Zum Hauptinhalt springen

Heike Hänsel: Zu viele Fehler im Afghanistan-Krieg – der größte: der Krieg selbst!

Rede von Heike Hänsel,

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Afghanistan-Krieg ist für die NATO verloren. Seit bald 20 Jahren stehen Soldaten des Militärpakts am Hindukusch. Die Sicherheitslage ist so schlecht wie nie: 51 Prozent des Landes werden von den Taliban kontrolliert, soziales Elend und politische Unterdrückung durch eine korrupte Regierung haben das Land fest im Griff. Und trotzdem setzt die Koalition aus Union und SPD auf ein Weiter-so. Koste es, was es wolle, soll die Bundeswehr so lange in Afghanistan bleiben, wie die USA diesen verlorenen Krieg weiterführen wollen. Das darf nicht so weitergehen. Die deutschen Soldaten müssen sofort aus Afghanistan abgezogen werden!

(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Damit 70 Prozent des Landes die Taliban kontrollieren!)

Was haben Sie uns hier nicht alles erzählt, um was es bei dem Afghanistan-Krieg gehe: um die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch, ums Brunnenbohren, um die Befreiung der Frau. Das ist doch alles schlicht gelogen!

Um all das ging es nachweislich nicht. Viele Afghanen selbst sagen ja, die geostrategisch wichtige Lage ihres Landes bringe ihnen nichts als Krieg.

Ja.

Vielen Dank, Frau Kollegin, dass Sie mir diese kurze Zwischenfrage erlauben. – Gehe ich recht in der Annahme, nachdem ich Ihnen jetzt gerade zugehört habe, dass Sie das Ansinnen des ehemaligen US-Präsidenten Trump, kopfüber das Land zu verlassen, gut gefunden hätten? Wollen Sie damit sagen, dass Sie eigentlich insgeheim ein großer Fan der Politik von Donald Trump waren?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Elisabeth Motschmann [CDU/CSU] – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Nach 20 Jahren kopfüber!)

Also, im Gegensatz zu Ihnen sind wir ja kein Fan der NATO und haben uns eigentlich auch immer kritisch zu dieser Form von transatlantischen Beziehungen geäußert – ganz im Gegensatz zu Ihnen. Die Linke ist seit 20 Jahren gegen diesen Afghanistan-Einsatz, weil wir von Anbeginn gesagt haben: Wir können die Situation mit Militär nicht lösen. – Das hören wir ja auch von Außenminister Heiko Maas. Es gibt keine militärische Lösung für die Situation in Afghanistan, und trotzdem wird dieser Einsatz jedes Jahr verlängert. Wir sind völlig dagegen. Wir setzen uns dafür ein, dass endlich wirklich politische Lösungen in diesem Land gefördert werden.

(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Lechte [FDP]: Wie sehen die denn aus?)

Geostrategisch geht es um viel. Das sagen die Afghanen selbst.

Jetzt werden hier neue Pirouetten gedreht, um den Einsatz weiterhin zu rechtfertigen – aber nicht nur von der Koalition; mit dabei sind auch die Grünen. Sie fordern eine umfassende Bilanz des Krieges – ja –, aber letztendlich verstecken Sie mit der Kritik an einzelnen Dingen Ihre nach wie vor erteilte Zustimmung zum Kriegseinsatz in Afghanistan.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie zeigen, dass für Sie „regierungsfähig“ eben „kriegsbereit“ heißt, und im Bundestag stimmen dann jedes Mal etliche von Ihnen für den Bundeswehreinsatz. Andere stimmen zwar dagegen oder enthalten sich, aber man muss festhalten: Der Afghanistan-Krieg geht auch mit Ihren Stimmen weiter.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Deshalb noch einmal an SPD und Grüne, die diesen Kriegseinsatz ja begonnen haben: Im Afghanistan-Krieg wurden nicht nur zu viele Fehler gemacht, wie Sie es jetzt gerne vortragen und weswegen Sie eine Bilanz fordern. Nein, der Krieg selbst war der Fehler. Und genau aus diesem Grund haben wir von Anfang gegen diesen Krieg gestimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Er hat laut Iraq Body Count nämlich bis zu 180 000 Menschen das Leben gekostet. Mehr als 10 Milliarden Euro wurden nur für den Bundeswehreinsatz verschlungen. Der Einsatz in Afghanistan – das hat das Bombardement von Kunduz 2009 gezeigt, bei dem bis zu 140 Zivilisten getötet wurden –, das ist auch Massenmord im deutschen Namen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der verantwortliche Bundeswehroberst Klein wurde auch noch befördert!

(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Eine Schande! Eine Schande, dass man den auch noch befördert!)

Eine Entschuldigung der Bundesregierung, geschweige denn Entschädigungszahlungen gibt es bis heute nicht. Es ist höchste Zeit, zu sagen: Schluss damit!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es gibt keine Alternative zu einer politischen Lösung für dieses geschundene Land. Die Linke hat immer gegen diesen NATO-Krieg Position bezogen. Das gilt natürlich auch bezüglich einer Regierungsbeteiligung: An einer Regierung, die den NATO-Krieg weiterführen will, werden wir uns nicht beteiligen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Die Frauen in Afghanistan danken den Linken!)