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Höchste Zeit, dass Vereine die Möglichkeit zu digitalen Mitgliederversammlungen bekommen!

Rede von Susanne Hennig-Wellsow,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Knapp 615 800 Vereine waren 2022 in Deutschland registriert. Vom Kleingartenverein bis hin zur Seenotrettung war alles dabei. Das Vereinsleben in Deutschland ist genauso bunt, wie das Leben in Deutschland bunt ist, und hat alle Facetten. Das sind Vereine, die unser gesellschaftliches Leben in großem Maße prägen, es organisieren, für Zusammenleben und Zusammenhalt sorgen, für soziale Kontakte auch in schwierigen Zeiten, aber die natürlich auch unsere Demokratie wehrhafter machen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen ist es durchaus besorgniserregend, wenn zum Beispiel Prognosen vom Stifterverband davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahren möglicherweise weniger Vereine geben wird. Weniger Vereine bedeuten weniger Kultur, weniger Sport, weniger Geselligkeit, weniger Förderung, weniger Miteinander. Deswegen ist es gar nicht so banal, was wir heute entscheiden.

Als Gesetzgeber sind wir natürlich gefordert, Vereinen das Leben leichter zu machen, es ihnen leichter zu machen, Mitglieder in ihre Arbeit einzubeziehen und zu versuchen, so viele Mitglieder wie möglich zu aktivieren. Wir reden immerhin über 23 Millionen Menschen in Deutschland, die in Vereinen organisiert sind; das ist keine ganz geringe Zahl. Das sind Menschen, die Leben retten, Sprachen lehren und lernen, gemeinsam Sport treiben oder singen, die auch jetzt in Notlagen international unterwegs sind, und das vor allen Dingen meistens ehrenamtlich. Denen zu verweigern, als Mitglieder einfacher zusammenzukommen, Fahrtwege zu reduzieren, was für Vereine im Übrigen auch eine Geldfrage ist, kann ich nicht akzeptieren. Insofern empfehle ich meiner Fraktion, der Koalition in diesem Punkt zuzustimmen und digitale Mitgliederversammlungen in allen Vereinen Deutschlands möglich zu machen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir treffen heute die Entscheidung, das gesellschaftliche Leben in Deutschland etwas einfacher zu machen. Es ist schon angesprochen worden: Die Mitglieder entscheiden mit einfacher Mehrheit selbst darüber, ob sie digital tagen wollen oder nicht. Ich halte das für richtig. Es braucht bei dieser Lösung keine Satzungsänderungen. Man bedenke all die Folgen, die Satzungsänderungen für die 615 800 Vereine in Deutschland hätten, und man stelle sich vor, sie müssten alle ihre Satzungen neu überprüfen lassen. Nichts ist ein Muss. Es ist alles ein Kann. Mehr Mitglieder zu beteiligen, vor allen Dingen bei den Vereinen und Verbänden, die bundesweit und international unterwegs sind, ist etwas Gutes. Insofern stimmen wir da zu.

Ich mache trotzdem noch zwei Anmerkungen:

Der erste Punkt. Digitale Veranstaltungen und digitale Mitgliederversammlungen bedeuten natürlich auch: Das Internet muss funktionieren, und es muss überhaupt Internet geben. Insofern: Minister Wissing hat da noch einiges zu tun. Das will ich ihm auch auf diesem Weg mitgeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Der zweite Punkt. Auch bei der Arbeit im Verein, auch bei der digitalen Wahrnehmung der Mitgliederrechte geht es natürlich immer auch um die soziale Frage. Auch da hat die Bundesregierung, gerade was die Ausgestaltung des Bürgergeldes und anderes angeht, noch viel zu tun,

(Beifall bei der LINKEN)

damit sich soziale Ungleichheiten durch das Vereinsrecht bzw. bei der Vereinsarbeit nicht weiter verschärfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)