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Hubertus Zdebel: Finanzieller Verbraucherschutz? Fehlanzeige!

Rede von Hubertus Zdebel,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsetzung der EU-Prospektverordnung in nationales Recht geht heute in die zweite Runde. Es ist sicherlich ein recht sperriges, aber für den Anlegerschutz sehr wichtiges Thema, über das wir heute diskutieren. Um es gleich zu sagen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vertut die Bundesregierung die zweite Chance auf mehr finanziellen Verbraucherschutz.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Hauptkritikpunkte von uns Linken, die wir schon im vergangenen Jahr vorgetragen haben, bleiben nach wie vor bestehen. Wir sehen die immer weitere Anhebung der Schwellenwerte auf nun 8 Millionen Euro bei Wertpapieren und 6 Millionen Euro im sogenannten Crowdfunding-Bereich, also im Bereich der Schwarmfinanzierung, bis zu deren Höhe Wertpapierherausgaben prospektfrei sind, grundsätzlich sehr kritisch. Wertpapierprospekte sind zwar sehr umfangreich und auch sehr kompliziert – da stimme ich durchaus dem einen oder anderen zu –, aber sie erfüllen für die Verbraucherinnen und Verbraucher eine wichtige Funktion als Haftungsgrundlage und damit als Basis für Schadensersatzansprüche. Das jetzt vorgesehene dreiseitige Infopapier kann das, was im Prospekt steht, nicht ersetzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sind wir der Auffassung, dass das Recht auf Schadensersatzansprüche usw. nicht durch eine allzu großzügige Prospektfreiheit ausgehebelt werden darf, weder für Wertpapiere noch für die sogenannte Schwarmfinanzierung.

Auch der gravierende Mangel bei der Sprachenregelung für Prospekte ab einem Herausgabevolumen von 8 Millionen Euro bleibt weiter bestehen. Im Schadensfall müssen Geschädigte den Prospekt auf eigene Kosten in die geltende Amtssprache – hier bei uns selbstverständlich Deutsch – übersetzen lassen, um Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Dies ist ein sehr teures Unterfangen: circa 15 000 bis 20 000 Euro, je nach Umfang des Prospekts. Das schreckt natürlich sehr viele der Geschädigten ab, überhaupt vor Gericht zu gehen. Wir Linken finden das völlig unakzeptabel. Wir sind der Meinung: Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen endlich das Recht auf eine vollständige Übersetzung des Prospekts durch den Anbieter, auch wenn dafür EU-Recht geändert werden müsste.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammenfassend lässt sich sagen: Im Kleinen gibt es zwar auch positive Aspekte in diesem Gesetzentwurf wie die Abschaffung des unvollständigen Verkaufsprospekts, aber Entscheidendes wird mit diesem Gesetzentwurf nicht geleistet. Vielmehr erhöhen sich Verlustrisiken für Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn zum Beispiel die Prospektbefreiung beim Crowdfunding nun auch auf Genussrechte ausgedehnt wird. Als ob es die Pleite von Prokon nie gegeben hätte! Das ist meines Erachtens nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Der finanzielle Verbraucherschutz muss nach Auffassung der Linken noch stärker in die Aufsichtsstrukturen einfließen. Das ist das Kerndilemma, das Sie aber überhaupt nicht angehen. Neben einer Ausweitung des Aufsichts- und Kontrollumfangs der Finanzaufsicht BaFin –

– ich komme zum Schluss – muss unbedingt auch ein präventives Instrument eingeführt werden. Deswegen fordern wir Linken schon seit längerer Zeit eine obligatorische Zulassungsprüfung; denn nur mit einem solchen Finanz-TÜV kann wirklich der entscheidende Schritt gemacht werden, –

– um den überschießenden, zu Blasenbildung neigenden Finanzsektor wieder auf die der Realwirtschaft dienende Funktion zurückzustutzen. Das ist meines Erachtens die Kernaufgabe.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)