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Insekten in Nahrungsmitteln sind keine Bedrohung

Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie sehr bewusst reißerische Schlagzeilen und Stimmungsmache Menschen verunsichern, konnte ich bei meinem letzten Gespräch mit einer Besuchergruppe aus Stralsund – also aus meinem schönen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern – feststellen. Dort wurde mir tatsächlich die Frage gestellt, ob wir demnächst tatsächlich mit Heuschreckenbeinen in jedem Bäckerbrot rechnen müssen.

(Zuruf von der AfD: Sehen Sie! Ja, das ist so!)

Als Erstes ist mir mit einem Augenzwinkern eingefallen: Nun, wenn die Backstube die Hygienevorschriften nicht ganz ernst nimmt, vielleicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber im Ernst: Die wissenschaftliche Diskussion über die Frage einer zusätzlichen Stoffanreicherung von Nahrungsmitteln über Insektenverwertung ist nicht neu, nicht heimlich und auch nicht angsteinflößend. Ein einfacher Blick auf die Internetseite der Verbraucherzentrale genügt, um festzustellen, dass einzelne Insekten bereits seit Längerem in Pulverform als Protein oder als Geschmacksträger fungieren können.

Sie alle kennen sicherlich die Kennzeichnungen auf Lebensmittelverpackungen mit dem Buchstaben „E“. Darunter fallen Antioxidationsmittel, Emulgatoren, Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe. Hauptsächlich sind diese chemisch erzeugt. Grundelemente können aber auch Insekten sein. Einige Farbstoffe sind schon längst insektenbasiert; denn nichts schafft kräftigere Farben als die Natur. Eine Reihe von Schokoladenprodukten enthält übrigens – wir haben es schon gehört – zur Anreicherung ebenfalls Insektenmaterial, als Geschmacksverstärkung und zur Konservierung.

Meine Damen und Herren von der rechten Seite: Auch Sie hätten sich informieren können. Die Verbraucherzentrale informiert allgemeinverständlich darüber, wie und wo Zusätze gekennzeichnet werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Denn es gibt natürlich eine Kennzeichnungspflicht, und die gab es schon lange vor Ihrem Antrag. Das Risiko, dass sich der menschliche Stoffwechsel unbemerkt mit Insekten beschäftigen muss, ist bei Himbeeren und Pflaumen aus dem heimischen Garten weitaus höher als bei Keksen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Karsten Hilse [AfD]: Das war ja ein richtiger Kalauer!)

Natürlich sind Verbraucherinformationen richtig und wichtig, und man soll sie, wenn möglich, so transparent wie möglich machen; wir sind dafür. Das hat aber mit Ihren Anträgen nichts zu tun.

Zu den angeblichen gesundheitlichen Gefahren, die Sie hier suggerieren wollen: Diese sind aufgrund der Gesundheitsvorschriften beim Verzehr von Lebensmitteln natürlich bindend zu kennzeichnen. Allergiker müssen bei einigen Insektenzusätzen aufpassen und sich informieren. Aber das müssen viele Leute auch bei Nüssen und Eiweißen. Und das geht auch; man kann es tun.

Kurzum: Die Frage, ob Insekten als Zutat in Lebensmitteln für eine Skandalisierung taugen, ist beantwortet, nämlich mit Nein. Ihre Anträge sind einfach rückwärtsgewandte, uninformierte Stimmungsmache.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und selbst Sie glauben doch nicht im Ernst, dass nun Massen die Zoohandlungen stürmen

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: ... und naschen gehen!)

und wegen Nahrungsmittelknappheit Insektenfarmen anlegen, um daraus Proteinpulver zu stampfen. Wenn Sie das glauben, dann glauben Sie vermutlich auch, ein Kamel passt durchs Nadelöhr.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])