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Ingrid Remmers: Deutschland darf verkehrspolitisch kein Heimatmuseum werden!

Rede von Ingrid Remmers,

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Dieser Bundesregierung fehlt die Orientierung darauf, dass wir in der Mobilität vor großen Veränderungen stehen. Herr Minister Scheuer, Deutschland ist auch verkehrspolitisch kein Heimatmuseum und will auch keins werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es stehen extrem wichtige Themen auf der Tagesordnung. Wir müssen den Ausstoß von Klimagasen senken, die Infrastruktur selektiv erhalten, aber auch umbauen, Mobilität für alle bereitstellen und damit Arbeitsplätze sichern. Als ich Ihnen zugehört habe, Herr Minister Scheuer, konnte ich leider nicht heraushören, dass Sie sich der Komplexität dieser Aufgaben bewusst sind.

(Marianne Schieder [SPD]: Das ist jetzt echt gemein!)

Statt den Interessen der Automobillobby zu folgen, muss die Bundesregierung den umfassenden Umbauprozess des Verkehrs steuern und moderieren. Das wäre Ihre Aufgabe.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Steuern, nicht scheuern!)

Auf einige Bereiche möchte ich kurz eingehen. Der Verkehr ist der einzige Sektor, dessen Beitrag zur Klimaerhitzung weiter steigt; wir haben das eben schon einmal gehört. Sie lähmen die Entwicklung eines umweltfreundlichen Verkehrs, weil Sie keine klaren Anforderungen wie deutliche CO 2 -Vorgaben oder Tempolimits stellen. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Die schützende Hand der Bundesregierung über die Chefetagen der Automobilindustrie heute schafft die Krisen von morgen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch beim Thema Infrastruktur setzen Sie vollkommen einseitig auf den Ausbau der Straßen und wollen mit einer Erhöhung um 11 Prozent auf insgesamt 6,8 Milliarden Euro weitere Rekordsummen investieren. Wir brauchen aber nicht mehr Straßen und Autobahnen. Stattdessen sollten Sie endlich das von Ihnen selbst proklamierte Ziel „Erhalt geht vor Neubau“ wirklich umsetzen.

(Beifall bei der LINKEN – Kirsten Lühmann [SPD]: Das machen wir seit acht Jahren!)

Beim Thema Bahn kommen Sie ebenfalls nicht von der Stelle. Statt die Mittel für den Ausbau zu erhöhen, wie gerade noch im Koalitionsvertrag versprochen, kürzen Sie sie allein in diesem Haushaltsjahr um ganze 5,5 Prozent – es ist nicht so, wie Sie eben behauptet haben, dass sie gleich blieben –, nachdem bereits im letzten Jahr 12 Prozent dieser Mittel gar nicht erst ausgegeben wurden. So jedenfalls wird es auch in Zukunft keine Fortschritte bei der Bahn geben. Das ist verkehrspolitischer Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir zu unserem Dauerthema, der ungelösten Dieselkrise. Sie hatten mehr als zweieinhalb Jahre Zeit, Lösungen zu finden. Das Ergebnis? Die Autos vergiften weiter die Luft, die Täter laufen frei herum und betrügen ungestraft weiter. Die betrogenen Autobesitzer bleiben auf ihrem Schaden sitzen und Sie, Herr Minister Scheuer, täuschen die Öffentlichkeit, indem Sie Softwareupdates als die beste Lösung präsentieren und gleichzeitig Ihr eigenes Regierungsgutachten seit mehr als vier Monaten zurückhalten, das genau zu diesen Hardwarenachrüstungen rät.

Wir Linke erinnern Sie mit den Worten der Deutschen Umwelthilfe gern daran, dass Sie einen Eid auf das Wohl der Bürgerinnen und Bürger geschworen haben und nicht etwa auf die Profitmaximierung der Automobilkonzerne.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Thema Steuerverschwendung durch ÖPP haben wir ja heute schon einiges gehört. Anders als Sie, die Bundesregierung, haben wir als Linke mit unserem Konzept eines sozialen und ökologischen Umbaus eine klare Orientierung hin zur Zukunft der mobilen Gesellschaft. Mobilität ist wichtige Grundlage gesellschaftlicher Teilhabe. Wie eben schon mein Kollege Victor Perli ausgeführt hat, wollen rund 80 bis 90 Prozent der Menschen im Land lieber weniger auf das Auto angewiesen sein. Deshalb muss das Herzstück einer Mobilität für alle ein attraktiver Umweltverbund aller Verkehrsträger sein. Mit diesem Umweltverbund aus Elektrofahrzeugen, mehr und bezahlbaren Bahnen, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr können die Bürgerinnen und Bürger, unterstützt durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und den Trend des Teilens, die für sie jeweils passende Fortbewegungsart selbst wählen; sie schonen damit Umwelt und Gesundheit und mindern den Ressourcenverbrauch.

(Beifall bei der LINKEN)

Hören Sie endlich auf, allein auf den Straßenverkehr zu setzen, und schaffen Sie endlich die längst überfällige echte Verkehrswende!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)