Zum Hauptinhalt springen

Gorleben-Untersuchungsausschuss überfällig

Rede von Dorothée Menzner,

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger! Wir alle merken, dass wir es mit einem hochemotionalen Thema zu tun haben. Das gilt nicht nur für die Region, für Niedersachsen, für das Wendland, sondern auch für uns hier.
Das haben die Debatten, auch zwischen den Fraktionen, der letzten Tage und Wochen deutlich gemacht.
Ich möchte drei Punkte kurz erklären: Wieso soll jetzt der Untersuchungsausschuss eingesetzt werden? Wie ist die Lage im Wendland? Was wollen wir mit dem Untersuchungsausschuss eigentlich erreichen?
Warum soll jetzt der Untersuchungsausschuss eingesetzt werden?
Die Fragezeichen zu Gorleben sind alt.
Es gibt seit Jahrzehnten Gutachten, die die Eignung von Gorleben massiv in Frage stellen. Es gibt seit Jahrzehnten ernstzunehmende Wissenschaftler, die Gorleben für ungeeignet halten. Außerdem gibt es seit Jahrzehnten eine massive Gegenwehr der örtlichen Bevölkerung, unabhängig vom politischen oder sozialen Hintergrund.

Im Zusammenhang mit diesem Untersuchungsausschuss musste ich an einen Satz denken, der dem Kollegen Müntefering zugeschrieben wird: Opposition ist Mist. So ganz stimmt das nicht. Ohne SPD in der Opposition hätten wir den Untersuchungsausschuss wahrscheinlich nicht einsetzen können.
Da hat Opposition auch einmal etwas Gutes.
Wieso ist es so wichtig, das jetzt zu klären? Wir diskutieren im Bundestag, aber auch in der Gesellschaft seit Wochen den aberwitzigen Vorschlag der Koalition, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern, aus einem Kompromiss, der mit der Energiewirtschaft geschlossen wurde und der von uns immer abgelehnt wurde, weil wir ihn zu weitgehend fanden, auszusteigen und auf unabsehbare Zeit weiteren Atommüll zu produzieren, für den es bis heute kein Endlager gibt.
Asse ist abgesoffen. Das wissen wir alle; die Probleme haben wir hier mehrfach erörtert. Wenn man sich die alten Genehmigungsunterlagen und Gerichtsakten zieht, dann liest man, dass unter anderem für Brokdorf, Stade und Biblis A und B sowohl die abgesoffene Asse als auch Gorleben der Entsorgungsnachweis für die Betriebsgenehmigung waren. Damit wird natürlich klar, wieso die Koalition meint, weiter an Gorleben festhalten zu müssen: Ohne diese Option werden Betriebsgenehmigungen und mögliche Laufzeitverlängerungen obsolet.

Wie ist die Lage im Wendland? Die Menschen sind massiv verunsichert, und die Emotionalität im gegenseitigen Umgang ist hoch. Von daher ist es eine Selbstverständlichkeit, was die SPD in ihrem Antrag fordert, nämlich die weiteren Untersuchungen auszusetzen, solange der Untersuchungsausschuss arbeitet, und zu versuchen, Transparenz in die Lage und in die damalige Entscheidungsfindung zu bringen.

Sie werden kein Vertrauen von der Bevölkerung bekommen, wenn, wie am letzten Wochenende geschehen, Demonstrantinnen und Demonstranten inklusive Kindern, die sich auf einem privaten Grundstück, nämlich im Wald des Grafen von Bernstorff, aufhalten, mit Schlagstöcken und Pfefferspray vertrieben werden.
Was wollen wir mit diesem Untersuchungsausschuss erreichen?
Wir wollen Transparenz herstellen hinsichtlich der Frage: Wie konnte es zu der verengten Sicht auf diesen einen Standort kommen? Waren wissenschaftliche Vorbedingungen ausschlaggebend, oder war das eine Frage von politischer Opportunität und Durchsetzbarkeit? Dafür liegen ernstzunehmende Hinweise vor, die wir unter die Lupe nehmen werden, um Transparenz herzustellen. Demokratie kann nämlich nur funktionieren, wenn Transparenz vorhanden ist, wenn die Menschen wissen, wie, auf welcher Grundlage Entscheidungen zustande gekommen sind. Das wird nicht funktionieren, indem wir Menschen belügen und sie weiter an der Nase herumführen, wie das seit 30 Jahren am Standort Gorleben passiert, oder indem wir Dokumente zurückhalten.

Ich danke.