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Große Koalition will Steuerskandal im Dunkeln lassen

Rede von Richard Pitterle,

Zusammen mit den Grünen fordert die Fraktion DIE LINKE die Einsetzung eines Sonderermittlers zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte. Nochmal zur Erinnerung: bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften handelte es sich um Aktiengeschäfte, durch welche der deutsche Staat und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von 2002 bis 2012 um geschätzt zwölf Milliarden Euro gebracht wurde. Dieser Schaden entstand, weil bei diesen Geschäften zweimal Kapitalertragsteuer vom Staat zurückerstattet oder verrechnet wurde, obwohl sie nur einmal gezahlt worden war. Banken und Großinvestoren lachten sich ins Fäustchen und machten ordentlich Kasse. Ob diese Praktiken legales Ausnutzen einer Regelungslücke oder schlicht Betrug waren, ist noch nicht abschließend geklärt, aber das ist bei dem vorliegenden Antrag auch gar nicht die Frage.

Die Frage ist: Warum hat die Bundesregierung und insbesondere das Bundesfinanzministerium trotz verschiedener Hinweise auf diese Geschäfte zehn Jahre lang fast nichts unternommen, um diese Praxis zu unterbinden? Bereits 2002 kam der erste Hinweis des Bankenverbandes an das Ministerium, nichts ist passiert. Trifft es zu, dass es nicht nur diesen Hinweis des Bankenverbands gegeben hat, sondern zugleich die Warnung aus den Lobbykreisen  davor, gesetzgeberisch einzugreifen, weil die Cum-Ex-Geschäfte dann nach London abwandern würden, womit der Standort Frankfurt gefährdet wäre? Diese Untätigkeit zugunsten der Finanzindustrie hat die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zwölf Milliarden Euro gekostet und das lassen wir so nicht durchgehen!

Meine Damen und Herren von der großen Koalition, leider haben Sie in den Beratungen zu diesem Antrag kein Interesse an der Aufklärung dieses zahlenmäßig wohl größten Finanzskandals in der Geschichte der Bundesrepublik gezeigt. Sie haben immer nur abgewiegelt, dass das ganze ja ohnehin als Betrug zu klassifizieren und dementsprechend strafbar sei. Man müsse stattdessen nach vorne schauen, für die Vergangenheit sei alles geklärt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Selbst wenn die Gerichte abschließend zu der Feststellung kommen, dass die Cum-Ex-Geschäfte illegal waren – das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist weg! Um nach vorne schauen zu können muss erstmal geklärt werden, welche Abläufe im Ministerium und bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, strukturell diese Vorgänge befördert haben, damit sich so etwas eben nicht wiederholt! Und wenn Sie schon stets betonen, dass es sich bei den Cum-Ex-Geschäften um Straftaten handelte, dann nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass es Aufgabe des Staates ist, Straftaten von vornherein zu verhindern, insbesondere, wenn diverse Hinweise auf Ihre fortwährende Begehung vorliegen!

In der ersten Lesung zu diesem Antrag hat der geschätzte Kollege Binding von der SPD immerhin eingestanden, dass sich hier keiner freisprechen könne und dass dieser gewaltige Schaden zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unter den Augen der Politik über Jahre hinweg entstehen konnte. Ich begrüße Ihre Selbstkritik, sehr geehrter Herr Kollege, aber wieso sehen Sie dann keinen Aufklärungsbedarf?
Noch einmal: Zwölf Milliarden Euro Schaden! Zehn Jahre hat das Bundesfinanzministerium fast tatenlos zugeschaut! Dass Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition angesichts dieser Eckwerte trotzdem keinen Aufklärungsbedarf sehen wollen, ist unbegreiflich. Geben Sie sich also einen Ruck und sorgen Sie gemeinsam mit Grünen und LINKEN dafür, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erfahren, wie es dazu kommen konnte, dass sie um zwölf Milliarden Euro gebracht wurden.