuldigungen im Zusammenhang mit A-, B-, oder C-Waffen geht. Es gibt Vorwürfe über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. Beide Bürgerkriegsparteien bezichtigen sich gegenseitig, Giftgas eingesetzt zu haben.
UN-Inspektor-innen sind bereits im Land. Nun sollte man die Untersuchungen auch abwarten. Aber scheinbar wissen die USA und Großbritannien bereits jetzt eindeutig, dass das Assad-Regime Giftgas gegen die eigene Bevölkerung zum Einsatz brachte. Es gibt scheinbar Kräfte, die eine Intervention der USA und der NATO wollen und auf eine Eskalation des Konfliktes drängen. Die USA haben schon mal ihre Kriegsschiffe ins Mittelmeer geschickt und vorsorglich die Nutzung zweier Stützpunkte in Südgriechenland und auf Kreta beantragt. Medien berichten immer wieder von einer Aktion der USA von begrenztem Umfang und begrenzter Dauer. Ausgeführt werden soll sie mit Marschflugkörpern, die von den Kriegsschiffen abgefeuert werden. Angeblich soll das Assad-Regime nur bestraft werden, ohne einen Regierungswechsel herbei zu führen, heißt es. Von chirugischen Angriffen war auch zu Beginn des Irak-Krieges die Rede. Daraus wurde ein jahrelanger Krieg mit vielen Opfern insbesondere unter der Zivilbevölkerung. Krieg löst keine Probleme, sondern führt zu Tod und Zerstörung!
Nachdem zu befürchten war, dass Großbritannien und die USA bereits in dieser Woche zuschlagen werden, hat scheinbar noch mal ein Nachdenken begonnen.  Die Menschen wollen keinen Krieg und haben weltweit und auch in Großbritannien gegen ein Eingreifen in Syrien protestiert.  Auch die Opposition und Teile der Regierung in GB waren gerade auch aufgrund der Erfahrungen nach der Kriegskoalition der USA und Großbritannien im Irak gegen ein Eingreifen in Syrien.
Russland und China haben immer im Weltsicherheitsrat immer wieder eine Resolution für einen Krieg in Syrien verhindert. Nun wollen die Regierungen in den USA und Großbritannien ihre Pläne verschieben. Angeblich will nun kein NATO-Land einen neuen Krieg beginnen, dessen Ausgang ungewiss ist. Niemand kann voraussagen, welche Gruppen durch eine Intervention in Syrien gestärkt würden.
Die Menschen in Syrien haben in den letzten zwei Jahren erleben müssen, wie ihr friedlicher Kampf für mehr Demokratie und eine Ablösung des Assad-Regimes von auswärtigen Gruppen missbraucht wurde. Seit 2 ½ Jahren gehen viele Menschen gegen das Assad-Regime auf die Straßen. Das Assad-Regime versuchte, den Aufstand mit militärischer Gewalt niederzuschlagen. Dies gab  bewaffneten Gruppen den Vorwand zum militärischen Eingreifen. Staaten wie die Türkei, Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar bewaffneten religiöse Gruppen und griffen so in den Konflikt ein. Diese Staaten werden von den USA und auch von Deutschland mit Waffen beliefert. Die westlichen Industrienationen haben ein starkes Interesse an einer Ablösung einer Regierung, die nicht mit ihnen zusammen arbeitet.  Sie wollen in Syrien und auch im Iran einen Regierungswechsel und den endgültigen Zugriff auf die letzten Energieressourcen in der Region.
In Syrien gibt es lokale Komitees, die den friedlichen Widerstand organisieren und die nach Ausbruch des Bürgerkrieges versuchen, das Leben in den Kriegsgebieten zu organisieren. In den westlichen Medien kommen sie nicht vor und sie werden von niemandem unterstützt. An einer selbstorganisierten Gesellschaft vor Ort sind die Industrienationen nicht interessiert. Zunehmend werden die Menschen in dem Bürgerkrieg zwischen Assads Militär und fundamentalistischen Gruppen eingeklemmt.
Obwohl keineswegs klar ist, wer die Chemiewaffen in Syrien eingesetzt hat, nutzen die Kriegstreiber in den NATO-Staaten nun die Chance, die sich ihnen bietet. Schon fabulieren grüne Politiker von „Kindern, die vergast werden“, schon geht das Gerede von der Verantwortung Deutschlands und den Bündnisverpflichtungen wieder los! Wir kennen dieses zynische Spiel, in dem Kriegsverbrechen nicht als Motivation für humanitäre Hilfe oder die Aufnahme von Flüchtlingen wahrgenommen werden .Sie dienen als Startschuss für ein militärisches Eingreifen, für das Bomben von oben.
Deutschland ist bereits vor Ort vertreten: In der Türkei stehen 200 Bundeswehrsoldaten und Batterien Patriot-Raketen, um den Luftraum abzusichern. Der NATO-Partner Türkei ist tief in den Konflikt verstrickt und unterstützt religöse Kämpfer gegen das Assad-Regime. Die Türkische Regierung hat von Anfang an einseitig Partei ergriffen in diesem Konflikt. Die Bevölkerung in der Türkei hat von Anfang gegen eine Kriegsbeteiligung in Syrien demonstriert. Vor der Küste des Libanon ist Deutschland an der UNIFIL-Mission beteiligt. Bombardierungen vor Ort werden in der ganzen Region Reaktionen auslösen. Und ein Flächenbrand im Nahen und Mittleren Osten ist voraussehbar.
Deshalb ist dringend eine unabhängige Untersuchung der Giftgasvorwürfe notwendig. Eine Militärintervention in Syrien lehnen wir entschieden ab. Deutschland soll seine Soldatinnen und Soldaten und die Patriot-Raketen aus der Grenzregion der Türkei nach Syrien abziehen.  Und endlich den Flüchtlingen in den benachbarten Ländern helfen und auch mehr Flüchtlinge aufnehmen. Wir protestieren gegen alle Kriegsvorbereitungen und fordern einen sofortigen Stopp von deutschen Waffenexporten in die Region.
Es kann nur eine diplomatische Lösung des Konfliktes in Syrien geben. Dafür muss endlich eine Friedenskonferenz einberufen werden. Ein erster Schritt dahin ist ein Waffenstillstand.

Kein Krieg in Syrien! Sofortiger Waffenstillstand!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!