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Ingrid Remmers: Bundesregierung agiert mit wirkungslosen Gesetzen

Rede von Ingrid Remmers,

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Es sind noch einige da. Die Bundesregierung ist nicht vollzählig anwesend. Unter anderem fehlt Herr Minister Scheuer; ich muss trotzdem dort ansetzen. An Verkehrsminister Scheuer kann man sehen, wie Sie es schaffen, sich im Zeitraffer in selbst geschaffenen Problemen festzufahren. Der Verkehrsminister hat schon jetzt genug Material für eine ganze Comedy-Serie geliefert. Die „heute-show“ profitiert ja ganz erheblich von diesen unfreiwillig komischen Vorlagen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Leider wahr!)

Beste Grüße von hier aus an Herrn Welke und die Redaktion!

(Beifall bei der LINKEN)

Leider findet der spezielle Humor des Verkehrsministers vor einem sehr ernsten Hintergrund statt. Auch wenn er mit dem Argument der Verhältnismäßigkeit ständig davon ablenken will: Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung, und die ist nicht verhältnismäßig. Stickoxide führen zu einer Vielzahl vorzeitiger Todesfälle und schwerer Erkrankungen. Mit Stickoxiden ist nicht zu spaßen, und genau deshalb kassiert er vor Gericht eine Niederlage nach der anderen. Es ist gut, dass die Justiz nicht bereit ist, das bisherige Versagen der Bundesregierung einfach hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht hinzunehmen ist auch der Angriff der Bundesregierung auf die Zivilgesellschaft. Sie kehrt nämlich Ursache und Wirkung um. Verursacher der Dieselkrise ist die Autoindustrie, nicht die Deutsche Umwelthilfe.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will das noch einmal ganz klar sagen: Die Linke dankt der Deutschen Umwelthilfe ausdrücklich für ihre Arbeit; denn sie deckt damit das Versagen der Bundesregierung auf und zwingt diese zum Handeln. Dies tut sie nicht etwa, weil sie Autofahrer bestrafen will, sondern weil die Regierung ihrer Verantwortung partout nicht gerecht werden will.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Skudelny [FDP]: Nein, sie sieht sich als Beifahrer!)

Stattdessen versucht man weiter, mit billigen Tricks über die Runden zu kommen, so auch heute mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf. Sie versuchen, den Grenzwert für Stickoxide von 40 auf 50 Mikrogramm hochzusetzen. Bei der Gelegenheit sollen auch gleich Euro-6-Fahrzeuge pauschal von Fahrverboten ausgenommen werden. Dabei überschreiten auch diese den Grenzwert im Durchschnitt um das Sechsfache. Wieso nimmt man also Euro-6-Diesel pauschal von Fahrverboten aus?

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Wer erzählt denn so was?)

Das kann ich Ihnen sagen: weil sonst gar keine Fahrzeuge mehr übrig blieben für Ihre grandiose Tauschprämie. Wenn wir beispielsweise die Blaue Plakette bekämen, dann müssten Sie einen Grenzwert für die Vergabe festlegen. Das wäre der Moment der Wahrheit. Dann käme nämlich für alle sichtbar ans Licht, dass auch die meisten neuen Fahrzeuge diesen Wert nicht einhalten. So reiten Sie sich und die Autoindustrie mit jeder Pseudomaßnahme immer weiter in die Krise.

Die Justiz hat übrigens postwendend auf Ihren Gesetzentwurf reagiert. Das Berliner Verwaltungsgericht hat in seinem aktuellen Urteil zu Fahrverboten schon vorweggenommen, dass dieser Gesetzentwurf rechtlich nicht haltbar sei und Sie sich bei Ihrer geplanten Erhöhung des Grenzwertes nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes stützen können. Sie wollen hier also einen Gesetzentwurf verabschieden lassen, der vor Gericht bereits gescheitert ist.

Dagegen wehren sich auch die Bundesländer, Industrie- und Handelskammern und viele andere. Sie plädieren ebenfalls für eine Hardwarenachrüstung auf Kosten der Autoindustrie, wie es auch in unserem Antrag steht. Es ist kein Wunder, dass die Menschen das Vertrauen in die politischen Institutionen verlieren.

Ja. – Letzter Satz: Hören Sie auf mit diesen Taschenspielertricks. Dann müssten wir hier auch nicht diskutieren, ob ein Gesetz ein Gesetz ist oder vielleicht doch nicht unbedingt eingehalten werden muss.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)