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Harald Weinberg: Patientensicherheit muss bei Medizinprodukten oberste Priorität haben

Rede von Harald Weinberg,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum es der Linken in dieser Diskussion vor allen Dingen und in erster Linie geht, ist die Patientensicherheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Medizinprodukte gibt es viele: von einfachen Verbandsmitteln bis zum Herzschrittmacher oder künstlichem Hüftgelenk. Deshalb sind sie eingeteilt in Risikoklassen. Die Zulassungsverfahren bzw. die Überwachung muss relativ lückenlos sein. Es kommt auch immer wieder zu unerwünschten Ereignissen: künstliche Gelenke, die nicht halten oder deren Abrieb zu Vergiftungen führt; Herzschrittmacher mit Kabelbrüchen, die unkontrollierte Stromschläge verursachen; Stents, also kleine Arterienimplantate, die eigentlich Schlaganfälle verhindern sollen, aber leider in der Vergangenheit die doppelte Zahl von Infarkten ausgelöst haben. Im Jahr 2008 gab es laut BfArM 4 800 Risikomeldungen. In 2017 waren es bereits über 14 000 Risikomeldungen. Das heißt, es ist dringend notwendig, dass entsprechend überwacht und auf die Zulassung geachtet wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Vorgeschichte gehört auch der Skandal um gefälschte, weil mit Industriesilikon befüllte Brustimplantate der Firma PIP. Das war ein bewusst krimineller Akt, der allerdings das unzureichende Zulassungs- und Überwachungssystem ausgenutzt hatte. Das war ein wesentlicher Anstoß zur Verhandlung einer neuen Medizinprodukteverordnung auf EU-Ebene, die allerdings insgesamt vier, fünf Jahre beanspruchte.

Die Bundesregierung, die wichtige Maßnahmen für den Patientenschutz ausbremste und sich eher für die herstellerfreundliche Regelung starkmachte, hat daran einen gewissen Anteil. Die Linke hat sich im Rahmen der Verhandlungen stets für ein zentrales Zulassungsverfahren bei den Behörden starkgemacht. Jetzt gibt es ein Verfahren, nach dem die Produkte durch sogenannte Benannte Stellen geprüft werden sollen. In Deutschland ist das meistens der TÜV. Der Fortschritt ist manchmal eine Schnecke. Gegenüber dem heutigen Stand sind die neuen Vorgaben der Richtlinie allerdings ein Fortschritt, zum Beispiel bei der klinischen Prüfung von Hochrisikomedizinprodukten.

Noch einige Anmerkungen zum Gesetzentwurf.

Begrüßenswert finden wir die künftig bessere Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern mit bundeseinheitlichen Marktüberwachungen.

Nicht einverstanden sind wir mit den Plänen, Sonderzulassungen nicht nur in ganz konkret umschriebenen Ausnahmefällen zuzulassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Unzufrieden sind wir damit, dass es einzelne Maßnahmen gibt, die eigentlich über das hinausgehen, was von der EU-Richtlinie vorgegeben ist. Zum Beispiel sollen die Aufsichtsbehörden bei Meldungen von schwerwiegenden Vorkommnissen eine Risikobewertung nur dahin gehend vornehmen, ob ein unvertretbares Risiko vorliegt. Diese Einschränkung wollen wir gestrichen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch hinsichtlich der Transparenz bei Ergebnissen von klinischen Prüfungen gibt es aus unserer Sicht Nachbesserungsbedarf. Wir fordern schon seit Jahren, dass ein zentrales Studienregister geschaffen werden soll, in dem alle Studien, auch die, die abgebrochen oder beendet worden sind, verzeichnet werden. Alle Beteiligten sollen entsprechend verpflichtet werden.

Wir können auch nicht verstehen, warum die Bundesregierung für den großen Markt der Medizinprodukte kein generelles Werbeverbot außerhalb von Fachkreisen erlassen will. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten und bei Krebsmitteln gibt es das, und zwar zu Recht; doch bei den Medizinprodukten wäre es in gleicher Weise erforderlich.

Das sind Punkte, auf die wir uns in der weiteren Debatte über den Gesetzentwurf in den Ausschüssen freuen.

Genau damit komme ich jetzt auch zum Ende.

(Beifall bei der LINKEN)