Gegen ausbeuterische Kinderarbeit!
Es ist gut, wenn die verheerenden Auswirkungen und Ursachen von Kinderarbeit ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden, auch diese Debatte leistet ihren Beitrag azu. Der Antrag meiner Fraktion, über den wir heute diskutieren, beinhaltet aber keinen allgemeinen Plan zur weltweiten Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit, wie es ihm einige Redebeiträge bei der ersten Lesung abverlangten. Selbstverständlich gehört zu einer solchen Strategie die Bereitstellung kostenfreier Bildung in allen Weltregionen, und selbstverständlich lässt sich ausbeuterische Kinderarbeit nur beseitigen durch einen konsequenten Kampf gegen die Ursachen von Armut – nicht im Kampf gegen die Armen, wie er der derzeit beispielsweise von der Europäischen Union an den Außengrenzen geführt wird.
Das Anliegen unseres Antrages ist, wie gesagt, keine umfassende Strategie gegen ausbeuterische Kinderarbeit – so notwendig und dringend diese auch ist. Es geht um einen konkreten, praktischen Schritt auf dem Weg dorthin. Von einer Bundesregierung, die, wie ihre Vorgängerregierungen, nicht den politischen Willen aufbringt, die zugesagten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, und die auch einen erheblichen Teil der eigenen Kinder und Jugendlichen zu Armut und Perspektivlosigkeit verdammt, sind allerdings keine umfassenden oder gar tragfähigen Konzepte in diese Richtung zu erwarten.
Deswegen will ich zum konkreten Anlass für unseren Antrag kommen: In den letzten Jahren gab es in verschiedenen Kommunen und im Saarland Initiativen, um gegen die Verwendung von Grabsteinen vorzugehen, die durch ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden. Durch Regelungen in den Friedhofssatzungen wollten Kommunen die Aufstellung von Grabsteinen verbieten, bei denen kein Nachweis dafür vorliegt, dass alle Schritte der Wertschöpfung ohne ausbeuterische Kinderarbeit erbracht wurden. Eine solche Regelung wird auch von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Human Rights Watch oder Terre des Hommes Deutschland gefordert. Die kommunalen Beschlüsse wurden allerdings sowohl vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben.
Der bayerische Fall wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Kommunen in diesem Punkt über keine Gesetzgebungskompetenz verfügen. Die Gerichte sind der Ansicht, dass hier Fragen des Warenverkehrs mit dem Ausland berührt werden. Hierfür weist das Grundgesetz dem Bund die alleinige gesetzgeberische Kompetenz zu.
Es geht bei einem solchen Importverbot um die konsequente Umsetzung des Übereinkommens 182 der International Labour Organization, ILO, in dem notwendige Maßnahmen zur Abschaffung von ausbeuterischer Kinderarbeit vereinbart sind. Ein Bundesgesetz, das Einfuhr, Handel und Verwendung von Steinprodukten aus ausbeuterischer Kinderarbeit verbietet, wäre ein wichtiger Schritt zu ihrer Ächtung im Sinne der benannten ILO-Konvention. Außerdem würde es die kommunalen und zivilgesellschaftlichen Initiativen stärken, die eine solche Ächtung anstreben, denen aber die Regelungskompetenz hierfür fehlt. Es wäre auch ein erster Schritt, um im Rahmen der Europäischen Union ein solches Verbot anzustoßen.
Die Bundesregierung hat erklärt, dass keine rechtlichen Möglichkeiten vorlägen, um ein Importverbot für solche Produkte zu erwirken, weder im Rahmen der EU, noch auf Ebene der WTO. Union und FDP setzen stattdessen einseitig und blauäugig auf die gesellschaftliche Selbstverantwortung von Unternehmen und sogenannte positive Handelsanreize, bei denen Zollvergünstigungen auf Produkte gewährt werden, die nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit erzeugt worden sind. Die staatlichen Möglichkeiten zur konsequenten Regulierung fallen dabei unter den Tisch. Solche Maßnahmen würden sich auch gegen die Profitinteressen großer Unternehmen richten, die von „günstigen Produktionsbedingungen“ der Kinderarbeit ebenso profitieren wie die Endverbraucher in den Industriestaaten.
Die Würde großer Unternehmen und des uneingeschränkten freien Handels wiegen für die Bundesregierung offenbar schwerer als die „unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen“, wie sie in der Grundrechtecharta der Europäischen Union festgehalten sind und die auch ein Verbot von Kinderarbeit beinhalten.
Wer in der Grundrechtecharta und nicht im Ideal liberalisierter Märkte den geeigneten politischen Kompass für den Kampf gegen Kinderarbeit sieht, sollte für diesen Antrag stimmen.
- Die Rede ging zu Protokoll -