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Interkommunale Zusammenarbeit fördern

Rede von Herbert Schui,

Dr. Herbert Schui (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke unterstützt den Antrag der Grünen, die interkommunale Zusammenarbeit zu sichern. Dies ist umso wichtiger geworden, weil die Bundesregierung beim Vergaberecht den Schwanz vor dem BDI eingezogen hat. Nach einer beispiellosen Intervention der Industrie hat die Koalition auch noch die letzte fortschrittliche Regelung in ihrer Vergabe-rechtsnovelle, die zur interkommunalen Zusam-menarbeit, aus dem Gesetz gestrichen. Die Folge ist, dass insbesondere in dem für die Kommunen wichtigen Zukunftsthema der interkommunalen Kooperation eine weitgehende Ausschreibungspflicht beibehalten wird. Das heißt, obwohl beide Kom-munen eine Aufgabe öffentlich wahrnehmen wollen, werden sie in vielen Fällen zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben gezwungen.
Ob eine Kommune sich entscheidet, den Winterdienst zusammen mit der Nachbargemeinde erledigen zu lassen oder an Private zu vergeben - das ist eine Frage der Demokratie, das ist eine Frage, die der Stadtrat zu entscheiden hat und nicht die vom BDI bezahlten Juristen. Und dabei muss es unerheblich sein, ob dies eine Kommune alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen erledigt. Wohlgemerkt geht es uns dabei um regionale Zusammenarbeit und um regionale Wirtschaftskreisläufe. Es geht um die Zusammen-arbeit mit Nachbarkommunen oder innerhalb einer Region auch über die Grenzen von Bundesländern oder Staaten hinweg. Interkommunale Zusammenarbeit darf nicht dazu führen, die Kommu-nen miteinander in den bundesweiten Wettbewerb zu treiben. Wenn eine Kommune am einen Ende der Republik sich die Versorgung der Menschen in einer Kommune am anderen Ende oder gar im Ausland unter den Nagel reißt, würde sie sich von ihrer Aufgabe, der Sicherstellung von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger im eigenen Gebiet zu weit weg entfernen. In solchen Fällen agieren die Kommunen nicht anders als Private und haben dafür keinen besonderen Schutz verdient. Anders gesagt: Wenn die Stadtwerke München mit der Gemeinde Sauer-lach kooperieren, um ein geothermisches Kraftwerk zu errichten, so macht das Sinn, eine europaweite Ausschreibung wäre hier irrwitzig. Wenn die Mannheimer Stadtwerke die Köthener Stadtwerke aufkaufen, spielen sie nur das Spiel der großen EVU mit.
Interkommunale Zusammenarbeit nimmt angesichts der prekären finanziellen Situation von Kommunen einen immer größeren Stellenwert ein. Insbesondere für kleinere und strukturschwächere Gemeinden ist die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen ein wichtiges Mittel, ihre Selbstständig-keit und Handlungsfähigkeit zu erhalten. Wer diese Zusammenarbeit jedoch als reines Instrument von Rationalisierung versteht, greift zu kurz. Dann erreicht er keine Verbesserung der öffentlichen Leistungen. Im Gegenteil, die Wege der Bürgerinnen und Bürger zu den Einrichtungen ihrer Gemeinde werden immer länger und umständlicher.
Uns muss es darum gehen, im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge, der Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur und des Ausbaus sozialer und kultureller Angebote die Kommunen in die Lage zu versetzen, durch Zusammenarbeit mit ihren Nachbarkommunen Synergieeffekte im Sinne der Bevölkerung zu nutzen. In vielen Regionen gibt es hierzu bereits langjährige Erfahrungen; man denke nur an den öffentlichen Personennahverkehr.
Es wird jedoch auch immer Bereiche geben, in denen kommunale Kooperation schwierig ist, ins-besondere dort, wo die Kommunen miteinander im Wettbewerb stehen, bei der Einwohnerzahl und bei der Gewerbeansiedlung. Zumindest bei letzterem würde der Vorschlag der Grünen, im Falle gemein-samer grenzüberschreitender Gewerbegebiete einen Verteilungsmodus für die Gewerbesteuer einzuführen, einen positiven Effekt haben können