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Heike Hänsel: Für eine zivile Seenotrettung statt Bundeswehreinsatz im Mittelmeer!

Rede von Heike Hänsel,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte daran erinnern: Die Bundeswehr wird aus Afghanistan abziehen; die Bilanz ist jetzt schon verheerend. Es wäre eigentlich gut, wenn die Fraktionen, die diesem Krieg jahrelang zugestimmt haben, auch mal Lehren daraus ziehen und endlich die Bundeswehr aus anderen Auslandseinsätzen abziehen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Heute geht es um die Folgen eines weiteren NATO-Krieges, und die sind nicht minder gravierend als die in Afghanistan. In diesem Monat jährt sich die NATO-Intervention in Libyen zum zehnten Mal. Deutschland hat der Resolution für die Flugverbotszone aus guten Gründen im UN-Sicherheitsrat nicht zugestimmt.

(Zuruf von der LINKEN: Westerwelle!)

Denn daraus wurde ja dann ein brutaler Regime-Change-Krieg in Libyen.

Infolge des NATO-Krieges ist Libyen ein völlig zerstörtes Land, geteilt in Ost und West, zwischen Warlords und islamistischen Terrormilizen. Mühsam versucht die internationale Gemeinschaft, dort einen Friedensprozess zu etablieren. Die EU-Marinemission trägt den griechischen Namen „Irini“, auf Deutsch „Frieden“ – dazu kann ich nur sagen: George Orwell lässt grüßen –, und soll zur Stabilisierung Libyens beitragen, indem sie den Waffen- und Ölschmuggel in das Land unterbindet. Allein, die Mission hat damit nur wenig zu tun. Denn die türkischen Waffenlieferungen an Tripolis wollen und können Sie gar nicht unterbinden, da der NATO-Partner Türkei auch nicht davor zurückschreckt, militärisch gegen die sogenannte Friedensmission vorzugehen. Es geht hier also allein um einen geopolitischen Fußabdruck in der Region, nicht darum, Waffenschmuggel zu unterbinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie täuschen hier ganz offensichtlich die Öffentlichkeit.

Und es geht um die Flüchtlingsabwehr. So wird die berüchtigte sogenannte libysche Küstenwache ertüchtigt, der massive Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge vorgeworfen werden. Ich frage schon, Herr Maas: Wie viel Menschenverachtung braucht man eigentlich, um Leute ausbilden zu wollen, die andere quälen und sterben lassen?

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mission Irini wurde gegenüber der Vorgängermission Sophia sogar bewusst weg von den Migrationsrouten in die Gewässer vor der Ostküste Libyens verlegt, damit ihre Schiffe nicht länger Flüchtlingsbooten begegnen, die dann gerettet werden müssten. So wurde sage und schreibe bisher kein einziger Mensch von der Mission Irini vor dem Ertrinken gerettet. In 2020 und 2021 sind bisher nach offiziellen Zahlen indes fast 2 000 Menschen im Mittelmeer ertrunken.

Gleichzeitig werden zivilgesellschaftliche Seenotrettungsschiffe immer wieder durch EU-Staaten am Auslaufen gehindert. Solange diese zynische Praxis anhält, haben Sie hier keinerlei Berechtigung, anderen Ländern etwas vom Schutz der Menschenrechte erzählen zu wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Beenden Sie diese unsinnige, kostspielige und zynische Mission endlich! Meine Fraktion stimmt gegen diese Verlängerung des Bundeswehrmandats und setzt sich stattdessen für eine zivile Seenotrettung gegen das Sterben im Mittelmeer ein. Diese kann dann auch gerne den Namen Irini tragen.

(Beifall bei der LINKEN)