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Humboldt-Forum statt Fasadenschloss

Rede von Heidrun Bluhm-Förster,

Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU/CSU und SPD „Wiedererrichtung des Berliner Schlosses - Bau des Humboldt-Forums im Schlossareal Berlin - Rekonstruktion der historischen Fassade sicherstellen“, BT-Drs. 16/

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung (15. Ausschusses) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE „ Humboldt-Forum statt Fassadenschloss Schlossplatz mit Zukunftsorientierung“, BT-Drs. 16/5922, 16/7366

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

der von der Fraktion DIE LINKE in den Bundestag eingebrachte Antrag mit dem Titel „Humboldt-Forum statt Fassadenschloss - Schlossplatz mit Zukunftsorientierung“, fordert die Bundesregierung auf, den Architekturwettbewerb auch für zeitgenössische bauliche Lösungen zu öffnen und von der zwingenden Vorgabe einer Rekonstruktion des ehemaligen barocken Stadtschlosses Abstand zu nehmen.
DIE LINKE sieht in dem Bauvorhaben eine große Chance, das Humboldt-Forum zu einem modernen Begegnungszentrum für die Berlinerinnen und Berliner sowie allen in- und ausländischen Besuchern zu machen, in dem sich Kultur, Naturwissenschaft und ein intensiver Ideenaustausch zu einer kulturellen und wissenschaftlichen Nutzung vereinen.

Lediglich ein Museum innerhalb einer Schlossattrappe aufzubauen wird dem herausragenden Standort im Zentrum Berlins nicht gerecht, ist einfallslos und einfach zu wenig in die Zukunft gewandt.
Ohne ein schlüssiges Nutzungskonzept ist die Entscheidung über die Gestaltung des Humboldtforums einschließlich der Finanzierung ohnehin unverantwortlich und ohne demokratische Legitimation.
DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, ein Konzept über die zukünftige Nutzung des Humboldt-Forums dem Bundestag vorzulegen.
DIE LINKE bekennt sich zum Humboldt-Forum, lehnt aber die geplante Schlosskopie sehr energisch ab!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der Versuch, die Schlossfassadenkopie mit Spenden zu finanzieren, ist nach wie vor als gescheitert anzusehen. Damit entfällt aber auch die wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundestages vom 4. Juli 2002.
In der Debatte zum Stadtschlossantrag der FDP hatte bereits meine Kollegin Gesine Lötzsch nachgefragt, ob jemand wisse, dass der Verein bereits ca. 14 Millionen Euro Spenden gesammelt hat?
Die Antwort war: Nein.
Hat die Bundesregierung mittlerweile Einsicht in die Bücher des Vereins bekommen?
Aber natürlich gibt es schon einen Plan B: Wenn die Spenden nicht kommen, dann soll die öffentliche Hand einspringen.
Ich will noch einmal daran erinnern:
Der Haushaltsausschuss hat die Finanzplanung für das Schloss schon einmal als mangelhaft zurückgewiesen.
Das Schloss soll - nach Aussagen der Bundesregierung - 480 Millionen Euro kosten.
80 Millionen Euro sollen durch Spenden gesammelt werden.
Herr Tiefensee will nun plötzlich auch noch 72 Millionen Euro für die Erstausstattung des Gebäudes haben.
Davon war bisher nie die Rede. Falls der Schlüterhof des Humboldt-Forums überdacht werden sollte, was zunächst nicht geplant ist, würden sich die Kosten sogar noch um bis zu 50 Millionen Euro erhöhen.
Die Gesamtkosten würden dann sogar 600 Millionen Euro erreichen.
Wir nähen uns damit den früher einmal genannten Kosten von 670 Millionen Euro.
Der Beschluss des Deutschen Bundestags vom 4. Juli 2002, die historischen Fassaden wiederherzustellen, basiert auf der Zusage eines privaten Vereins, die dafür nötigen 80 Mio. Euro durch Spenden aufzubringen.
Dieses Versprechen wird nicht eingehalten, davon kann man mit Sicherheit ausgehen.
Für DIE LINKE ist der Beschluss des Bundestags damit ohne Grundlage und zu korrigieren.
DIE LINKE lehnt die Finanzierung der Kopie der Schlossfassade aus öffentlichen Mitteln ab.
Wir fordern die Bundesregierung auf, den Architekturwettbewerb für eine Untersuchung zeitgenössischer baulicher Lösungen zu öffnen und von der zwingenden Vorgabe nach der Rekonstruktion der Fassaden, der Höfe und der Kuppel Abstand zu nehmen. Der Entwurf von David Chipperfield für das neue Eingangsgebäude der Museumsinsel zeigt, zu welchen herausragenden gestalterischen Leistungen eine sensible zeitgenössische Architektur in der Lage ist.
Die Mitglieder des Deutschen Bundestages sollten die Ablehnung der Bevölkerung zur Kenntnis nehmen und sich mehr der Zukunft, weniger der Vergangenheit zuwenden.
Sie stünden an der Seite u. a. von
Axel Schultes, dem Erbauer des Bandes des Bundes
György Konrady, Präsident der Akademie der Künste
dem sozialdemokratischen Urgestein und langjährigen Präsidenten der Bundesarchitektenkammer Peter Conradi
und
David Chipperfield, der zur Kritik seines breit gerühmten Entwurfes für den Eingang zur Museumsinsel sagt:
„Diese Nostalgiker sehen Geschichte als Hollywood-Film und wollen eine scheinechte Wiederherstellung - das ist heute nicht mehr glaubwürdig.“
Wortgleich lässt sich dieses Zitat auf die Schlossfraktion dieses Hauses beziehen.

Vielen Dank!