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Heike Hänsel: Entschädigungszahlungen endlich leisten

Rede von Heike Hänsel,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Botschafterin! Am heutigen Tag feiert Griechenland den 200. Jahrestag des Beginns der Griechischen Revolution, inspiriert auch von den Ideen der Französischen Revolution. Zu diesem Jahrestag beglückwünschen wir die Griechinnen und Griechen natürlich.

(Beifall bei der LINKEN, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bald aber, am 6. April, jährt sich ein Tag zum 80. Mal, der für die griechische Bevölkerung nichts als Vernichtung, Elend und Ausplünderung bedeutete: der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Griechenland 1941. Mehr als eine halbe Million Menschen verloren ihr Leben. 160 000 Griechinnen und Griechen wurden in den Konzentrationslagern ermordet, darunter viele Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma. Die Waffen-SS und die Wehrmacht brannten 1 770 Dörfer nieder und begingen zahlreiche Massaker an Zivilisten. Distomo, Kalavryta, Viannos, Kesariani, Lingiades stehen beispielhaft für unvorstellbare Verbrechen, die sich fest in das Gedächtnis der griechischen Bevölkerung eingebrannt haben, aber leider viel zu wenig in das kollektive Gedächtnis Deutschlands. Für mich ist es unverständlich, dass die Bundesregierung für diesen Jahrestag kein offizielles Gedenken plant.

(Beifall bei der LINKEN)

Was für ein Ereignis und was für ein Beitrag zu einer aktiven, lebenden Erinnerungskultur wäre es, wenn die Mauthausen-Kantate des griechischen Komponisten und Freiheitskämpfers Mikis Theodorakis hier, im Bundestag, aufgeführt werden könnte.

(Beifall bei der LINKEN)

Moralisch, aber auch rechtlich völlig inakzeptabel ist der Umgang der Bundesregierung mit der Frage der Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der Opfer, der Reparationszahlungen und der Rückzahlung einer milliardenschweren Zwangsanleihe der Nazis. Auf der Londoner Schuldenkonferenz 1950 wurden abschließende Regelungen auf einen noch zu schließenden Friedensvertrag vertagt. Dafür verantwortlich war unter anderen übrigens der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Hermann Josef Abs, die Rechenmaschine des Faschismus. Deutschland darf nicht damit durchkommen, dass der 1990 geschlossene Vertrag dann Zwei-plus-Vier-Vertrag und nicht Friedensvertrag genannt wurde. Die Frage der Reparationen, Entschädigungen und Rückzahlung der Zwangsanleihe ist rechtlich nicht abschließend geregelt.

(Beifall bei der LINKEN)

So sieht das übrigens auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, das die Position der Bundesregierung eben nicht für zwingend hält, weil Griechenland nie einer Verzichtserklärung zugestimmt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Gerichtsurteile, etwa des Obersten Gerichtshofs in Griechenland bereits aus dem Jahr 2000, stellen fest, dass Deutschland zu Entschädigungszahlungen an die Angehörigen der Opfer von Distomo verpflichtet ist. Dies aber wurde von den seither amtierenden Bundesregierungen systematisch ignoriert. Ich finde das beschämend.

(Beifall bei der LINKEN)

Entschädigungszahlungen sind auch keine Frage von Nationalismus oder Spaltung, sondern eine Frage der Gerechtigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Täter für diese Kriegsverbrechen wurden nie zur Verantwortung gezogen. Deshalb ist es das Mindeste, dass wir jetzt über Entschädigungen ins Gespräch kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke setzt sich dafür ein, dass die Bundesregierung die offenen Rechnungen mit Griechenland, aber auch mit Ländern wie Italien und Polen begleicht und darüber endlich in Verhandlungen eintritt, aus Respekt vor den Opfern des deutschen Faschismus.

(Beifall bei der LINKEN)