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Gute Ausbildung, Übernahme und gute Bezahlung sichern die Fachkräfte von morgen

Rede von Agnes Alpers,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Bundesinstitut für Berufsbildung stellt fest: Für Menschen in Deutschland ohne abgeschlossene Berufsausbildung werden sich die Beschäftigungschancen durch die demografische Entwicklung nicht verbessern. – Das betrifft in Deutschland 1,5 Millionen junge Leute zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss. Wenn wir noch die Menschen bis 35 Jahre hinzuzählen, sind es zusätzliche 750 000 Leute. Insgesamt hat in Deutschland etwa jeder siebte Erwerbstätige keinen Berufsabschluss. Vor all dem verschließt diese Bundesregierung die Augen. Das kann doch einfach nicht wahr sein.

(Beifall bei der LINKEN)

In meinem Heimatland Bremen sind es sogar insgesamt über 23 Prozent der Menschen, die keinen Berufsabschluss haben. Deshalb fordern wir die Regierung auf: Schaffen Sie Perspektiven für all diese Menschen! Garantieren Sie ihnen einen Berufsabschluss, und sichern Sie dadurch die Fachkräfte für morgen!

Hierfür müssen wir endlich die Betriebe in die Verantwortung nehmen, und zwar durch gesetzliche Maßnahmen. Der Ausbildungspakt setzt nur auf die Selbstverpflichtung der Betriebe. Das hat dazu geführt, dass die Betriebe im Jahr 2011 120 000 Ausbildungsplätze weniger als 1992 angeboten haben. Insgesamt bilden nur 23 Prozent der Betriebe aus. Nicht die Menschen ohne Berufsabschluss, sondern die Betriebe sind nicht ausbildungswillig.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Selbstverpflichtung der Betriebe hat versagt. Deshalb fordern wir Sie auf: Nehmen Sie die Betriebe endlich in die Pflicht, und führen Sie die Ausbildungsumlage ein!

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so können wir uns auf den Weg machen, allen eine qualifizierte Ausbildung anzubieten und die Zukunft zu gestalten.

Wir stehen heute aber nicht nur vor der Herausforderung, allen eine Ausbildung zu garantieren. Wir brauchen auch eine hohe Qualität in der Ausbildung. Wir haben im Land Bremen eine Untersuchung zur Qualität der Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe durchgeführt. Die Umfrageergebnisse haben gezeigt, dass Überstunden, ausbildungsfremde Tätigkeiten und die geringe Qualität der Ausbildung häufig zu Abbrüchen führen. Deutschlandweit brechen 48 Prozent der Restaurantfachkräfte ihre Ausbildung ab. Nicht die jungen Menschen, sondern die Betriebe sind hier nicht ausbildungsreif.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb gilt: Wer heute die Fachkräfte sichern will, der sorgt für eine gute Ausbildungsvergütung und eine hohe Qualität in der Ausbildung und sichert die Übernahme und eine gute Bezahlung der Fachkräfte.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies, meine Damen und Herren, gilt auch für den Pflegebereich. In den letzten Monaten habe ich mich mehrere Male in Bremen mit Frauen getroffen, die sich in der Ausbildung oder Umschulung zur Altenpflegerin oder in einer entsprechenden Qualifizierungsmaßnahme befanden. In den Klassen waren hauptsächlich Frauen, die nach Erziehungsjahren, nach jahrelanger Arbeitslosigkeit oder auch nach mehreren Übergangsmaßnahmen diese Ausbildung zur Altenpflegerin machen wollten. Themen waren immer wieder die körperliche und psychische Belastung, die geringe gesellschaftliche Anerkennung und die schlechte Bezahlung der Altenpflegerinnen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: So ist es!)

Bei den letzten Gesprächen stellten die Frauen immer wieder die Frage, warum denn die Bundesregierung die Förderung des dritten Jahres der Ausbildung nicht mehr finanzieren will.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Richtig!)

Man könne doch den Fachkräftemangel nicht dadurch beseitigen, dass man die Mittel für die Qualifizierung zusammenstreicht bzw. die Kosten einfach auf andere verlagert.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Richtig! Jawohl!)

Die Frauen sagten, sie selbst würden noch weniger Geld erhalten, wenn sie die Maßnahme nach zwei Jahren als Altenpflegehelferinnen verlassen müssten. Meine Damen und Herren, das Handeln dieser Regierung ist einfach nur unverschämt und verantwortungslos.

(Beifall bei der LINKEN – Miriam Gruß [FDP]: Das ist ja absurd!)

Sie tragen die Kürzung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Instrumente auf dem Rücken dieser Frauen aus.

(Miriam Gruß [FDP]: So ein Schmarrn!)

Sie entlassen die Frauen in prekäre Arbeit, und zur Krönung lassen Sie im Berufsbildungsbericht 2012 auch noch verlautbaren, dass Sie „eine neue Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive in der Altenpflege erarbeitet“ haben. Das ist doch der blanke Hohn.

Meine Damen und Herren, wir haben keinen Mangel an Menschen, die sich fachlich qualifizieren und ihre Kenntnisse einbringen wollen; aber wir haben einen großen Bedarf an einer Regierung, die verantwortungsvoll und nachhaltig handelt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord¬neten der SPD und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sichern Sie die Fachkräfte! Schaffen Sie eine voll qualifizierende Ausbildung für alle! Führen Sie die Ausbildungsumlage ein! Sichern Sie die Qualität von Aus- und Weiterbildung! Und nehmen Sie endlich die Kürzungen der Mittel für arbeitsmarktpolitische Instrumente zurück!
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)