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Höhere Löhne durchsetzen – jungen Beschäftigten eine Zukunft bieten

Rede von Klaus Ernst,

Klaus Ernst (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung wird nicht müde, die Situation in der Bundesrepublik zu loben. „Wir sind gut aus der Krise herausgekommen“, sagt Frau Merkel. Herr Brüderle, der heute nicht da ist, sagt, „deutliche Lohnerhöhungen“ wären sinnvoll. Frau von der Leyen sagte im Februar in der Bild - ich zitiere:
Das Grundversprechen der sozialen Marktwirtschaft lautet: Wenn alle fleißig mitarbeiten, werden alle am Erfolg und Wohlstand beteiligt.

(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört! - Dr. Martina Bunge (DIE LINKE): Klingt gut!)

Wunderschön.

Schauen wir uns die Realität an. Verdi fordert 6,5 Prozent, mindestens 200 Euro. Diese Forderung ist vollkommen richtig und entspricht dem, was die Bundesregierung in öffentlichen Verlautbarungen sagt. Das Angebot der öffentlichen Arbeitgeber liegt bei 2,1 Prozent für 2012 und 1,2 Prozent für 2013. Das macht umgerechnet pro Jahr nicht mehr als 1,77 Prozent. Das bedeutet, dass die Preissteigerungsrate über dem Angebot der öffentlichen Arbeitgeber liegt.

Nun stellt sich die Frage die auch wir uns stellen müssen : Haben denn die Krankenschwestern oder die Beschäftigten bei der Müllabfuhr nicht ordentlich gearbeitet? Was ist mit den Angestellten in den Gemeinden oder Rathäusern? Was ist mit den Angestellten auf bzw. Bundesebene? Warum sollen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von der offensichtlich guten wirtschaftlichen Entwicklung, die Frau Merkel so gelobt hat, abgekoppelt werden? Dafür gibt es keinen Grund.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Arbeitnehmern wird offensichtlich Geld weggenommen. Ich möchte das am Beispiel einer Krankenschwester erläutern. In der Lohngruppe 7 erhält sie nach drei Jahren gemäß Angebot der Arbeitgeber eine Lohnerhöhung von 45,66 Euro. Nach Abzug der Preissteigerung hat sie 15 Euro weniger als heute. In ihrer Logig arbeiten die Krankenschwestern oder andere Beschäftigte des öffentliches Dienstes nicht vernünftig.
Was Sie den Beschäftigten anbieten, ist nicht genug. Dafür sind Sie verantwortlich, auch der Innenminister.

(Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU): Nein!)

- Selbstverständlich. Er ist in diesem Zusammenhang doch auch Arbeitgebervertreter. Wenn Sie das nicht wissen, Herr Weiß, dann scheinen Sie nicht aufgepasst zu haben.
Ich kann Ihnen nur sagen: Was hier offensichtlich mit Zustimmung der Bundesregierung angeboten wird, ist nichts anderes als ein Hohn für die Beschäftigten, die den Karren jeden Tag in Schichtarbeit, manchmal auch samstags und sonntags durch Überstunden aus dem Dreck ziehen. Was jetzt passiert, ist gegenüber den Beschäftigten eine Unverschämtheit!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kenne Ihre Argumente. Es sind ganz einfache Argumente: Es ist kein Geld da. Die öffentlichen Kassen sind leer. Wer trägt denn für die Leere der öffentlichen Kassen die Verantwortung? Der Spitzensteuersatz wurde von 53 Prozent auf 42 Prozent gesenkt. Sie verweigern hartnäckig die Einführung einer Vermögensteuer. Allein durch die Steueränderungen von 2009 bis 2011, für die diese Bundesregierung verantwortlich ist, haben wir im Jahre 2011 8,6 Milliarden Euro und im Jahre 2012 7,7 Milliarden Euro weniger in den Haushalten.


Sie verweigern die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes. Die Prognos AG hat berechnet, dass bei einem Mindestlohn von 10 Euro ein positiver Haushaltseffekt von 12,8 Milliarden Euro erzielt werden würde. Das wären Mehreinnahmen in den Haushalten. Eine Tariferhöhung von 1 Prozent im öffentlichen Dienst kostet 1,2 Milliarden Euro. Allein mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes wäre die Tarifrunde finanziert.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie verhindern, dass Geld in die Kassen öffentlicher Haushalte kommt, und beschweren sich dann, dass kein Geld da ist. Allein die DAX-Unternehmen haben im Jahr 2011 einen Rekordgewinn von 100 Milliarden Euro erzielt. Von 1 Prozent dieser 100 Milliarden Euro könnten Sie für 400 000 Krankenschwestern eine Lohnerhöhung von 200 Euro bezahlen. Das wäre so, wenn Sie sich wieder zu einer vernünftigen Besteuerung auch der großen Unternehmen und der großen Einkommen entschließen könnten. Die aber verweigern Sie.
Deshalb sage ich Ihnen: Es ist nicht gottgegeben, dass die Kassen leer sind, sondern für die leeren Kassen und damit für die schlechte Situation der abhängig Beschäftigten sind diese Bundesregierung und diese Koalition maßgeblich verantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum sage ich Ihnen: Hören Sie auf, mit den Beschäftigten Katz und Maus zu spielen. Beteiligen Sie die Beschäftigten endlich an der angeblich so guten Entwicklung in unserem Lande und besteuern Sie die Einkommen vernünftig. In Frankreich wird gegenwärtig ein Spitzensteuersatz für Millionäre von 75 Prozent diskutiert.

(Zurufe von der FDP: Bei den Linken auch!)

Auch die Sozialdemokraten könnten sich noch einmal überlegen, ob das bei Hollande so wirklich falsch ist. Deshalb sage ich zum Schluss: Ich hoffe, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht nachlassen, für ihre Forderungen zu kämpfen, und ich wünsche ihnen für ihre Streiks den besten Erfolg. Die Linke wird diese Streiks mit allem Nachdruck unterstützen, damit auch etwas Vernünftiges dabei herauskommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bitte auch die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis, wenn im öffentlichen Dienst gestreikt wird. Es wird nämlich auch dafür gestreikt, dass wir nach wie vor einigermaßen vernünftige Ausbildunsvoraussetzungen für Leute haben, die sich bereit erklären, in ihren Berufen im öffentlichen Dienst zu arbeiten, weil sie dort in vernünftiger Höhe Geld verdienen. Wenn wir uns einig sind, dass wir einen gut bezahlten, vernünftig organisierten öffentlichen Dienst brauchen. Dann muss man auch vernünftig bezahlen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)