Die Sorgen der Menschen, die zukünftig in Umweltzonen nicht mehr fahren dürfen, sind verständlich. Diese müssen aber zur Gesundheit der AnwohnerInnen ins Verhältnis gesetzt werden. Statt genereller Ausnahmegenehmigungen sollten die Kommunen deswegen entscheiden, wer in ihren Umweltzonen fahren darf. Wichtiger als Oldtimer sind Kleinunternehmer mit alten Fahrzeugen, die kein Geld für die Umrüstung oder Neuanschaffung haben. Generell ausgenommen werden sollten alle Benziner mit älteren G-KATs.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!Heute ist die so genannte Plakettenverordnung in Kraft getreten - die Sie von der FDP mit diesem Antrag ändern wollen. Sie kommen mit Ihrem Antrag also reichlich spät, zumal diese Verordnung jahrelang zwischen Bund und Ländern diskutiert wurde. Dabei wurde eine Ausnahmegenehmigung für Oldtimer abgelehnt, weil diese auch im Vergleich zu den von Fahrverboten ausgenommen Motorrädern keine emissionsarmen Fahrzeuge sind.
Feinstaub ist eine der größten Umweltbelastungen, die direkt die Gesundheit von uns allen gefährdet. Wenn man also über Ausnahme-genehmigungen spricht, muss man auch immer die Zahl derjenigen Menschen betrachten, deren Belastung durch Fahrverbote zurückgehen würde. Der Berliner Senat geht davon aus, dass durch eine wirksame Reduktion der Feinstaubbelastung die Gesundheit von etwa 10.000 Menschen verbessert wird. Wenn nun alle von Fahrverboten Betroffenen großzügige Ausnahmegenehmigungen erhalten, dann wird es zu dieser Entlastung der Menschen nicht kommen. Deswegen muss man sorgfältig überlegen, wer von Fahrverboten befreit wird - und wer nicht.
Die Oldtimer stehen dabei für mich nicht an erster Stelle. Denn auch wenn es für die Besitzer von Oldtimern schade wäre, wenn sie nicht mehr am Brandenburger Tor vorbeifahren dürften. Es ist doch etwas anderes, wenn Menschen nicht mehr zur Arbeit kommen, oder wenn die Existenz von Kleinunternehmen bedroht ist, weil ihre Fahrzeuge nicht mehr in den Innenstädten fahren dürfen.
Deswegen unterstützen wir die Bestrebungen aus den Ländern, die Plakettenverordnung dahingehend nachzubessern, dass Benziner mit geregelten Katalysatoren, die noch vor Inkrafttreten der EURO-1-Norm zugelassen wurden, dieser gleichgestellt werden. Mit der jetzigen Einstufung älterer Benziner mit G-Kat in die Schadstoffklasse 1 werden diejenigen bestraft, die einen Katalysator eingebaut haben, als der noch gar nicht vorgeschrieben war.
Eine Ausnahme dieser Gruppe von Fahrverboten würde auch die Debatten in den Kommunen entspannen, da es sich hierbei um etwa 4,5 Millionen potenziell betroffene Fahrzeuge handelt.
Zum Vergleich: die Zahl der potenziell von Fahrverboten betroffenen Oldtimer mit einem H-Kennzeichen liegt Deutschlandweit etwas über 150.000. Das zeigt wieder einmal, dass Sie von der FDP nur die Interessen Ihrer Klientel vertreten.
Noch erstaunlicher aber finde ich, dass Sie die Bedenken der Wirtschaft nicht aufgegriffen haben. Denn auch wenn Oldtimer Werkstätten zu Aufträgen verhelfen, ist die Zahl der von Fahrverbote betroffenen Unternehmen deutlich größer. Gerade für Kleinunternehmer wie den Gemüsehändler an der Ecke kann es den Betrieb bedrohen, wenn er sein Fahrzeug nicht mehr nutzen kann. Zuallererst gilt hier wie für alle alten Dieselfahrzeuge, dass die Besitzer dazu aufgerufen werden, die vorhin vom Bundestag beschlossene steuerliche Förderung für eine Nachrüstung in Anspruch zu nehmen. Da diese aber deutlich zu niedrig ist, sollte betroffenen Kleinunternehmen, die nachweislich keine Nachrüstung innerhalb der nächsten Monate finanzieren können, eine befristete Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Noch besser wäre es allerdings, wenn es hier Förderprogramme oder Unterstützungsfonds gäbe, um die Umrüstung oder die Neuanschaffung emissionsarmer Fahrzeuge zu beschleunigen.
Zurück zu den Oldtimern: Ich frage mich, ob Sie die Antwort der Bundesregierung auf Ihre eigene Anfrage gelesen haben. Daraus ist doch zu entnehmen, dass die 0,4 Prozent, die Oldtimer an der gesamten Pkw-Flotte Deutschlands ausmachen, für drei Prozent der Stickoxidemissionen verantwortlich sind. Oldtimer, auch wenn es sich um Benziner handelt, sind also „Dreckschleudern“. Ihr Schadstoffausstoß liegt nicht nur um ein paar Prozent, sondern um einen Faktor zwischen 35 bis 60 über einem modernen EURO-4-Benziner.
Außerdem haben Sie in Ihrem Antrag einen Aspekt vergessen - oder bewusst unterschlagen: Ziel der Umweltzonen ist nicht nur, die Feinstaubbelastung zu senken. Auch der Ausstoß der Stickstoffoxide muss reduziert werden. Hier greift ab 2010 ein strenger EU-Grenzwert, der ebenfalls vielerorts überschritten wird.
Deswegen habe ich meine Zweifel, ob man die „paar Oldtimer“ wirklich gänzlich von Fahrverboten ausnehmen sollte. Ich halte es für sinnvoller, wenn die betroffenen Kommunen selber darüber entscheiden, ob und welche Ausnahmegenehmigungen sie für Oldtimer zulassen. Und ich bitte, hier nicht den Teufel an die Wand zu malen. Wir reden ja nicht über ein Deutschlandweites Fahrverbot für Oldtimer, sondern über Fahrverbote in den Innenstädten einiger Kommunen. Außerdem bin ich mir sicher, dass diese Kommunen Fahrten zu Werkstätten oder der eigenen Wohnung, den Einsatz von Oldtimern bei Hochzeiten oder historische Busfahrten schon aus eigenem Interesse zulassen werden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
(Die Rede wurde wie alle Reden zu diesem Tagsesordnungspunkt zu Protokoll gegeben)