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In der Bildung endlich auf die Tube drücken

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt beschäftigen wir uns zum dritten Mal innerhalb von drei Sitzungswochen mit drei parlamentarischen Initiativen zum gleichen Sachverhalt. Die von der Großen Koalition festgelegte Frist für den Mittelabruf, für den beschleunigten Ausbau des Ganztags soll weg. Richtig so; denn wenn wir das nicht beschließen, strafen wir letztlich die Adressatinnen und Adressaten der Leistung ab, die Kinder. Also lassen Sie uns das beschließen, und stellen Sie die finanziellen Mittel am besten gleich dauerhaft bereit.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Aber dann, Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns bitte auch mal zu den wirklich großen Baustellen in der Bildung kommen, zum Beispiel: Was ist eigentlich mit dem fehlenden Personal? Das ist jetzt schon knapp, und wir haben noch nicht mal den Rechtsanspruch auf Ganztag.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Guter Punkt!)

Darüber reden Sie hier wenig, und davon ist übrigens auch keine Rede im Koalitionsvertrag der Ampel.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)

Darüber zu reden, wäre jetzt dringend nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn wenn der Rechtsanspruch kommt, dann werden 600 000 zusätzliche Betreuungsplätze gebraucht, und dafür werden dann 35 000 zusätzliche Vollzeitstellen gebraucht. Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, ich frage mich: Wie wollen Sie die denn dann einfach aus dem Hut zaubern? Ich glaube, man kann es nicht oft genug betonen: Wir brauchen dringend eine Offensive des Bundes für mehr Personal in der Bildung und mehr Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Geschenk!)

Frau Kollegin Gohlke, Sie haben gesagt, wir hätten nicht darüber geredet. Ich hoffe, Sie haben mir zugehört; denn in meiner Rede habe ich einen ganz wichtigen Punkt gesetzt. Ich habe gesagt, dass wir genau dafür eine Strategie brauchen, um Bund, Länder, Kommunen, die Träger, alle, die damit befasst sind, an einen Tisch zu holen und gemeinsam nach einer Lösung zu streben. Sind Sie und Ihre Fraktion bereit, mitzuarbeiten, wenn es so weit ist, und uns dabei behilflich zu sein? Die Frage ist doch nicht, ob wir was machen werden; das steht schon fest. Die Frage ist: Sind Sie so weit, uns dann darin zu unterstützen?

Ich beantworte die Frage gerne. Ich habe in meiner Rede beide antragstellenden Fraktionen adressiert, die Ampelfraktionen und auch die Unionsfraktion. Zum Gesetzentwurf der Unionsfraktion muss ich sagen: Darin ist relativ wenig die Rede davon, wie man an mehr Personal kommt; da geht es tatsächlich nur um die Fristverlängerung. Das halte ich für zu kurz gesprungen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber zu Ihnen: Mir ist aufgefallen, dass schon im Koalitionsvertrag die Frage, wie man eigentlich zu mehr Personal in der Bildung kommt, und zwar wirklich über so ziemlich alle Bildungsbereiche hinweg, großzügig ausgeklammert wurde.

(Matthias Seestern-Pauly [FDP]: Nein! Das stimmt nicht! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber nicht!)

Ich glaube, das hat relativ viel damit zu tun, dass dann die Frage aufkommt, wie man das finanziert. An der Stelle hat sich ja die FDP durchgesetzt. Die FDP hat alles unter einen großen Finanzierungsvorbehalt gestellt. Ich glaube, genau deswegen ist da eine Leerstelle.

(Matthias Seestern-Pauly [FDP]: Dann haben Sie den Koalitionsvertrag nicht gelesen! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber nicht!)

Und darauf machen wir natürlich aufmerksam.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie die Frage stellen, ob wir gerne weiter konstruktiv an dem Ausbau des Ganztags und an der Verwirklichung des Rechtsanspruchs mitarbeiten, dann sagen wir natürlich: Ja, von Herzen gerne; das machen wir auch schon seit vielen Jahren.

(Beifall bei der LINKEN)

Einen weiteren Punkt möchte ich an dieser Stelle dann noch machen: Wenn es um die Verteilung der Bundesmittel auf die Länder geht, dann kommt immer sofort – auch in diesem Gesetzentwurf – der Königsteiner Schlüssel ins Spiel. Aber, Kolleginnen und Kollegen, der Königsteiner Schlüssel zementiert letztlich die soziale Ungleichheit. Die soziale Spaltung in der Bildung lässt sich nur überwinden, wenn man für eine sozial gerechte Verteilung der Finanzmittel sorgt. Deswegen brauchen wir einen bundesweiten Sozialindex und keinen Königsteiner Schlüssel.

(Beifall bei der LINKEN)

Das, liebe Ampel, wäre ein wirkliches Aufbruchssignal. Damit könnten Sie dann auch das Jahrzehnt der Bildungschancen, das Sie ja versprechen, tatsächlich einläuten.

Im Übrigen finde ich, eine Pandemie ist nur weltweit zu besiegen. Die neue Bundesregierung sollte schleunigst die Lobbytätigkeit für die Pharmaindustrie beenden. Geben Sie endlich die Patente frei!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Thomae [FDP]: Wer soll dann noch forschen?)