Zum Hauptinhalt springen

Jörg Cezanne: Corona- und Klimakrise ohne faire Besteuerung für Reiche nicht zu lösen

Rede von Jörg Cezanne,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 100 Milliarden Euro – um 100 Milliarden Euro sind die Vermögen der 136 Vermögensmilliardäre in Deutschland im vergangenen Jahr angestiegen. Die Wirtschaftsleistung – das muss man sich wirklich mal zu Gemüte führen – ist um 170 Milliarden Euro zurückgegangen. Zehntausende Minijobber und Leiharbeiter haben ihre Arbeit verloren. Millionen mussten durch Kurzarbeit Lohneinbußen in Kauf nehmen. Aber die Zahl der Superreichen ist größer geworden, und sie sind noch reicher geworden. Eine hohe einmalige Vermögensabgabe und eine dauerhafte Vermögensbesteuerung sind deshalb geeignet, Krisengewinne für den sozialen Ausgleich zu mobilisieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich hat niemand etwas dagegen, dass jemand wohlhabend ist; Herr Dürr, das ist doch, bitte schön, blöder Quatsch.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber wenn die ärmere Hälfte der Bevölkerung gar kein Nettovermögen besitzt und wenn die 10 Prozent der Reichsten über zwei Drittel des Gesamtvermögens verfügen, dann stimmt da politisch etwas nicht.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Allerdings!)

Wer da politisch nichts unternimmt, hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts am Hut.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese enorme Konzentration von Reichtum ist auch wirtschaftspolitisch falsch und gefährlich. Extreme Vermögen führen zu Spekulationsblasen am Finanzmarkt und zu Mietenexplosionen am Wohnungsmarkt. Auch das muss verhindert werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und es geht nicht darum, von irgendwelchen Mittelständlern Geld einzunehmen; das ist doch eine absurde Behauptung. Ich bitte Sie: Lidl oder BMW kann man gerne als Familienunternehmen bezeichnen; aber mit Mittelstand im klassischen Sinne hat das nichts zu tun, und das wissen Sie auch, Herr Dürr.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist das!)

Ohne erhebliche zusätzliche Staatseinnahmen wird es keine Lösung der Klimakrise geben. Um Deutschland, wie erforderlich, bis 2035 oder wenigstens, wie jetzt die Bundesregierung überlegt, bis in die 2040er-Jahre klimaneutral zu machen, ist eine sozial-ökologische Investitionsoffensive in erheblichem Ausmaß notwendig. Und diese Investitionen müssen, weil es dafür noch keine ausreichend funktionierenden Märkte gibt, überwiegend vom Staat kommen oder zumindest von ihm gefördert werden. Das geht aber nur mit erheblich höheren Einnahmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Union, liebe FDP, Sie wollen die Reichen nicht belasten, Sie wollen die Aufnahme von Krediten für Zukunftsinvestitionen verhindern, und das vor dem Hintergrund von durch die Pandemie und die Krise gesunkener Staats- und Steuereinnahmen. Sagen Sie doch einfach, dass Sie die Klimakrise gar nicht bekämpfen wollen! Sagen Sie doch einfach, dass Sie die Armut so belassen wollen, wie sie jetzt ist! Dann wären Sie ehrlich vor der Wahl. Aber so weit wollen Sie dann doch nicht gehen.

(Beifall bei der LINKEN)