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Katrin Werner: Adoptionspraxis verbessern, aber Regenbogenfamilien nicht diskriminieren

Rede von Katrin Werner,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute abschließend über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Adoptionshilfe. Der Entwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Adoptionspraxis an neuen Familienbildern und stärker an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten. Einen Rechtsanspruch aller Beteiligten auf eine fachliche Begleitung, die Förderung eines offenen Umgangs und eines Informationsaustausches zwischen Herkunfts- und Adoptionsfamilie sowie das Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen sind wichtige Punkte.

Eins ist aber jetzt schon klar: Auf die Adoptionsvermittlungsstellen kommt mehr Arbeit zu. – Aber wissen Sie, genau da ist der erste Haken. Wir wissen aus der Studie des Deutschen Jugendinstitutes, dass schon jetzt die Hälfte der Stellen nicht mal die gesetzliche Vorgabe von mindestens zwei Vollzeitfachkräften erfüllen kann. In Ihrem Gesetz fehlt der Ansatz, wie Sie das mit mehr Personal und entsprechenden Geldern abdecken wollen. Steuern Sie doch mal von Anfang an dagegen! Sonst geht es am Ende wieder zulasten von Kindern, von Eltern und von Beschäftigten.

An vielen Stellen ist das Gesetz einfach nicht mutig genug. Etliche Vorschläge von Sachverständigen sind einfach unter den Tisch gefallen. Damit könnte eine viel stärkere Orientierung an Kinderrechten erreicht werden. Die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle brächte zumindest eine Verbesserung auch für Familien und Kinder. In unserem Entschließungsantrag haben wir die Vorschläge aufgegriffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie mich auf einen Punkt besonders eingehen. Bei der häufigsten Adoptionsform, der Stiefkindadoption, soll es künftig eine Beratungspflicht der Eltern des Kindes, des annehmenden Elternteils und des Kindes geben – völlig richtig, auch aus Sicht des Kindes. Bis hierhin ist alles okay. Mit der Einführung einer Beratungspflicht bei Stiefkindadoption wird aber ein schwerwiegendes Problem geschaffen. Die Diskriminierung von lesbischen, bisexuellen Frauenpaaren wird durch diese neue Regel verschärft. Bekommen verheiratete oder unverheiratete Frauenpaare ein Kind, gilt nur die gebärende Mutter automatisch als rechtliche Mutter. Die Co-Mutter muss das aufwendige und langwierige Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen. Diese rechtliche Diskriminierung wurde eben nach der Einführung der Ehe für alle nicht abgeschafft.

(Zuruf von der AfD: Die war ja auch schon Mist!)

Mit dem neuen Gesetz wird dadurch eine weitere Hürde für Frauenpaare eingezogen. Wir haben als Linke einen Änderungsantrag eingebracht – genauso wie die Grünen –, um genau diese Diskriminierung zu verhindern. Und – das wurde auch schon angesprochen – gestern haben die Große Koalition und die AfD im Familienausschuss beide Anträge abgelehnt. Wissen Sie, die rechtliche Diskriminierung von Regenbogenfamilien gehört jetzt endlich abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dazu muss, Frau Giffey, die Beratungspflicht für Frauenpaare aus dem vorliegenden Gesetz gestrichen werden, und auch das Abstammungsrecht muss endlich angepasst werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch mal sagen: Stimmen Sie diesen Änderungsanträgen zu!

Zusammengefasst – ganz einfach –: Das Gesetz geht, ehrlich gesagt, nicht weit genug. Es vernachlässigt völlig die zusätzlichen Kosten und – ganz wichtig – verschärft die Diskriminierung der betroffenen Frauen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Daniel Föst [FDP])