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In diesem Sinne sind wir für Transparenz in der deutschen Politik.

Rede von Bodo Ramelow,

Bodo Ramelow (DIE LINKE) in der Aktuellen Stunde zut Haltung der Bundesregierung zur Berufung von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Konsortiums Nordeuropäische Gaspipeline (NEGP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Präsident! Ich kann Herrn Gerhardt in der inhaltlichen Analyse über den hier in Rede stehenden Vorgang nur zustimmen, möchte aber erwähnen, dass die FDP als Antragstellerin dieser Aktuellen Stunde allen Grund hat, sich an die eigene Nase zu fassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Ehrenkodex im europäischen Rahmen haben wir schließlich Herrn Bangemann zu verdanken, der sich ja sehr bei Telefonica engagiert hat. Das wirft ein anderes Problem auf, über das wir, wie ich denke, viel gründlicher miteinander reden sollten: Reicht ein Ehrenkodex für die Vorgänge, über die wir hier reden, aus oder sind nicht eher transparente Regeln für Politik und Wirtschaft notwendig?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte das an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen. Der Gammelfleischskandal in Deutschland zeigt, wie notwendig es ist, eine gläserne Produktion und regelmäßige Kontrollen in der gesamten Kette vom Schlachthaus bis zum Supermarkt zu haben. Eine ähnliche klare und transparente Kette bräuchten wir auch für die deutsche Politik. Das zeigt der aktuelle Vorgang.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Guido Westerwelle (FDP): Sie sollten Herrn Schröder nicht mit Gammelfleisch vergleichen! Das geht zu weit!)

- Sie können die Schlussfolgerungen ziehen, die Sie wollen. Ich würde mir nicht erlauben, die FDP mit Gammelfleisch zu vergleichen. Ich rede von der Kette zwischen Politik und Gesetzgebung. In dieser Kette ist einiges nicht in Ordnung. Das geht mit den Verhaltensregeln für unsere Abgeordneten los. Ich möchte Sie von der FDP ermuntern, Ihren Widerstand aufzugeben. Ich denke, wir brauchen transparente Regeln, die dazu verpflichten, dass alle Nebentätigkeiten von uns Abgeordneten offen gelegt werden.

(Beifall bei der LINKEN - Christine Lambrecht (SPD): Das ist schon Gesetz! - Jörg Tauss (SPD): Inklusive der Stasi!)

- Wissen Sie, Ihre Nähe zur Stasi, die Sie gerade mit Ihrem Herrn Schröder offenbaren, sollten Sie bei sich selber ausmachen. Ich finde es absonderlich, wie Sie jetzt auf andere zeigen. Aber, meine Damen und Herren, es gibt etwas viel Wichtigeres als Ihre dämlichen Zwischenrufe;

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP - Widerspruch bei der SPD - Dr. Uwe Küster (SPD): Wir sind nicht auf dem Jahrmarkt! - Hans Michelbach (CDU/CSU): Das ist keine parlamentarische Ausdrucksweise! - Jörg Tauss (SPD): Getroffene Hunde bellen! Volltreffer!)

das ist die Ministererlaubnis, mit deren Hilfe sich die Politik über Entscheidungen von Gerichten oder Kontrollkommissionen hinwegsetzen kann. Bei Herrn Müller wusste man nie: Ist er der Vertreter der Wirtschaft in der Regierung oder gehört er zum Parlament und wird durch dieses kontrolliert? Wir fordern deswegen die Abschaffung der Ministererlaubnis

(Beifall bei der LINKEN)

und sagen ganz klar: Auch bei der anstehenden Entscheidung zu Pro Sieben Sat. 1 und Springer darf es keine Ministererlaubnis. Wir werden eine gesetzliche Regelung einbringen und Sie dann bitten, sich klar zu entscheiden, ob Ministererlaubnisse zulässig bleiben sollen oder nicht. Wir werden die FDP klar fragen, ob die Regelungen über die Einkünfte von Abgeordneten sauber dargelegt werden. In diesem Sinne würde ich mir mehr Transparenz von den deutschen Politikern wünschen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jörg Tauss (SPD): Ausgerechnet der Ramelow!)

- Sie können meine Spendenabrechnungen im Internet nachlesen. Ich würde mich freuen, auch Ihre lesen zu können. Es wäre schön, wenn sie transparent wären, aber Ihnen ist es ja schon zu viel, sie dem Präsidenten zu melden.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr Transparenz in der deutschen Politik bedeutet klare Abgrenzung. Es muss deutlich gemacht werden, dass diejenigen, die zehn Tage vor der Wahl einen Vertrag unterschreiben, nicht einen Monat nach der Wahl für das gleiche Unternehmen - zudem ?outgesourct? in einem Steuersparland - die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden übernehmen können. Ich finde, Herr Westerwelle, das riecht stark nach Gammelfleisch. In diesem Sinne sind wir für Transparenz in der deutschen Politik. Wir fordern Herrn Schröder auf, das Mandat nicht anzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Obwohl das sicher ein umstrittener Beitrag war, gratuliere ich Ihnen zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)