Zum Hauptinhalt springen

Hubertus Zdebel: Rede zu Anpassungen aufgrund der EU-Prozessverordnungen

Rede von Hubertus Zdebel,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss am Anfang auf jeden Fall ein paar Takte zu dem Anlageskandal im Zusammenhang mit der Pleite des Containerfinanzierers P&R sagen. Ich meine, das kann so nicht stehen bleiben. Ich weiß, dass es dabei um andere Anlageformen als um die geht, über die wir heute diskutieren. Aber das ist natürlich ein Anlageskandal.

Wir reden heute über Anlegerschutz. Der Anlegerschutz ist in Deutschland zehn Jahre nach der internationalen Finanzkrise – das zeigt dieser Fall – immer noch nicht viel weitergekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem stimmt meines Erachtens auch nicht das, was Sie gerade gesagt haben, Frau Staatssekretärin. Mir liegt ein Artikel aus dem „Handelsblatt“ vor, in dem sehr deutlich darauf hingewiesen wird, dass es in dem Prospekt Widersprüche gab. Es lag ein Prospekt vor, in dem den Anlegern versprochen worden ist, das investierte Geld innerhalb von 90 Tagen in neue Container zu investieren. Hinten im Prospekt haben sich aber Informationen darüber befunden, die dazu im Widerspruch standen, dass das Geld nämlich nicht so schnell investiert wird. Das hätte die BaFin de facto prüfen müssen; das muss man hier in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Da stellen sich Fragen – diese werden wir heute Abend nicht klären – zur Aufklärung dieser Angelegenheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum eigentlichen Thema. Es geht ja um Anlageschutz und um die Umsetzung der EU-Prospektverordnung in nationales Recht, zu dem die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt hat.

Danach müssen Emittenten zukünftig bei Wertpapier­emissionen von 100 000 Euro bis 8 Millionen Euro pro Jahr keinen Wertpapierprospekt mehr erstellen. Stattdessen soll bei diesem Finanzvolumen zukünftig ein dreiseitiges Wertpapier-Informationsblatt genügen, das den Anleger über das Wertpapier und die damit verbundenen wesentlichen Anlagerisiken informieren soll. Damit sollen Aufwand und Kosten für Unternehmen reduziert werden. Das ist das erklärte Ziel.

Interessanterweise – das habe ich heute noch nicht so deutlich gehört – war im Referentenentwurf der Bundesregierung noch eine andere Regelung vorgesehen. Der Anwendungsbereich des Wertpapier-Informationsblattes sollte hier nur für Emissionen zwischen 100 000 Euro und 1 Million Euro gelten. Das ist das Minimum, das die Verordnung als Pflicht vorsieht. Das ist schon mehrmals erwähnt worden. Das war die ursprüngliche Absicht.

Mit dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf wird der Anwendungsbereich erheblich ausgeweitet: auf bis zu 8 Millionen Euro.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Hier wird jetzt vom Maximum der Option, was die EU-Verordnung angeht, Gebrauch gemacht.

Da stellt sich für mich die Frage, warum das so ist. In unseren Augen stellt sich die Bundesregierung damit allzu leichtfertig auf die Seite der Anbieter und Wertpapieremittenten. Der Anlegerschutz droht dadurch ins Hintertreffen zu geraten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linken halten es grundsätzlich für gut, wenn die Anbieter für fast alle Geldanlagen Verkaufsprospekte vorlegen müssen; denn die Prospektpflicht diszipliniert die Unternehmen und schafft mehr Transparenz.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Wie viele Prospekte haben Sie schon gelesen?)

Ein Prospekt ist für die Anleger essenziell, um auch im Nachhinein bei etwaiger Fehlberatung überhaupt Schadensersatz geltend machen oder die Wertpapieremittenten in Haftung nehmen zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher stellen wir uns allerdings nicht grundsätzlich gegen die Förderung von jungen gemeinnützigen Projekten oder jungen Unternehmungen in der Start-up-Phase. Denn – daran erinnern sich vielleicht diejenigen, die es mitbekommen haben – beim Kleinanlegerschutzgesetz konnten wir uns durchaus vorstellen, den vorgesehenen Schwellenwert von 2,5 Millionen Euro, ab dem ein Prospekt zu erstellen ist, zu unterstützen, und wir haben das letztlich auch unterstützt.

Allerdings geht es bei einem Finanzvolumen von 8 Millionen Euro, was jetzt geplant ist, teilweise gar nicht mehr um Kleinunternehmen, die Sie immer wieder anführen. Da geht es um ganz andere Größenordnungen, und es stellt sich die Frage, ob Sie mit den 8 Millionen Euro die von Ihnen immer avisierte Zielgruppe überhaupt noch im Auge haben.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Bis zu 8 Millionen!)

Ich denke auch angesichts meiner Redezeit: Wir haben noch genug Zeit – auch in der anstehenden Anhörung nächste Woche und in den weiteren Beratungen –, uns weiter mit Fragen auseinanderzusetzen. Dann komme ich gerne auch noch einmal auf grundsätzliche Vorschläge zum Anlegerschutz wie zum Beispiel den Finanz-TÜV oder mehr Befugnisse der BaFin zurück.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)