Das, was uns hier vorgelegt wurde, ist eine einzige Enttäuschung vor allen Dingen für die Betroffenen. Das vollstädnige Adoptiosnrecht wird Lesben und Schwulen weiter verwehrt und damit wird die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht missachtet.
Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie setzen die Widersprüchlichkeit der Argumentation, die durch Herrn Minister Maas bereits in der ersten Lesung vorgetragen wurde, leider fort. Ich kann seitens meiner Fraktion nur sagen: Das, was uns hier vorgelegt wurde, ist eine einzige Enttäuschung vor allen Dingen für die Betroffenen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das betrifft sowohl das Verfahren, das hier angewendet wurde, als auch den Umgang mit der Anhörung und das Ergebnis, das uns zur Abstimmung vorliegt.
Sie haben das Verfahren richtig beschrieben. In der Anhörung, die Sie durchgeführt haben, haben fünf von sieben Sachverständigen darauf hingewiesen, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften genauso gut aufwachsen wie in „normalen“ Familien und dass damit kein Grund gegeben ist, einer Volladoption den Weg nicht zu ebnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Trotzdem legen Sie uns heute diesen Gesetzentwurf zur Abstimmung vor.
Sie haben des Weiteren ein Verfahren gewählt, in dem die Ausschüsse, ohne dass die Ergebnisse der Anhörung tatsächlich nachvollziehbar vorgelegen haben, schon beraten und entschieden haben. Sie haben die mitberatenden Ausschüsse erst dann beraten lassen, als der federführende Ausschuss schon entschieden hatte. Das kann ich seitens meiner Fraktion nur als eine Farce betrachten.
(Beifall bei der LINKEN)
Zur Anhörung selbst. Sie haben uns mit den Professoren Grzeszick und Uhle zwei Herren als Sachverständige vorgesetzt, die allen Ernstes versucht haben, uns einzureden, dass eine Adoption von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften nicht dem Kindeswohl dient, weil deren Eltern, also Lesben und Schwule, in der Gesellschaft noch diskriminiert werden. - Wenn mir mehr Redezeit zur Verfügung stünde, würde ich diese Aussage längere Zeit wirken lassen. Denn wenn Sie das zu Ende denken, dann kommen Sie zu dem Schluss, dass niemand, der in dieser Gesellschaft noch diskriminiert wird ‑ das sind leider einige ‑, das Adoptionsrecht wahrnehmen dürfte. Wo leben wir denn, meine Damen und Herren von der CDU/CSU?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Von dieser kruden Argumentation ist es wirklich nur ein ganz kleiner Schritt hin zu dem Vorschlag des russischen Präsidenten, Lesben und Schwulen die Kinder gleich wegzunehmen.
(Manfred Grund (CDU/CSU): Geht‘s Ihnen nicht gut?)
- Das kann ich Sie zurückfragen.
(Manfred Grund (CDU/CSU): Kann man hier jedes Zeug behaupten?)
Solche Sachverständigen sind eine Peinlichkeit für eine Partei, die mit dem Hinweis plakatiert, dass sie angeblich gleiche Chancen für alle in Europa möchte. Ich kann nur hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler das am Wochenende entsprechend quittieren werden.
(Beifall bei der LINKEN ‑ Volker Kauder (CDU/CSU): "Wer nicht meiner Meinung ist, dem sollte man den Mund verbieten!" Das ist eine Peinlichkeit! Was bilden Sie sich eigentlich ein? ‑ Widerspruch bei der LINKEN)
- Herr Fraktionsvorsitzender, es kann ja sein, dass Sie meinen Argumenten keinen Wert beimessen.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Nein! Ich sage nur: Es ist eine Unverschämtheit, zu sagen: „Wer nicht meiner Meinung ist, ist eine Peinlichkeit“! ‑ Gegenruf des Abg. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt wird es richtig peinlich, Herr Kauder! ‑ Widerspruch bei der LINKEN)
- Herr Kauder, hören Sie doch einmal zu! Vergessen Sie das Atmen nicht! Sie können sich in einer ruhigen Minute noch einmal die Vorlage Ihrer eigenen Bundesregierung vornehmen. Dort, Herr Kauder, ist die Stellungnahme des Bundesrates angefügt. In der Stellungnahme steht:
b) Der Bundesrat stellt … fest, dass die vorgesehene Gesetzesänderung dem Ziel der völligen rechtlichen Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften … nicht hinreichend Rechnung trägt, …
c) Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit eine weitergehende Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Adoptionsrecht erreicht werden kann.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, diese Bitte des Bundesrates tatsächlich ernst zu nehmen und endlich umzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Am vergangenen Dienstagabend lief im Fernsehen ein bemerkenswerter Film, er ist Oskar-prämiert: The Kids Are All Right. Ich kann allen empfehlen, sich diesen Film anzuschauen. Er handelt von einer Regenbogenfamilie. In dem Film ist deutlich zu sehen, dass die Kinder in dieser Familie aufwachsen wie in allen normalen Familien auch, dass sie vor allen Dingen weder lesbisch noch schwul werden, dadurch dass sie in einer lesbischen Partnerschaft aufwachsen, und dass dies dem Kindeswohl kein bisschen schadet.
Es mag sein, dass Sie von der Koalition glauben, mit dem uns heute vorgelegten Gesetz noch einmal Zeit gewonnen zu haben und an alten Zöpfen weiter flechten zu können. Ich sage Ihnen: Sie halten uns sowieso nicht auf. We are unstoppable - das ist nicht erst seit letztem Wochenende ein geflügelter Satz geworden. Er wird den Weg in die Gesellschaft antreten. Ich kann Sie nur auffordern: Sorgen Sie endlich für Gleichstellung, und stellen Sie sich der gesellschaftlichen Realität!
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)