Rede der umweltpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Eva Bulling-Schröter zum von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung (Drucksachen 16/400, 16/970).
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Im Ausschuss haben die Grünen gestern vertreten, dass sie, was den Bürokratieabbau beträfe, zwischen FDP und Linken säßen. Erstere würden ständig undifferenziert den Abbau aller Regularien fordern und Letztere, also wir, ein Mehr an Kontrolle, so auch bei der abfallrechtlichen Überwachung. Ich möchte hier noch einmal einiges richtig stellen. Die Linke hat ausdrücklich die Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung begrüßt. Wir sind dafür, dass die elektronischen Begleitscheine eingeführt werden und die überholte Zettelwirtschaft endlich aufhört. (Beifall bei der LINKEN) Wir haben uns lediglich erlaubt, zu kritisieren, dass bereits im letzten Sommer die Pflicht zur Erstellung betrieblicher Abfallbilanzen und Abfallwirtschaftspläne weggefallen ist. Wir halten diese Instrumente nämlich für sinnvoll. Schließlich dienten sie der betriebsinternen Planung genauso wie den Überwachungsbehörden. Gleichzeitig möchte ich erneut darauf hinweisen, dass neben dem wunderschönen Gesetzes-werk eine nicht mehr ganz so wunderbare Praxis existiert, in der die illegale Abfallentsorgung momentan neue Blüten treibt. Wenn Tausende Tonnen deutschen Mülls in Tschechien landen, dann hat das offensichtlich auch mit Problemen beim Vollzug der abfallrechtlichen Überwachung zu tun. (Beifall bei der LINKEN) Die Sache ist doch die: Einige Firmen verlagern ihre Scheinverwertung in Deutschland, die sie bis zur Schließung der Deponien im Juni 2005 betreiben konnten, nun ins Ausland. Nach Prognosen verschiedener Institutionen müssten jährlich bundesweit etwa 4 bis 5 Millionen Tonnen behandlungsbedürftiger Abfälle, die bis letztes Frühjahr hierzulande entgegen gesetzlichen Vorschriften auf Billigdeponien landeten, nunmehr Vorbehandlungsanlagen zugeführt werden. Das kostet Geld; das ist klar. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass skrupellose Unternehmen Vollzugsdefizite ausnutzen, um den Müll im Ausland loszuwerden. Osteuropa bietet sich da momentan besonders an das wissen wir alle , weil hier EU-konforme Verwaltungen noch im Aufbau sind. In diesem Zusammenhang wurde im Ausschuss darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen kriminell sei und nicht eine Folge von Gesetzeslücken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Punkt haben Sie formal Recht. Wenn aber der Vollzug faktisch nicht möglich ist, dann scheint doch etwas an der Gesetzeslage nicht zu stimmen. Oder? Vielleicht sollten wir uns einmal vor Augen führen, was momentan an den Ostgrenzen der Bundesrepublik passiert. Herr Meierhofer, ich empfehle Ihnen, in Ihrer regionalen Zeitung nachzulesen, was zu diesem Thema geschrieben wird. Der Umfang der deutschen Exporte von gefährlichen und deshalb notifizierungsbedürftigen Abfällen nach Tschechien und Polen ist förmlich explodiert. Die Masse der Abfälle, die zur Verwertung nach Tschechien bzw. nach Polen transportiert wurden, stieg von 19 Tonnen bzw. 233 Tonnen im Jahr 2004 auf 31 000 bzw. 34 000 Tonnen im letzten Jahr. Das ist eine Zunahme um das 250-Fache. Diese Tatsache kann man nicht wegdiskutieren. Nun sind aber nur gefährliche Abfälle zur Verwertung notifizierungspflichtig, ungefährliche jedoch nicht. Sie können frei gehandelt werden. Man kann wohl mit einigem Realismus davon ausgehen, dass über diesen Weg zig Tausende Tonnen Müll nach Osteuropa wandern, ohne dass irgendeine Kontrolle möglich wäre. Man müsste schon reichlich naiv sein, um zu glauben, die Mehrheit davon werde tatsächlich verwertet. Nicht umsonst klagen tschechische Bürgermeister über die rasante Zunahme illegaler Abfalldeponien, auf denen Müll aus Deutschland abgekippt wurde. Gerade hat mir mein Kollege Lutz Heilmann erzählt, dass gestern bei einem Treffen mit einer Delegation tschechischer Studentinnen und Studenten genau diese Problematik angesprochen wurde; sie ist also weitgehend bekannt. Wir denken, eine solche Praxis müssen Ökologinnen und Ökologen, egal welcher Partei, kritisieren dürfen, ohne als Bürokraten, wie wir bezeichnet wurden, abgestempelt zu werden. Es ist unsere Sorge, dass es hier Fehlentwicklungen gibt. Wir fordern Sie auf, dem entgegenzuwirken. (Beifall bei der LINKEN)
Illegaler Müll in Osteuropa
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,