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Ingrid Remmers: Haushalt der betrogenen Dieselfahrer ist in einer katastrophalen Schieflage!

Rede von Ingrid Remmers,

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Ich möchte heute verdeutlichen, welche Auswirkungen die katastrophalen Versäumnisse der Bundesregierung auf die Haushalte der betrogenen Dieselfahrer im Revier und in der ganzen Republik haben.

Wir alle haben von den Gerichtsurteilen in meinem Wahlkreis Gelsenkirchen gehört. Im Ruhrgebiet droht das bislang großflächigste aller Dieselfahrverbote. 18 Stadtteile in Essen sowie Abschnitte der A 40 sind hiervon betroffen. Was bedeutet es für die Haushalte der Dieselfahrer, dass ihre Fahrzeuge inzwischen auch noch den letzten Rest ihres Wertes verloren haben? Für weniger einkommensstarke Familien wird dies schnell existenzbedrohend. Und was bedeutet das für die Mobilität der Dieselfahrer, die demnächst lange Umwege in Kauf nehmen müssen oder erst gar nicht in die Stadt reinkommen? Oder was bedeutet das für die Handwerker, die sich gerade alle fragen müssen, ob sie wohl in ihrer Kommune künftig eine Ausnahmegenehmigung für ihre Fahrzeuge erhalten oder nicht? Laut Handwerkskammer NRW sind rund 25 000 Handwerkerfahrzeuge allein in diesen beiden Städten betroffen, die zu Baustellen oder für Anlieferungen in die Innenstädte fahren müssen. Für Hunderttausende Menschen im Ruhrgebiet wird das Leben künftig in jedem Fall teurer – an Geld und an Zeit. Und das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

Statt konkreter Hilfe bekamen die Besitzer von Dieselautos – wir haben es eben schon gehört – kürzlich ein Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes. Darin wird so getan, als ob die Käuferinnen und Käufer die hohen Abgaswerte selbst zu verantworten hätten. Als Lösung wird der Kauf eines neuen Autos der Hersteller BMW, ­Daimler und VW empfohlen.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Schleichwerbung!)

Alle anderen Hersteller bleiben außen vor. Herr Scheuer, Sie sollten sich dessen bewusst sein, dass Sie die Wut der Menschen schüren, wenn Sie auf so eine dreiste Art und Weise die Werbetrommel für die Hersteller rühren und damit auch noch Steuergelder verschwenden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bei der Gelegenheit fiel mir eine Frage ein. Bei Dieselfahrzeugen von Handwerkern und Lieferdiensten will der Bund die Hardwarenachrüstung weitgehend finanzieren. Von dieser Förderung könnten laut Bundesregierung 945 000 Fahrzeuge profitieren. Wie soll das, habe ich mich gefragt, bei einer im Haushalt vorgesehen Fördersumme von 167 Millionen Euro möglich sein? Bei Kosten von 3 000 Euro pro Fahrzeug reichte das für circa 55 000 Fahrzeuge. Um alle restlichen 890 000 Fahrzeuge umzurüsten, bräuchten wir 3 Milliarden Euro. Das sind also wieder nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein.

(Beifall bei der LINKEN)

Und wie war das noch mit der Überprüfung der Einhaltung von Fahrverboten? Von einer lückenlosen Videoüberwachung aller Fahrzeuge und aller Fahrzeughalter hat die CSU im Verkehrsministerium sicher schon immer geträumt.

Liebe Bundesregierung, lieber Minister Scheuer, nach acht Jahren geltender Grenzwerte und nach drei Jahren Dieselskandal chaotisieren Sie seit einem Jahr die deutsche Verkehrslandschaft. Und noch immer sind wir von einer Lösung für den Gesundheitsschutz so weit entfernt wie von einem Gesamtkonzept für eine soziale und ökologische Verkehrswende. Und das alles nur, um die Autoindustrie und ihre Milliardengewinne zu schützen.

Statt die Schuld an dieser Misere weiterhin den EU-Richtlinien, den Gerichten, den Kommunen, der Deutschen Umwelthilfe oder alternativ auch den Messstationen in die Schuhe zu schieben, sollten Sie sich an die eigene Nase packen. Kündigen Sie der Autoindustrie Ihre Freundschaft auf, und sorgen Sie endlich dafür, dass die wahren Verantwortlichen für ihren groß angelegten Betrug und für ihre Ignoranz gegenüber den geltenden Umweltgesetzen die Zeche aus ihren exorbitanten Gewinnen zahlen und die Hardware dieser Fahrzeuge endlich nachrüsten.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann stimmen nicht nur die Haushalte und die Nerven der Betroffenen wieder, sondern auch der Bundeshaushalt spart erheblich an Umweltkosten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)