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Gleiches Geld für gleiche Arbeit ist ein Menschenrecht

Rede von Jutta Krellmann,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer nett, wenn Sie sich streiten. Sie sollten weitermachen. Das ist interessant.
(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Da lernen Sie noch was, Frau Kollegin! - Zuruf von der FDP: Sie könnten uns ein bisschen Redezeit abgeben!)
Wir nehmen heute circa einer Million Menschen das Menschenrecht auf gleiches Geld für gleiche Arbeit. Ich zitiere aus Art. 23 der Erklärung der Menschenrechte:
Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Früher war Leiharbeit dafür da, Auftragsspitzen abzufangen. Die Hartz-Gesetze von Rot-Grün haben es ermöglicht, dass die Leiharbeit inzwischen zum Billiglohnsektor geworden ist.
Die Zeche zahlen die Leiharbeiternehmer.
(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): So ist es!)
In meinem Wahlkreis gibt es einen Leiharbeitnehmer, der fünf Jahre unter dem Leiharbeitstarifvertrag des Christlichen Gewerkschaftsbundes arbeiten musste. Dieser ist jetzt ungültig. Deshalb steht ihm der gleiche Lohn wie einem Stammbeschäftigten zu. Für ihn heißt das in Zahlen: Er ist in fünf Jahren um 28 000 Euro betrogen worden.
Leiharbeit ist und bleibt ein milliardenschweres Geschäft, das auf dem Rücken der Beschäftigten betrieben wird. Wer profitiert davon? Einerseits profitieren die Firmen, die Leiharbeiter einsetzen. Sie senken ihre Lohnkosten und entledigen sich der Verantwortung für ihre Beschäftigten. Andererseits profitiert die Leiharbeitsbranche. Allein der Marktführer Randstad konnte seinen Umsatz von 2002 bis 2010 verdreifachen. Die Bosse bei Randstad freuen sich mittlerweile über einen fetten Umsatz in Höhe von 1,7 Milliarden Euro im Jahr. Gleichzeitig ist für viele Leiharbeitnehmer der Monat zu lang, um von dem Geld leben zu können.
Die schwarz-gelbe Regierung entscheidet gegen die Mehrheit der Deutschen. Eine Umfrage der Wochenzeitung Die Zeit ergab, dass 91 Prozent der Deutschen für Equal Pay in der Leiharbeit sind. Doch was macht die Bundesregierung? Statt endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit einzuführen, beschließt sie einen Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche. Zu einem Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche sagt die Linke Nein. Wir brauchen keinen Mindestlohn, wir brauchen Equal Pay,
(Beifall bei der LINKEN)
weil der Mindestlohn dazu führt, dass die Leiharbeiter weiterhin weniger verdienen als die Stammbelegschaft.
(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Für die verleihfreie Zeit braucht ihr auch den Mindestlohn!)
Da bin ich aber noch nicht. Ich bin noch bei der Arbeit.
In der Metall- und Elektroindustrie in Niedersachsen beispielsweise verdient man in der untersten Entgeltgruppe 13,77 Euro. Da der Mindestlohn in der Leiharbeitsbranche im Westen 7,60 Euro beträgt, verdient ein Leiharbeitnehmer etwa 45 Prozent weniger als ein Stammbeschäftigter. Der Mindestlohn darf nur in der verleihfreien Zeit gelten. Für die Arbeit gilt: Gleiches Geld für gleiche Arbeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Als Zweites regelt die Bundesregierung den Drehtüreffekt. Sie verhindert zwar, dass eine Firma ihre Beschäftigten zu einem schlechteren Entgelt über eine eigene Leiharbeitsfirma beschäftigen darf. Wenn diese Personen allerdings sechs Monate arbeitslos oder woanders beschäftigt waren, ist das wieder möglich. Wo ist die Verbesserung? Die Umgehung ist vorprogrammiert. Es liegt auf der Hand, was man machen muss, um die Beschäftigten wieder einstellen zu können.
Die Bundesregierung behauptet zudem, mit ihrem Gesetz über Leiharbeit schaffe sie einen Mindestlohn, der nicht unterschritten werden kann. Das ist schlicht nicht wahr. Auch hier ein Beispiel: Adecco, eine der größten Leiharbeitsfirmen weltweit, zeigt, wie es geht. Bereits jetzt müssen Beschäftigte neue Arbeitsverträge unterschreiben. Der Unterschied war für sie kaum zu merken. Statt Adecco GmbH stand Adecco Outsourcing GmbH im Arbeitsvertrag. Was hat sich geändert? Die Kolleginnen und Kollegen sind keine Leiharbeitnehmer mehr. Adecco hat sie in die konzerneigene Werkvertragsfirma ausgegliedert, und für Werkvertragsbeschäftigte gilt der Mindestlohn nicht. So einfach ist das.
(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Unglaublich!)
Für die Kolleginnen und Kollegen heißt das, dass selbst die schlechten Bedingungen, die wir hier beschließen sollen, schon jetzt unterlaufen werden. Das Gesetz der Bundesregierung ist Murks.
(Beifall bei der LINKEN)
Leiharbeit darf nur dafür da sein, Auftragsspitzen aufzufangen.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir mit der Lohndrückerei Schluss machen. Die Linke sagt: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Wenn Sie das Wohl der Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer im Auge haben, müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, damit sich endlich etwas bewegt und wir diese unsozialen Bedingungen endlich abschaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)