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Investieren Sie in öffentliche Kindertagesbetreuung!

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Miriam, ich bin richtig stolz. Ich sage das einmal so.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir kennen uns aus der Kinderkommission. Ich bin sehr froh, dass du dich heute so geäußert hast, dass du zu deiner Meinung stehst und dir nicht reinreden lässt. Ich hoffe, dass ganz viele deiner Kolleginnen und Kollegen deinem Beispiel folgen werden.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Wahlfreiheit ist schon einiges gesagt worden. Ich will diesen Punkt nur kurz aufgreifen: Herr Geis, auch Sie sollten sich die Zahlen wirklich noch einmal konkret anschauen. Sie wissen: Es stehen längst nicht genügend Kitaplätze zur Verfügung. Auch fehlt es an gut ausgebildetem Personal und guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Das heißt: Wer tatsächlich Wahlfreiheit herstellen will, muss in den Ausbau der Kindertagesbetreuung und der Angebote investieren, weil die Eltern erst dann eine Wahl haben. Beim Ausbau der Kindertagesbetreuung wäre das Geld wirklich gut eingesetzt.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich auf das Thema „Anerkennung der Betreuungsleistung der Eltern“ konzentrieren. Als zweifache Mutter möchte ich es noch einmal sagen: Auch erwerbstätige Eltern erbringen Betreuungs- und Erziehungsleistungen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch ihnen gebührt Anerkennung. Erziehende und betreuende Eltern, die erwerbstätig sind und ihr Kind in die Kita bringen, erhalten die Kitabetreuung nicht als Geschenk, sondern sie bezahlen Kitagebühren. Sie würden doppelt bestraft: Sie müssten Kitagebühren bezahlen und könnten kein Betreuungsgeld bekommen. Andere bekämen die Anerkennung und müssten keine Kitagebühren bezahlen. Das fände ich sehr ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte den Fokus auf die Alleinerziehenden richten. Von einem Vertreter der Unionsfraktion ist hier eben gesagt worden, es gehe Ihnen nicht um die Arbeitskraft der Frauen, es gehe Ihnen um die Kinder. Dazu sage ich: Wenn es wirklich so ist, sollten Sie sich eine Studie anschauen, die Ministerin Schröder heute in Berlin vorgestellt hat. Das ist eine Studie des Bundesfamilienministeriums, des Deutschen Roten Kreuzes und des Instituts der deutschen Wirtschaft, das der Linken nicht wirklich nahesteht. Nach dieser Studie könnten fast doppelt so viele Kinder von Alleinerziehenden ein Gymnasium besuchen, wenn sie im Alter von ein bis zwölf Jahren ganztägig betreut würden. Das würde ihre Bildungschancen verbessern. Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Steigern Sie die Bildungschancen von diesen Kindern!

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Investieren Sie in öffentliche Kindertagesbetreuung! Schaffen Sie eine qualitativ gute Betreuung der Kinder! Damit leisten Sie etwas für die Kinder. Sparen Sie sich das Betreuungsgeld!

In diesem Zusammenhang ein kleiner Ausflug zu einem anderen Thema: 11 000 Verkäuferinnen und Verkäufer des Schlecker-Unternehmens sind verunsichert; zum Großteil sind es Verkäuferinnen. Ich finde es wirklich krass, dass Sie es nicht fertigbekommen, 75 Millionen Euro für eine Transfergesellschaft für Schlecker-Verkäuferinnen zusammenzubekommen,

(Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Was hat das mit dem Thema zu tun?)

aber 1,2 Milliarden Euro für diesen familien- und frauenpolitischen Schwachsinn ausgeben wollen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird vor dem Betreuungsgeld gewarnt. Umfragen und Studien zeigen, dass es Mitnahmeeffekte geben wird, dass auch Familien dieses Betreuungsgeld in Anspruch nehmen werden, die es eigentlich überhaupt nicht brauchen, die sowieso nie vorhatten, ihr Kind in eine Kita zu geben, die das Betreuungsgeld als zusätzliches Taschengeld abgreifen. Im Übrigen werden das genau dieselben sein, die vom Ehegattensplitting profitieren. Für diese Gruppe ist das Betreuungsgeld ja eigentlich auch gedacht.
Das Betreuungsgeld würde erwerbstätige Elternpaare und Alleinerziehende zugunsten von Einverdienerehen benachteiligen. Deshalb lehnen wir es ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss noch ein Wort zu der Formulierung im Koalitionsvertrag, nach der es um die Förderung und die Bildung gehen soll. In § 16 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes steht, dass es Angebote der Familienbildung geben soll. Dem können viele Kommunen nicht mehr so nachkommen, wie sie es wollen, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Dieser Paragraf ist zur Sparbüchse geworden. Deshalb ist es kein Ausweg, in Taschengeld zu investieren. Vielmehr müssen wir den Kommunen ihren finanziellen Spielraum zurückgeben. Ich fordere Sie auf: Verzichten Sie auf dieses milliardenteure Wahlgeschenk in 2013! Investieren Sie in Bildung, in Betreuung und in die Kommunen!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)