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Heike Hänsel: Atomwaffenverbotsvertrag endlich unterzeichnen!

Rede von Heike Hänsel,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Inkrafttreten des UN-Atomwaffenverbotsvertrags am 22. Januar haben wir einen wahrhaft historischen Tag erlebt, und er wurde ja auch weltweit gefeiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Weltgemeinschaft hat sich auf den Weg gemacht, die Menschheit von der Geißel der Atomwaffen zu befreien.

Seit dem 22. Januar sind Atomwaffen nunmehr verboten. Dies ist ein riesiger Erfolg der internationalen Friedensbewegung, die beharrlich zehn Jahre lang auf ein globales völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen im Rahmen der ICAN-Kampagne hingearbeitet hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sollten wir mal ausdrücklich anerkennen, und wir sollten uns bei all denen bedanken, denen das Wohl der Menschheit und die Sicherheit des Planeten wirklich am Herzen liegen. In Deutschland sind das zum Beispiel die IPPNW, die Initiative „atomwaffenfrei. jetzt“, die „Mayors for Peace“ und all jene, die immer wieder vor dem Atomwaffenlager in Büchel demonstrieren und blockieren. Das ist ihr Erfolg.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie suggerieren jetzt, es wäre ja eine verblendete Linke, die diesen Vertrag unterstützt. Dabei sieht doch die Realität ganz anders aus. Eine übergroße Mehrheit der Staaten in den Vereinten Nationen steht auf der Seite des internationalen Rechts und hat diesen Vertrag unterstützt. Guterres selbst, der UN-Generalsekretär, hat ihn willkommen geheißen.

In Deutschland sprechen sich laut aktuellen Umfragen 92 Prozent der Bevölkerung für den Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag aus.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mehr als 120 Städte, darunter alle 16 Landeshauptstädte in Deutschland, setzen sich für den Verbotsvertrag ein, ebenso vier Bundesländer. Im Bundestag selbst gibt es einen fraktionsübergreifenden Arbeitskreis aller demokratischen Parteien für den Atomwaffenverbotsvertrag. Sind das alles Irre? Wollen Sie das ernsthaft behaupten?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Nichtverbreitungsvertrag hat doch überhaupt nicht zu atomarer Abrüstung geführt. Im Gegenteil: Wir haben mittlerweile neun Staaten, die Atomwaffen besitzen. Die Welt ist unsicherer denn je, und genau deswegen brauchen wir den Verbotsvertrag.

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: 9 von 192!)

Mit Entsetzen müssen wir allerdings feststellen, dass die Bundesregierung den Atomwaffenverbotsvertrag boykottiert und an der Logik der nuklearen Abschreckung, das heißt der Androhung der gegenseitigen vollständigen Auslöschung, festhalten will. Damit steht die Bundesregierung auf der falschen Seite der Geschichte, nicht wir.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie hat beschlossen, nicht die Fahne des Friedens, sondern die des Unrechts zu hissen, und will Atomwaffen eben nicht verbieten.

Wer so handelt, braucht sich dann bitte aber nicht mehr im Bundestag hinzustellen und salbungsvolle Reden für atomare Abrüstung zu halten, wie wir es unter anderem immer von Außenminister Heiko Maas von der SPD hören.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Was für eine Kampftruppe!)

Wer den Atomwaffenverbotsvertrag nicht unterzeichnet, hat eben nichts, rein gar nichts mit atomarer Abrüstung im Sinn. So einfach ist das.

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: So falsch ist das!)

Für diesen verheerenden Standpunkt der Bundesregierung ist das Duo infernale der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer, direkt mitverantwortlich. Beide wollen im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO nicht vom deutschen Zugriff auf Atomwaffen lassen und hintertreiben damit auch den Beschluss des Deutschen Bundestages, sich für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Nee!)

Und: Sie versuchen, zur Rechtfertigung ihres zutiefst unrechten Handelns die Öffentlichkeit mit der fadenscheinigen Behauptung zu täuschen, eine Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags würde die Abrüstungsbemühungen innerhalb des Nichtverbreitungsvertrages gefährden. Das ist hier ja oft genug erwähnt worden.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat in einem 40-seitigen Gutachten, das meine Kollegin Sevim Dağdelen in Auftrag gegeben hatte, festgestellt – das können wir dem Außenministerium gerne noch einmal zusenden –, dass diese Argumentation einfach nichtig und falsch ist, dass sich Atomwaffenverbotsvertrag und Nichtverbreitungsvertrag selbstverständlich nicht entgegenstehen, sondern ergänzen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was für eine schallende Ohrfeige für Ihre Politik!

Nach zwei verlorenen Weltkriegen war es einmal der Gründungskonsens dieser Republik, dass Deutschland ein für alle Mal auf Massenvernichtungswaffen verzichtet.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Was tragen Sie denn zum Konsens bei?)

Die Bundesregierung muss zu diesem Gründungskonsens endlich zurückkehren und den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Diesen Konsens hat es nie gegeben! Sie fabulieren völligen Unsinn!)

Das bedeutet eben auch, einmal Rückgrat zu zeigen, und nicht alles, was von der US-Administration – wie im Fall der Blockade dieses Atomwaffenverbotsvertrags – kommt, weiter dienerhaft auszuführen. Duckmäusertum ist ein schlechter außenpolitischer Ratgeber.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Ihnen gehen die Argumente aus!)

Das kann ich hier nur der Bundesregierung und auch Heiko Maas sagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Unterzeichnen Sie den Verbotsvertrag!

(Henning Otte [CDU/CSU]: Sie haben ja den Blick für die Realität verloren!)

Sagen Sie den USA endlich, dass sie ihre Atomwaffen wieder mit nach Hause nehmen können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das wäre einerseits ein wichtiges Zeichen für die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz, wo die US-Atomwaffen ja gelagert sind.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Ach deswegen! Wegen der Landtagswahl!)

Sie wären übrigens ja auch eines der ersten Angriffsziele –

– ich komme zum Schluss – bei einem Atomschlag in Europa. Es wäre andererseits ein wichtiger Beitrag zur Abrüstung. Wir bräuchten dann keine Milliarden mehr für neue atomare Kampfbomber. Diese Milliarden könnten wir ins Gesundheitssystem investieren.

(Beifall bei der LINKEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Landtagswahlkampf war es also! Darum ging es!)