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Grüne geben arbeitsmarktpolitischem Ladenhüter einen neuen Anstrich

Rede von Werner Dreibus,

"Die Fraktion der Grünen präsentiert unter dem Namen "Progressiv-Modell" einen gar nicht progressiven Vorschlag zur Einführung eines Kombilohns: Der Staat soll den Unternehmen eine Teil der Lohnkosten subventionieren. Bisherige Erfahrungen mit Lohnsubventionen zeigen: Kombilöhne schaffen keine Arbeitsplätze. Kein Unternehmen beschäftigt Arbeitnehmer, weil sie „billiger“ oder „teurer“ sind, sondern nur wenn (zusätzliche) Arbeit, also Nachfrage vorhanden ist."

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der Grünen hat für ihr Vorhaben den Titel „Progressivmodell“ gewählt. (Dirk Niebel (FDP): Das ist sehr hochtrabend!) Das ist ohne Zweifel eine innovative Leistung. (Dirk Niebel (FDP): Das war es auch schon!) Das Wort „progressiv“ bezieht sich zwar in erster Linie auf den Anstieg der Sozialabgabensätze, es soll aber irgendwie nach Fortschritt klingen. (Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist die Anlehnung an das Steuerrecht!) Frau Pothmer, entschuldigen Sie bitte, aber ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie uns unter der neuen Überschrift Ihres so genannten Progressivmodells tatsächlich alten Wein in neuen Schläuchen servieren. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir machen nach der Wahl, was wir vor der Wahl versprochen haben!) Sie behaupten, Ihr Modell sei eine Alternative zu traditionellen, auch hier in der Debatte bereits angesprochenen Kombilohnkonzepten. Kombilohnmodelle in der Art, wie wir sie auch hier gehört haben, sind zunächst einmal nichts anderes als eine staatliche Subvention. Auch Ihr Modell sieht staatliche Subventionen vor. Kombilohnmodelle beinhalten eine Subventionierung von Löhnen und Sozialabgaben. Ihr Modell will einen Teil der Sozialabgaben subventionieren. Kombilohnmodelle sehen ab einer Einkommensgrenze die Reduktion oder den vollständigen Wegfall der Subvention vor. Ihr Modell will das auch. Mir erschließt sich nicht, was daran wirklich progressiv oder neu ist. Allein ein Blick auf die Bilanz von Kombilöhnen hätte Ihnen zeigen können, dass es vollkommen unzureichend ist, untauglichen Instrumenten zumindest dieser Art einfach nur einen neuen Anstrich zu verpassen. Wenn Sie den CO2-Austoß Ihres Autos reduzieren wollen, fangen Sie doch auch nicht damit an, Ihren Wagen grün zu streichen. Was lehren uns die Erfahrungen mit den diversen Kombilohnmodellen, soweit wir sie bisher überhaupt bilanzieren können? Die Arbeitsmarktstatistik zeigt, dass Kombilöhne traditioneller Art nicht zu einem nennenswerten Aufbau von Beschäftigung geführt haben. Die Beispiele sind genannt worden. So ist etwa das so genannte Mainzer Modell, auch mit Ihrer Unterstützung eingeführt, kaum nachgefragt worden. Es wurden nicht einmal 20 000 Beschäftigungsverhältnisse gefördert. Dieser Misserfolg das sollten sich die Kolleginnen und Kollegen der Grünen bei ihren Kombilohnfantasien mit der Marke „progressiv“ ins Gedächtnis rufen hat bereits im Jahr 2003 zur Einstellung des Mainzer Modells geführt. Mein Fazit lautet zunächst jedenfalls: Diese Art von Kombilöhnen schafft keine Arbeitsplätze. Kein Unternehmen beschäftigt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weil sie billiger oder teurer sind, sondern nur dann, wenn tatsächlich zusätzliche Arbeit also Nachfrage vorhanden ist. (Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Von Schwarzarbeit haben Sie noch nichts gehört?) An der Stelle ein Hinweis auf Ihre Begründung: Sie schreiben, Hauptursache für den Mangel an solchen Arbeitsplätzen seien vor allem die höheren Sozialversicherungsabgaben. Nun einmal in allem Ernst: Es ist doch wirklich unter Niveau, auch unter Ihrem Niveau, (Dirk Niebel (FDP): Nicht wirklich!) davon auszugehen, dass es an den Sozialversicherungsabgaben liegt, dass wir zu wenig Arbeitsplätze haben. (Beifall bei der LINKEN) Kombilöhne sind eine Subvention für die Unternehmen, nicht für die Arbeitnehmer. Die Unternehmen werden solche Subventionen kassieren, eventuell Arbeitslose einstellen, aber wenn es keine zusätzliche Nachfrage gibt zu teure Beschäftigte entlassen. Kombilöhne setzen damit zwangsläufig eine Lohnspirale nach unten in Gang. Das schwächt die Nachfrage und führt eher zu weiteren Arbeitsplatzverlusten ganz abgesehen von den horrenden Kosten dieser Subventionen. Herr Steinbrück wird sich freuen. Unsere Position ist: Wir brauchen eine andere Beschäftigungspolitik, eine andere Wirtschaftspolitik, Reallohnsteigerungen und eine deutliche Stärkung der Massenkaufkraft, eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen und den Ausbau eines modernen Dienstleistungssektors. Außerdem brauchen wir das sage ich an diesem Freitag ganz bewusst, auch aus aktuellen Gründen keine Arbeitszeitverlängerung, sondern eine Arbeitszeitverkürzung, um den geringeren Arbeitsumfang besser und gerechter zu verteilen und mehr Beschäftigung zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN)