Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Krisen überhaupt etwas Gutes haben, dann, dass man aus ihnen etwas lernen kann. Nun hätte es dieser Coronakrise aber nicht bedurft, um zu erkennen, dass in der Landwirtschaft und vor allem in unserem politischen Umgang mit den Landwirtinnen und Landwirten, vor allem aber auch mit Verbraucherinnen und Verbrauchern vieles gehörig danebengegangen ist. Corona macht Missstände deutlich wie durch ein Brennglas. Sie zwingt die politisch Handelnden zu bisher undenkbaren Lösungsansätzen, so zum Beispiel gestern im Landwirtschaftsausschuss. Kollege Spiering – sehr vorbildlich – hat festgestellt: Deutschland kann sich selbst ernähren. – Herzlichen Dank für diese Erkenntnis; die teilen wir sicher alle. Aber was ist nun zu tun? Dazu müssten entsprechend unserem Antrag, über den wir hier erstmalig beraten, kreative, zukunftsfeste und nachhaltige Entwicklungen eingeleitet werden, die neue Chancen für die Landwirtschaft, für die Menschen im ländlichen Raum, somit für die Entlastung der städtischen Ballungszentren und vor allem auch für Umwelt, Natur und Artenschutz bieten.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen mit dem vorliegenden Antrag ein Einstiegsszenario aufzeigen, das niemanden überfordert, aber viele fördert, und zwar so, dass Versorgungs- und Existenzsicherheit gleichermaßen langfristig gesichert werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Diese Krise bietet uns die Chance, uns endlich abzuwenden von Agrarindustrien und globalisierter Ernährungswirtschaft, um längst überfällige regionale Ernährungssysteme systematisch aufzubauen und zu stärken. Dazu zählen wir auch Reformen bei der Förderstruktur, zum Beispiel bei der GAP. Sie muss endlich so gestaltet werden, dass sich eine umweltschonend bewirtschaftete und regional ausgerichtete Fläche nicht nur lohnt, sondern auch rechnet.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Aufstockung in der zweiten Säule um 15 Milliarden Euro, wie Frau von der Leyen gestern angekündigt hat, ist ein Anfang. Wichtiger ist hier jedoch die Verstetigung der Mittel für den gesamten mehrjährigen Finanzrahmen bis 2027.
Außerdem werde ich nicht müde, zu betonen, dass über die GAK, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, sowie das Agrarinvestitionsförderprogramm bereitgestellte Fördermittel schnell dahin gelangen müssen, wo sie gebraucht werden. Da muss sich auch Bürokratie in Zukunft schneller bewegen,
(Beifall bei der LINKEN)
zum Beispiel in die vor- und nachgelagerten Bereiche, die die regionale Weiterverarbeitung, Vermarktung und vor allem auch den Konsum der Produkte sicherstellen. Die Beantragung und Ausreichung der Fördergelder muss an die neuen vielseitigen Bedarfe der ländlichen Entwicklung angepasst werden.
Eine regionale Wertschöpfung braucht jedoch mehr – das wissen wir allerdings auch alle mittlerweile –; Stichwort „Bodenmarkt“. Verkauf von Boden an landwirtschaftsfremde Investoren zur Spekulation und Gewinnmaximierung entziehen nicht nur kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben die Produktionsgrundlage, sondern sie zerstören darüber hinaus ganz lokal verankerte Wertschöpfungsketten, die es bisher noch oder schon wieder gibt. Wir finden, der Zugang zu Boden muss für die Landwirte durch ein Gesetz langfristig gesichert sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, regionale Ernährungssysteme zu stärken, wie wir das mit unserem Antrag fordern, würde sehr viele und weitergehende positive Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen für die Bäuerinnen und Bauern und die weiterverarbeitenden Betriebe ermöglichen. Ökonomisch sicher, ökologisch nachhaltig und sozial gerecht, das sind die Grundvoraussetzungen, um das bäuerliche und das genossenschaftliche Eigentum langfristig zu schützen und Verbraucherinnen und Verbraucher in diesen Prozess positiv einzubinden. Das wollen wir sicherlich alle.
Frau Ministerin, herzlichen Dank, dass Sie unserem Antrag mit Ihrer persönlichen Anwesenheit die Bedeutung beimessen, wie Sie das heute tun.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)