Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Beim Lesen des Haushaltsplanes dieses Jahres ging mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, und zwar das neue Motto der Koalitionsfraktionen: Ja, wir brechen, was wir versprechen. - Das können Sie gerne als Slogan nächstes Jahr im Wahlkampf verwenden. Es ist traurig, aber wahr. Am Ende der Wahlperiode muss festgestellt werden, dass die schwarz-rote Regierung nicht nur die Hoffnung der Bürger bitter enttäuscht hat, sondern noch nicht einmal ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden konnte.
Sie können gerne einen Blick in den Koalitionsvertrag werfen. Dort steht schon in der Präambel: CDU, CSU und SPD treten dafür ein, dass Deutschland darauf dringt, Konflikte friedlich zu lösen. Weiter im Hauptteil heißt es: Gemeinsam ... setzen wir uns auch künftig für Frieden, Demokratie und Freiheit in der Welt ein. Weiterhin werden die Stärkung der Abrüstung und Rüstungskontrollegenannt. Auch heißt es - das wurde heute schon mehrmals angesprochen -: Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist die dritte Säule der deutschen Außenpolitik. Das liest sich fast wie ein Flyer auf einer Linken-Demo.
Im Gegensatz zu uns Linken hatten Sie in den letzten Jahren sowohl die Macht als auch das Geld, dies in Taten umzusetzen. Wenn man dagegen die Fakten betrachtet, ist die Bilanz ernüchternd. In den vier Jahren, seitdem Schwarz-Rot regiert, haben wir über 30 Milliarden Euro mehr an Ausgaben zu verzeichnen, die natürlich der Bürger über seine Steuern aufbringt.
(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Bürgerinnen!)
Entschuldigung, natürlich auch die Bürgerinnen! - Davon wurden rund 150 Millionen Euro innerhalb von vier Jahren in die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gesteckt. Das ist nicht einmal ein halbes Prozent dieser Mehrausgaben. Nicht einmal ein halbes Prozent dieser Mehrausgaben wurde in vier Jahren zur Verfügung gestellt, um die wichtige zivile dritte Säule - die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik - zu stärken. Für eine andere Säule Ihrer Außenpolitik, nämlich den Verteidigungsetat, mobilisierte man dagegen - völlig mühelos - innerhalb dieser vier Jahre über 7 Milliarden Euro. Auch das betrifft verantwortungsvolle Außenpolitik.
Sie haben einen mit 24 Milliarden Euro ohnehin schon hohen Verteidigungsetat übernommen und diesen letztendlich um ein Drittel auf die Summe von 31 Milliarden Euro aufgepumpt. So regiert die Friedensmacht SPD, wie einmal plakatiert wurde, unter einer schwarzen Kanzlerin. Wenn aber China seinen Verteidigungsetat innerhalb von wenigen Jahren um einen solchen Anteil erhöhen würde, dann wäre das Geschrei hier in diesem Hohen Hause groß. Wir können uns an das Jahr 2006 erinnern. Damals ist das geschehen. Je mehr man ins Detail geht, desto bitterer wird es einfach. Der heute hier zur Beratung anstehende Haushalt des Auswärtigen Amtes umfasst magere 3 Milliarden Euro. Das ist gerade einmal 1 Prozent des Gesamtetats.
Was die Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, ist, was sich dahinter noch alles versteckt. So zahlt der Außenminister allein aus diesem Etat zum Beispiel 500 Millionen Euro für UN-Militäreinsätze. Weitere 10 Millionen Euro werden für die sogenannte Ausstattungshilfe für andere Streitkräfte zur Verfügung gestellt. Unter dem neuen Titel „Afrika-Initiative im Rahmen der deutschen G8-Präsidentschaft“ - man könnte denken, dass sich dahinter etwas Gutes verbirgt - ist unter anderem die Finanzierung der African Standby Forces zu finden. Diese Zahlen sprechen eine klare Sprache. Man kann durchaus von einer Militarisierung der deutschen Außenpolitik sprechen.
Von wirklich nachhaltiger und verantwortungsvoller Friedens- und Präventionspolitik ist keine Spur zu finden. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, oder nicht? 0,5 Prozent gegenüber 20 Prozent im Verteidigungsetat. Mit diesen 33 Milliarden Euro hätte man wesentlich mehr erreichen können, wenn man nachhaltig investiert hätte, zum Beispiel in den Kampf gegen Aids, in die Überwindung des Hungers, in die Überwindung der Armut, in den Klimaschutz, in Demokratisierungsprojekte usw. usf. Hätte man diese Projekte ambitioniert in Angriff genommen, dann hätte man außenpolitisch höchstwahrscheinlich mehr Effekte erzielen können als das, was in Afghanistan derzeit zu verzeichnen ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Nichtsdestotrotz haben Sie ein Versprechen sicherlich gehalten. Im Koalitionsvertrag steht nämlich auch: „Wir werden mutig sparen ...“ Gespart haben Sie natürlich, aber, wie wir eben gesehen haben, an den falschen Stellen, an Stellen, an denen eh nichts mehr zu holen ist, und nicht an Stellen investiert, durch deren Unterstützung die Welt friedlicher und sicherer gemacht wird. Dort waren Sie sehr zögerlich. Beim Verteidigungsminister haben Sie dagegen kräftig draufgelegt. Damit haben Sie letztendlich nicht nur Ihre Wahlversprechen gebrochen, sondern auch Ihren eigenen Koalitionsvertrag. Ich bin sehr gespannt, wie Sie das nächstes Jahr Ihren Wählerinnen und Wählern erklären möchten.
Der neue Slogan der Koalition „Wir brechen, was wir versprechen“ hat sehr wohl seine Berechtigung. Viele Menschen werden Ihnen allerdings nicht mehr Glauben schenken. Ich freue mich schon jetzt sehr auf die Haushaltsverhandlungen in der nächsten Legislaturperiode. Ich bin mir relativ sicher: DIE LINKE. wird hier dann in doppelter Mannschaftsstärke vertreten sein. Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)

Haushaltsplan des AA für 2009
Rede
von
Michael Leutert,