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Katrin Werner: Elterngeldreform - Regierung wird Problemen nicht gerecht

Rede von Katrin Werner,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten abschließend über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Ja, der Bezug von Elterngeld soll etwas flexibler werden, die Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit werden ein wenig besser, und es soll einfacher werden, den Partnerschaftsbonus zu erhalten. Auch werden Eltern von frühgeborenen Kindern besser unterstützt. Nach großer Kritik in der Anhörung hat die Große Koalition sich sogar zu einer besseren Frühgeburtenregelung durchringen können.

Das sind alles Schritte in die richtige Richtung. Aber, Frau Giffey, auch wenn Sie von einer Reform sprechen, sagen wir: Es ist wieder nur ein Reförmchen. Was ist mit der besseren Unterstützung von ärmeren Familien? Wo sind die mutigen Schritte hin zu mehr Partnerschaftlichkeit? Jahrelang wurden die großen Probleme vieler Familien liegen gelassen. Und wir finden: Die Baustellen sind in den letzten Jahren größer geworden. Ich will einfach einmal in dem Bild bleiben: Jeder weiß, dass man auf großen Baustellen große Bagger braucht, um schnell voranzukommen. Frau Giffey, manchmal hat man das Gefühl, Sie sitzen mit Ihrem Schäufelchen im Sandkasten. So werden wir nie fertig, so kommen wir nicht schnell voran.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir alle wissen: Die Coronakrise hat zu einer enormen Mehrbelastung von Familien geführt. Es hat sich gezeigt, dass die traditionelle Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen zementiert wurde. Immer noch übernehmen vorwiegend Frauen die Haus-, Sorge-, und Erziehungsarbeit; jetzt kommt Homeschooling dazu. Selbst Sie, Frau Giffey, haben am Mittwoch in der Regierungsbefragung darauf hingewiesen. Und es ist jetzt an der Zeit, Maßnahmen für eine gerechtere Aufteilung der Sorgearbeit in Familien zu fördern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert zwölf Monate Elterngeld pro Elternteil, und das nicht übertragbar, für Alleinerziehende 24 Monate.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist jetzt die Zeit für mehr Partnerschaftlichkeit.

Eine weitere Baustelle beim Elterngeld liegt vollkommen brach: Die bessere Unterstützung von ärmeren Familien zieht die Bundesregierung nicht einmal in Betracht. 2007 wurde das Elterngeld eingeführt. Seit 14 Jahren liegt der Mindestbetrag bei 300 Euro – keine Steigerung. Die Linke sagt: Das muss sich ändern, und zwar jetzt; er muss auf mindestens 400 Euro angehoben werden und sollte jährlich steigen, so wie auch die Verbraucherpreise steigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei Menschen in Hartz IV wird das Elterngeld sogar angerechnet. Sie gehen also komplett leer aus. Die Familien, die es am dringendsten benötigen, werden wieder ausgeschlossen. Und da sagen wir: Das darf nicht sein. Solange wir keine Kindergrundsicherung haben, muss die Anrechnung von Elterngeld auf Hartz IV abgeschafft werden.

Es ist jetzt Zeit für einen sozialen Aufbruch. Benachteiligte müssen stärker in den Blick genommen werden, und Solidarität muss stark gemacht werden. Ich sage wie beim letzten Mal: Wenn nicht jetzt, wann dann?

(Beifall bei der LINKEN)

Stimmen Sie unseren Anträgen zu! Das wäre ein guter Anfang.

(Beifall bei der LINKEN)