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Haushaltsmittel konsequent für den Klimaschutz einsetzen

Rede von Michael Leutert,

Rede zum Etat für 2013 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Debatte und die Emotionalität, mit der sie geführt wird, zeigen, dass das Thema Klima- und Umweltschutz in der Politik angekommen ist. Dies könnte natürlich etwas damit zu tun haben, dass dieses Thema in der Bevölkerung eine große Beachtung findet, dass es als Zukunftsaufgabe gesehen wird und dass dementsprechend der Blick auf uns gerichtet ist. Vor diesem Hintergrund macht es sich ausgesprochen gut, wenn man für den Klima- und Umweltschutz viel tut und auch viel Geld ausgibt. Darum soll es heute gehen.

Wir haben beim Bundesumweltministerium ein Haushaltsvolumen, das im Gegensatz zu anderen Einzelplänen nicht so berauschend ist. Seit dem Antritt von Schwarz-Gelb stagniert das Volumen bei circa 1,6 Milliarden Euro. Vermutlich um diese Zahl in einem etwas besseren Licht erscheinen zu lassen, steht in den Vorbemerkungen zu Kapitel 02 eine Zusammenfassung aller Umwelt- und Klimaschutzausgaben aller Ministerien. Diese Ausgaben sind in den letzten Jahren tatsächlich gestiegen, nämlich um circa 2 Milliarden Euro auf 7,6 Milliarden Euro.

Unter Klima- und Umweltschutz kann man viel verstehen. Aber in erster Linie denkt man an erneuerbare Energien und an Energieeinsparung. Man denkt an Umweltforschungsprogramme, Windräder, Solaranlagen, im besten Sinne: an grüne Technologie.
Weil mich die Sache auch als Haushälter interessiert, habe ich um eine detaillierte Aufstellung der Ausgaben in allen Haushalten gebeten; diese habe ich auch bekommen. Man sieht deutlich, dass das eine Querschnittsaufgabe ist. Ich möchte Ihnen das einmal aufzeigen:

Im Auswärtigen Amt zum Beispiel wird unter dem Thema Klimaschutz die Unterstützung der Minenbeseitigung nach Konflikten subsumiert.

(Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Es ist wichtig, die Böden wieder in Ordnung zu bekommen, Herr Leutert!)

Auch wird darunter die Beseitigung ehemaliger sowjetischer Massenvernichtungswaffen subsumiert.
Im Finanzministerium zählt man zu Klima- und Umweltschutz - Sie können das gerne nachlesen, wenn Sie es mir nicht glauben - Erstattungen an die Länder und sonstige Stellen für die Beseitigung ehemals reichseigener Kampfmittel auf nicht bundeseigenen Liegenschaften und auch die Abgeltung von Schäden im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte.
Auch das Verteidigungsministerium darf nicht fehlen. Es meint, zu Klima- und Umweltschutz gehörten Simulatoren und andere Umweltschutzgeräte. Das alles kann man natürlich im weitesten Sinne unter grüner Technologie subsumieren; das ist klar. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Bevölkerung das ebenfalls als Klimaschutz anerkennt.

Eine Nachfrage im Verteidigungsministerium hat ergeben, dass zu „Simulatoren und anderen Umweltschutzgeräten“ Folgendes zählt: der Betrieb eines Gefechtsübungszentrums, der Simulator Eurofighter, Tornado, Phantom usw., ein Truppenentseuchungs- und Entgiftungsplatz, die Umrüstung der Fregatten, wehrtechnische Studien unter anderem in den Bereichen neue Explosivstoffe.

(Zuruf von der Linken: Aha!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir alle sollten ehrlich zueinander sein und feststellen, dass diese Maßnahmen eher in andere Kategorien fallen, aber mit Sicherheit nicht in die Kategorie „Klima- und Umweltschutz“.

(Beifall bei der LINKEN - Otto Fricke (FDP): Sie haben nichts dazugelernt!)

Auf Nachfrage im BMU wurde mir erklärt - weil mir das etwas unverständlich war -, dass es für die Meldung dieser Maßnahmen keine Kriterien gäbe. Ich denke allerdings, genau diese Kriterien wären notwendig. Deshalb können wir als Linke da nur fordern, dass die Bundesregierung das korrigieren muss und somit für mehr Klarheit und auch Nachvollziehbarkeit im Haushalt sorgt.

(Beifall bei der LINKEN)

Es versteht sich von selbst, dass wir diesen Ausgaben unter der Rubrik „Klimaschutz“ erst recht nicht zustimmen können.
Anstatt solche Beschönigungen bei den Ausgaben vorzunehmen, sollte sich das Ministerium meines Erachtens um zwei sehr wichtige und zentrale Themen kümmern:
Erstens. Die tatsächlich bereitgestellten Gelder im Bereich Klimaschutz sollten auch wirklich so wie vorgesehen ausgegeben werden, also tatsächlich für Klimaschutz und nicht für Panzerfahrsimulatoren. Es ist nicht akzeptabel, dass im Jahr 2011 von den im Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ dem BMU zugeteilten Mitteln lediglich 17 Prozent ausgegeben wurden. Das heißt, 60 Millionen Euro blieben einfach liegen.
Zweitens. Auch vom Kollegen Schulte-Drüggelte ist schon die soziale Frage bei der Energiewende angesprochen worden. Privathaushalte stöhnen mittlerweile unter den Preiserhöhungen. Vattenfall beispielsweise will in Berlin zum Jahreswechsel seine Strompreise um 13 Prozent erhöhen. Das bedeutet zum Beispiel für einen vierköpfigen Haushalt über 140 Euro mehr im Jahr.
(Otto Fricke (FDP): Von wie viel Kilowattstunden gehst du da aus?)
Aus diesem Grund haben wir einen Vorschlag gemacht. Wir machen ihn schon seit Jahren. Wir freuen uns darüber, dass die Grünen jetzt ebenfalls einen Vorschlag für einen Energiesparfonds gemacht haben. In diesem Energiesparfonds muss auch eine Abwrackprämie für alte Stromfresser, beispielsweise alte Kühlschränke, enthalten sein. Schön, dass wir uns hier einig sind. 200 Euro Abwrackprämie schlagen wir vor. Es ist logisch, dass dies einkommensschwache Haushalte in Anspruch nehmen werden, weil sich bessergestellte Haushalte schon längst mit besseren Modellen ausgestattet haben werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Strom muss für alle bezahlbar sein. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie eine soziale Energiewende ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann auch über soziale Tarife nachdenken. Denkbar ist zum Beispiel, dass die ersten Kilowattstunden für einkommensschwache Haushalte frei zur Verfügung stehen. Unser Vorschlag für eine wiederum vierköpfige Familie ist, die ersten 1 100 Kilowattstunden kostenfrei zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einigen Punkten haben Sie sich durchringen können, unseren Überlegungen zu folgen, zum Beispiel bei der Praxisgebühr. Dazu haben wir jedes Jahr einen Antrag gestellt; jetzt gab es einen einstimmigen Beschluss dazu. Wenn Sie sich auch hier unseren Überlegungen anschließen, könnten wir uns überlegen, diesem Haushalt zuzustimmen. Unter den jetzigen Voraussetzungen ist das aber nicht möglich.
Danke.

(Beifall bei der LINKEN)