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In der Agrarpolitik fehlen die sozialen Aspekte!

Rede von Ina Latendorf,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme aus Mecklenburg-Vorpommern – wie ein Demograf der Universität Greifswald immer sagt: dem ländlichsten aller Räume. Die Stärkung der ländlichen Räume ist ein wesentlicher Bestandteil der Politik meiner Fraktion. Da geht es auch um Daseinsvorsorge, um Infrastruktur, um Mobilität und um gute Lebensbedingungen für alle. Hier muss sich endlich mehr bewegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landwirtschaft ist ein wichtiger, prägender Teil im ländlichen Raum, der verbinden kann, und ein wichtiger Wirtschaftszweig. Daher bedarf die Landwirtschaftspolitik unserer allergrößten Aufmerksamkeit.

Aber schauen wir genauer hin. Die Landwirtschaft ist im Umbruch. Große Herausforderungen stehen an: Artenschutz, Klimawandel, artgerechte Tierhaltung, Seuchen – ASP gerade. Dies geht nicht reibungslos. Die Politik der Bundesregierung: natürlich bisher mehr Plan als Tun. Mit dem Blick der sozialen Opposition auf die Pläne der Ampel findet man wenig zu den zentralen Anforderungen an eine zeitgemäße und sozial gerechte Agrarpolitik. In der Rede des Ministers kamen dazu zwar einige Punkte vor, aber, wie gesagt, nicht im Koalitionsvertrag. Ich hätte da mehr erwartet, was verbrieft ist. Ich vermisse völlig Aussagen zur sozialen Absicherung der Landwirtinnen und Landwirte. Ich frage mich manchmal, ob die SPD überhaupt am Verhandlungstisch saß.

(Beifall bei der LINKEN – Susanne Mittag [SPD]: Ja!)

Sie hätten gerade die Erhöhung der Einkommen in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft festschreiben müssen. Ich hätte eine konkrete Forderung zu sozialversicherungspflichtigen Arbeits- und Ausbildungsplätzen und zur Tarifbindung erwartet und ebenso eine Aussage zu den meist völlig unterbezahlten Saisonarbeitern.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die konkrete Einbeziehung der Landwirte und Landwirtinnen in politische Entscheidungen fehlt mir. Nichts ist zu finden von einer Stärkung ihrer Beteiligung an der Steuerung der Marktprozesse.

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und ich hätte auch eine Aussage zu einem erleichterten Zugang zu Grund und Boden für die regionale Landwirtschaft erwartet, zum Beispiel durch eine Bodenpreisbremse, um Spekulationen zu verhindern.

(Beifall bei der LINKEN)

Kurzum: Wir brauchen eine Nachsteuerung bei der Ausrichtung der Agrarpolitik. Ich bin gespannt, was von der Rede des Ministers am Ende übrig bleibt.

Wir brauchen regionale Wirtschaftskreisläufe mit nachvollziehbaren, fairen Lieferketten. Aktuell haben wir einen weitgehend unregulierten Welthandel mit einem Preis- und Standardunterbietungswettbewerb, der ökologisch verheerend und noch dazu unzuverlässig ist und unseren Markt kaputt macht.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht doch alles im Koalitionsvertrag drin! Sie müssen das nur lesen!)

Auch in der Ernährungspolitik hätten wir von der Bundesregierung eine soziale Schwerpunktsetzung erwartet, zum Beispiel eine kostenfreie Schul- und Kitaverpflegung als eine wichtige Maßnahme für eine gesunde und nachhaltige Ernährung.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch gesunde Ernährung muss gelernt werden, und wenn, dann dort.

Die enormen Preissteigerungen insbesondere bei den Grundnahrungsmitteln, bei Obst und Gemüse müssen aufhören. Niemand, der auf soziale Leistungen angewiesen ist, kommt in der Bioabteilung sehr weit. Da haben die Sozialverbände recht.

(Beifall bei der LINKEN)

Also bedarf es einer wesentlichen Erhöhung der Kaufkraft für sozial Benachteiligte, damit gesunde Ernährung überhaupt möglich wird.

Und was muss nun folgen? Der Preisdruck der Lebensmittelkonzerne auf die Produzentinnen und Produzenten muss endlich aufhören. Anzufangen wäre aus meiner Sicht bei den Billiglockangeboten mit Lebensmitteln, die voll auf die Erzeuger durchgedrückt werden, denn sonst fliegen sie aus der Listung. Ich bitte Sie: Lachsbraten für 4,44 Euro pro Kilo – wer soll dafür produzieren? Und davon kommt ja nur ein geringer Teil an.

(Beifall bei der LINKEN)

Solche Preise bedeuten eine Geringschätzung für die Waren und damit auch für die Arbeit der Landwirte. Was wir aber brauchen, ist eine bewusste Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte.

(Beifall bei der LINKEN)

Weder vom Markt gedrückte Ramschpreise noch pauschale Preissteigerungen, die nicht beim Erzeuger ankommen, helfen uns weiter.

Sehr geehrte Damen und Herren, Die Linke fordert die Bundesregierung auf, für unsere Landwirtinnen und Landwirte unbedingt nachzubessern. Wir fordern einen Umbau der Agrarpolitik hin zu regionalen Wirtschaftskreisläufen, die Abkehr von der Exportorientierung und der Profitmaximierung für internationale Konzerne. Schluss mit dem Ausverkauf von Grund und Boden! Die Bodenpreisbremse muss kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die BVVG-Flächen, also die Bundesflächen, müssen unverzüglich und aus meiner Sicht kostenfrei in Länderhand gegeben werden, damit diese dann der regionalen Wirtschaft zugutekommen können. Für eine flächengebundene Tierhaltung, für die es eines Umbaus bedarf, muss die Landwirtschaft gefördert werden. Das geht nicht von alleine.

(Beifall bei der LINKEN)

Naturschutz durch die Landwirtschaft muss ebenso honoriert werden. Da werden die Landwirte zurzeit sehr allein gelassen. Gerade erst gestern hat der Bauernverband wegen der steigenden Preise für Dünger und Energie um Hilfe gerufen. Und wenn die Landwirtinnen und Landwirte wieder mit Traktoren in Berlin einfahren und für eine Transformation in der Agrarpolitik streiten, dann sagen wir Linken: Recht haben sie!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)