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Jugendfreiwilligendienste: Engagierte Jugendliche müssen besser unterstützt und geschützt werden

Rede von Elke Reinke,

Sehr geehrter Herr/Frau Präsident/in, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

Ziel des Gesetzes zur Förderung der Jugendfreiwilligendienste soll es sein, die Rahmenbedingungen für Freiwilligendienste in Deutschland zu verbessern und diese attraktiver zu machen.

Leider erreicht der Entwurf das Ziel nicht ganz, sondern es wurde auf halber Strecke stehen geblieben.

Freiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements mit Bildungs-Charakter. Sie leisten durch die Förderung „informellen Lernens durch praktische Tätigkeit“ einen bedeutenden Beitrag zum lebenslangen Lernen.
Auch erlangen die Freiwilligen hier wichtige persönliche, soziale und (inter)kulturelle Fähigkeiten.

Alles in allem sollen noch mehr junge Menschen für diese Form des bürgerschaftlichen Engagements gewonnen und begeistert werden.

Ganz besonders wichtig ist es daher, Rücksicht auf die verschiedenen Lebenssituationen und Lebensentwürfe von Jugendlichen zu nehmen.

Das Motto muss lauten: Jugendliche unterstützen und schützen!

Dem wird jedoch nicht durchgängig Rechnung getragen.

Auf 3 besonders kritische Bereiche möchte ich eingehen:

Das Gesetz regelt in Paragraf 2 nur die maximale Höhe des Taschengeldes.

Falls nicht zugleich eine Untergrenze gebildet wird, sieht DIE LINKE die Gefahr der Ausgrenzung:
Bei einem niedrigen Taschengeld können möglicherweise nur finanziell besser gestellte Jugendliche an Freiwilligendiensten teilnehmen. Wir sollten aber den Zugang für alle interessierten Jugendlichen sicherstellen.

Der zweite Punkt, der bei uns LINKEN Unbehagen hervorruft:

Ich zitiere aus den Erläuterungen zu Paragraf 10:

„Die Vorschrift stellt klar, dass das Teilnahmeverhältnis im freiwilligen sozialen Dienst oder im freiwilligen ökologischen Dienst kein Arbeitsverhältnis im engeren Sinne ist, einem solchen hinsichtlich der Schutzrechte aber gleichgestellt werden soll. Gemeint ist der Arbeitnehmerschutz, d.h. es geht um die Bestimmungen, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor den Gefahren des Arbeitslebens schützen sollen.“

Dass die gängigen Arbeitsschutzbestimmungen und das Bundesurlaubsgesetz angewendet werden, sollte schon eine Selbstverständlichkeit sein.

Es wird hier allerdings nicht klar definiert, um welches Arbeitsverhältnis es sich denn überhaupt handelt. Sind die Jugendlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Arbeitskräfte oder ganz was anderes? Wie sehen ihre genauen Rechte und Pflichten aus?

Die Passage „kein Arbeitsverhältnis im engeren Sinne“ betrachten wir daher als mögliches Einfallstor, um Mitbestimmungsrechte der Jugendlichen und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates (nach dem Betriebsverfassungsgesetz) zu beschneiden.

Wenn man sich des Weiteren den arbeitsrechtlichen Teil des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) anschaut, stößt man auf folgendes Problem:
Im vorliegenden Gesetzentwurf bleibt unklar, ob die Freiwilligen in den persönlichen Anwendungsbereich des Paragrafen 6 AGG, der vor Diskriminierungen im Arbeitsverhältnis schützen soll, einbezogen werden.

Dürfen die Freiwilligen nun den Schutz des AGG genießen oder nicht?

Abschließend komme ich noch zu einem Punkt, den die anderen Fraktionen nicht mehr hören wollen. Und dies obwohl - oder gerade weil ? - er wichtig ist:

DIE LINKE warnt davor, die Jugendfreiwilligendienste - wie jede andere Form des bürgerschaftlichen Engagements - zum Abbau sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze zu missbrauchen.

Prekarisierung und Verdrängung regulärer Beschäftigung dürfen nicht gefördert werden! Die maximale Dauer des Dienstes zu erhöhen, öffnet dafür jedenfalls etwas die Tür.

Auch wenn es immer wieder standhaft geleugnet wird, ist die angesprochene Verdrängung in vielen Bereichen, beispielsweise in der Pflege und in der Kinderbetreuung, bereits zu beobachten.
Verschließen Sie Ihre Augen nicht länger davor!

Bei vielen lobenswerten Fortschritten sind in dem Gesetzentwurf noch einige Makel zu beseitigen. DIE LINKE geht davon aus, dass die Anhörung am 12. November unsere Befürchtungen bestätigen wird.

Eines muss man sich aber noch mal ganz deutlich ins Gedächtnis rufen:

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, fordert DIE LINKE die Abschaffung der Wehrpflicht. Damit fiele dann auch der Zivildienst weg.
Nur ein attraktiver und ausreichend finanzierter Jugendfreiwilligendienst kann die entstehende Lücke schließen. Daran möchten wir mit Nachdruck arbeiten!

Vielen Dank!